BlueBay AM: „Der Druck auf die US-Notenbank steigt weiter“

16.09.2022

Mark Dowding - Foto: © BlueBay AM

Die Leitzinsen in den USA dürften bis Anfang 2023 auf 4,25 Prozent klettern, erwartet Mark Dowding, Chief Investment Officer bei BlueBay Asset Management. Das könnte zu einer Abkühlung der Konjunktur führen.

„Die Anleiherenditen stiegen nach Veröffentlichung der Inflationsdaten in den USA in dieser Woche sprunghaft an. Das führte zu einer abrupten Trendumkehr bei Risikoanlagen. Da die Kerninflation im August bei 6,3 Prozent lag – nach 5,9 Prozent im Vormonat – wird davon ausgegangen, dass dies die Fed unter Druck setzt, sich in den kommenden Monaten weiter in eine restriktivere Richtung zu bewegen. Für die kommenden drei Sitzungen sind Zinserhöhungen um insgesamt 200 Basispunkte eingepreist.

In diesem Fall würde der Leitzins Anfang 2023 bei 4,25 Prozent liegen – und verglichen mit einem als neutral angesehenen langfristigen Zinssatz von unter 3 Prozent eindeutig im ‚restriktiven‘ Bereich. Dies dürfte zu einer Wachstumsverlangsamung sowie einer Dämpfung des Inflationsdrucks führen und könnte bedeuten, dass eine leichte Rezession zum Basisszenario für 2023 geworden ist.

In der kommenden Woche wird der Offenmarktausschuss der US-Notenbank wohl eine Zinserhöhung um 75 Basispunkte vornehmen. Im November dürfte eine weitere Anhebung um 75 Basispunkte folgen. Letztendlich wird die Inflationsentwicklung das weitere Vorgehen der Fed in den kommenden Monaten bestimmen. Da die Konjunktur vorerst robust bleibt, besteht vorerst wenig Anlass zu einem Kurswechsel.

Dennoch erwarten wir in den kommenden Monaten bessere Inflationsdaten. Die Eurodollar-Futures preisen einen Höchststand der Zinsen von 4,6 Prozent ein. Wir sind der Meinung, dass jeder Anstieg darüber hinaus die Bewertungen in den günstigen Bereich drückt. Allerdings bezweifeln wir, dass längerfristige US-Treasuries unter 3,75 Prozent für 10-jährige Papiere sehr interessant aussehen.

Die Renditen in der Eurozone folgten in den letzten Tagen dem US-Trend. Nach der jüngsten, von einem sehr restriktiven Ton geprägten Sitzung der Europäischen Zentralbank, haben die Renditen deutscher Bundesanleihen ihren Höchststand vom Juni wieder erreicht.

Die Unsicherheit beschäftigt uns weiterhin. Bessere Inflationsdaten, die den Eindruck verstärken könnten, dass sich der Verbraucherpreisindex auf einem Abwärtspfad befindet und ein Höhepunkt der Fed-Zinsen in Sicht ist, hätten ein konstruktiveres Umfeld für Zinsen und Spreads schaffen können. Dazu kam es jedoch vorerst nicht. Unserer Meinung nach ist es sinnvoll, geduldig zu sein.

Wir gehen davon aus, dass bessere Inflationsdaten kommen werden. Im Moment aber ist es ratsam, weniger Risiken einzugehen und Engagements auf der Long- oder Short-Seite aufzubauen, wenn es den Anschein hat, dass die Preise wesentlich überzogen sind.“