Der Preisdruck wird sich 2022 allmählich legen

15.12.2021

Frederik G. Hildner, Leiter Portfoliomanagement, Salm-Salm & Partner GmbH / Foto: © Salm-Salm

Für Unternehmen sind und bleiben Wandelanleihen ein probates Finanzierungsinstrument. Das Neuemissionsgeschäft nahm zuletzt wieder Fahrt auf. Ende Oktober sprach finanzwelt hierzu und zu weiteren Themenaspekten mit Frederik G. Hildner, Leiter Portfoliomanagement, Salm-Salm & Partner GmbH.

finanzwelt: Herr Hildner, ein Thema beherrscht die Gazetten: die ansteigende Inflation. Leben „Totgesagte“ wirklich länger oder haben wir es mit einem temporären Phänomen zu tun? Frederik G. Hildner» Tatsächlich hat das Zusammenwirken von Lieferkettendisruption, Nachholeffekten, geld- und fiskalpolitischen Stimuli sowie dem überraschend resilienten Konsumentenverhalten zu temporär deutlich erhöhten Inflationsausweisen geführt. Das Gros dieser Effekte ist vorübergehender Natur, wenngleich die allgemeine Akzeptanz höherer Preise durchaus Raum für diffuse Preiserhöhungen in vielen Branchen bietet. Ich gehe derzeit davon aus, dass sich der Preisdruck im Jahr 2022 allmählich legen wird. Geschieht dies wider Erwarten nicht von allein, so haben die Notenbanken alle Möglichkeiten die Entwicklung einzubremsen. Dies sollte ihnen allemal leichter fallen als der weitgehend missglückte Versuch, die Inflation innerhalb des vergangenen Jahrzehnts auf 2 % zu stimulieren. Insofern machen die Notenbanker dieser Tage lediglich verlorenen Boden gut und nähern sich dem langfristigen, symmetrischen Inflationsziel von 2 % p. a. wieder an, wie der nachstehende Chart zeigt. Aus dieser längerfristigen Perspektive wird deutlich, warum gegenwärtig kein Interesse an einer strafferen Geldpolitik erkennbar wird und ein kurzfristiges Überschießen der Inflationsziele sogar sehr willkommen scheint.

finanzwelt: Ihre Expertise im Wandelanleihen-Umfeld reicht weit zurück. Nach dem sehr guten Jahrgang 2020 – ist nun auch ein favorabler Zeitpunkt, um ein Wandelanleihen-Engagement einzugehen bzw. um etwaige Positionen aufzustocken? Hildner» Die Antwort auf diese Frage hängt unmittelbar mit der weiteren Inflationsentwicklung und deren Erwartung zusammen, die in diesem Jahr maßgeblich für die Sektor-Rotation von Growth zu Value verantwortlich ist. Die 2021 bisher stark gelaufenen Sektoren (Banken, Autos, Stahl, Öl und Gas) kommen im Universum der Wandelanleihen kaum vor, weshalb sich 2021 ein weniger starkes Bild als im Vorjahr ergibt. 2020 hat unser nachhaltiger Wandelanleihefonds massiv vom Trend zur Digitalisierung profitiert und das Jahr mit +19 % abgeschlossen. Begreifen wir diese beiden außerordentlichen Jahre als einen einzigen Mini-Zyklus und betrachten die durchschnittlichen Jahresrenditen, so waren unsere beiden Themen Wandelanleihen und Aktien gleichermaßen attraktiv.

finanzwelt: Wo werden Sie, regional und sektoral, aktuell besonders fündig? Hildner» Die USA sind sowohl makroökonomisch als auch im Bereich der innovativen, wachsenden Unternehmen, die sich gerne mit Wandelanleihen refinanzieren, weiterhin führend. Die spannendsten Sektoren sind Technologie, Kommunikation und das Gesundheitswesen.

finanzwelt: Ihr Haus steht auch für einen gelebten Nachhaltigkeitsansatz. ESG/Nachhaltigkeit ist in diesen Tagen in aller Munde. Wie verfolgen Sie die Geschehnisse? Was stört Sie? Wo sehen Sie diesbezüglich die größten Baustellen? Hildner» Leider haben Teile der Branche die jüngste Regulierung offenbar missverstanden und zum Qualitätssiegel für Nachhaltigkeit hochstilisiert. Genau das ist aber weder die Absicht noch die Funktion der Offenlegungsverordnung. Die Einstufung unserer Aktien- und Wandelanleihefonds als Artikel-9-Produkte signalisiert demnach einzig die Identität von Produktwahrheit und Klarheit. Die Qualität der Selektionsprozesse lassen wir folgerichtig von unabhängigen Auditoren wie dem Forum nachhaltiger Geldanlagen FNG und dem österreichischen Umweltzeichen bewerten.

finanzwelt: Mit Blick auf 2022 – was dürfen wir von Ihnen erwarten? Hildner» Unserem anhaltenden Wachstum tragen wir mit der Einstellung neuer Kolleginnen und Kollegen Rechnung. Zudem legen wir nach vielen Jahren der Koexistenz unseren nachhaltigen Wandelanleihefonds mit seinem Pendant zusammen und führen somit fortan ausschließlich nachhaltige und klimaoptimierte Fonds. (ah)