Der Tiefpunkt ist noch nicht erreicht

30.03.2020

Georg Seil, Geschäftsführer Georg Seil Consulting / Foto: © Fotostudio Kutscha

Die Kapitalmärkte hatten in der vergangenen Woche insgesamt eine kleine Erholung und Beruhigung zu verzeichnen. Der zuvor zu beobachtende irritierende Anstieg der Zinsen, kam zum Stillstand. Auch wenn derzeit nichts für steigende Zinsen spricht, sollte doch bedacht werden, dass die nun beschlossene Erhöhung der Staatsverschuldung sowie das Aussetzen der „Schwarzen Null“ finanziert werden müssen. Noch wird die EZB alle Schleusen öffnen, um die Zinsen niedrig zu halten, sie wird Anleihen quasi in unbeschränktem Volumen erwerben und wird alles tun, das Bankensystem durch Liquidität zu stabilisieren. Aber wer soll das und wie bezahlen? Es ist momentan weder modern noch gewünscht, darüber zu sprechen, aber evtl. bestehende Sprech-und Denkverbote gelten nicht für mich. Ich kann am Horizont nur erkennen, dass eines Tages die Inflation deutlich ansteigen muss, die Staaten den Bankrott erklären oder ein allgemeiner Schuldenschnitt droht.

Noch am Montag fiel der DAX unter die Marke von 8000 Punkten, was einem Minus von der Spitze her gesehen von ca.5700 Punkten oder über 40 % bedeutete. Nicht zuletzt bedingt durch die allseits ergriffenen Maßnahmen kam es in der Folge zu einer Erholung bis 10000 Punkte. Allerdings konnte das Niveau nicht gehalten werden. Auch in Asien und den USA stiegen die Kurse von ihren Tiefs an, ohne jedoch eine überzeugende Trendwende einläuten zu können. Aus meiner Sicht spricht nichts dafür, dass sich die Kurse jetzt dauerhaft erholen könnten, denn die realwirtschaftlich negativen Auswirkungen beginnen gerade erst zu wirken. Mich würde es deshalb nicht wundern, wenn wir die tiefsten Niveaus noch nicht gesehen hätten.

Für das Gold war es eine gute Woche. Fielen die Kurse, wie von mir kommentiert, zunächst unter die 1500er USD-Marke für die Feinunze und damit fast 200 USD von der Spitze, so erholten sich die Kurse wieder auf deutlich mehr als 1600 USD. Gold könnte in diesem Umfeld weiteres Potential als „Krisengewinner“ haben.

Die Stimmung an und für die Immobilienmärkte hat sich in der vergangenen Woche verändert. Es wurde einige Studien und Analysen publiziert, die sich mit dem aktuellen Stand sowie den Aussichten befassten. Auffällig war dabei, dass auch die Stimmen, die schon seit vielen Jahren vor Investments in Immobilien gewarnt haben, sich nun in ihrer Meinung bestätigt fühlen, obwohl es für einen Marktüberblick wegen der „Trägheit“ von Immobilien noch viel zu früh ist. Man sollte nicht vergessen, dass es sogar die Bundesbank war, die schon 2016 den Finger warnend erhob und insbesondere Anlagen in den 7 Kernstädten für gefährlich erachtete. An dieser Stelle muss man aufzeigen, dass die Immobilienpreise in diesen Hotspots seit dieser Zeit um durchschnittlich 30 bis 50 % gestiegen sind. Wer es also 2016 versäumt hat, einzusteigen, weil er den „Bären“ folgte, ist um eine erhebliche Rendite gebracht worden. Natürlich ist es auch eine Binsenweisheit, dass Übertreibungen irgendwann einmal korrigiert werden müssen und dass gezahlte Faktoren von 40 und mehr trotz des niedrigen Zinsniveaus auf Dauer nicht attraktiv sein können. Mehr denn je stellt ich in einer solchen „Weltkrise“ die Frage, welche Assetklasse wie und in welcher Weise von den Problemen tangiert sein wird. Bei Immobilien ist es sicher die Wohnimmobilie, die am Wenigsten leiden wird, denn gewohnt werden muss immer.

Wie sich die Krise auf das Wohnungsangebot auswirken wird, lesen Sie auf Seite 3