Der Banker vor Gericht

18.09.2023

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Es ist der Establishing Shot eines Superhelden-Blockbusters: Der gierige Banker, endlich vor Gericht und für all seine Taten zur Verantwortung gezogen. Mit 30 Mrd. Euro unter der Hand ist der Cum-Ex-Skandal der größte Steuerskandal der Nachkriegszeit. Seit heute sitzt Christian Olearius, Miteigentümer der Warburg Bank, auf der Anklagebank des Bonner Landgerichtes. Das Hauptverfahren in der 13.Strafkammer ist nicht nur ein Paukenschlag – Es ist auch eine Entscheidung zwischen Recht und Gerechtigkeit.

Die Gesetzeslücke – Dividendenstripping

Bei Aktientransaktionen rund um den Dividendenstichtag werden Aktien mit (Cum) Dividendenanspruch veräußert oder ohne (ex) diesen geliefert. In Verbindung mit Leerverkäufen sorgte dieses Schlupfloch dafür, dass die Kapitalertragssteuer mehrfach bescheinigt und erstattet wurde. Seit der Entdeckung dieser Lücke 2012 wird die Kapitalertragssteuer vom depotführenden Institut einbehalten. Sie stellt auch die Steuerbescheinigung aus.  

Der Abschlussbericht des Deutschen Bundestages vom 23.Juni 2017 dokumentiert eindrucksvoll das Fehlverhalten auf verschiedenen Ebenen, darunter in der Politik, im Bundesfinanzministerium und auch der BaFin.

Der Kanzler und der Ex-Warburg-Chef

Dem inzwischen 81-jährigen Olearius soll die betrügerische Absicht bereits zu dem Zeitpunkt klargewesen sein, als er die Steuererklärungen für die Erstattungen unterschrieb. Die Staatsanwaltschaft sieht ihn daher in der juristischen Verantwortung und droht bis zu 10 Jahre Haft an.  

Nicht nur was die Geldsummen in diesem Skandal angeht, ist der Prozess gewaltig: Es ist die Rede von 30 Staatsanwälten, 150 Ermittlungsbeamten, 120 Verfahrenskomplexen und 1700 Verdächtigen.

Bundeskanzler Olaf Scholz könnte, so die Tagesschau in ihrer Berichterstattung, als Zeuge geladen werden. Im Jahr 2016 hatte Olearius Scholz zu seiner Zeit als Hamburgs 1. Bürgermeister mehrmals aufgesucht und diese Treffen in einem Tagebuch notiert, dass bei einer Durchsuchung beschlagnahmt wurde.

Bei diesen Besuchen ging es um die Hamburger Finanzbehörde und ihre Forderung nach 47 Mio. Euro wegen Cum-Ex-Geschäften.  Kurz darauf lenkte sie allerdings ein und die Forderung verjährte. Aus diesem Grund stellt sich die Frage: Spielt Olaf Scholz eine Rolle bei dieser Entscheidung? Der amtierende Bundeskanzler verweist diesbezüglich auf Erinnerungslücken.

(ml)