Der Wohnungsmarkt in Ostdeutschland

13.06.2024

Foto: © Jens Mahnke- Pexels

Laut der aktuellen Wüest Partner-Studie „Ostdeutsche Wohnungsmärkte: Daten und Perspektiven 2024“ stiegen zwar die Mieten in allen 20 betrachteten Städten in den sechs ostdeutschen Bundesländern weiter an, aber die Zahl der Standorte, an denen die Kaufpreise zurückgingen, sank gegenüber der Vorjahreserhebung von 17 auf zwölf der 20 Städte. Die aktuelle Erhebung zum ostdeutschen Wohnungsmarkt wartet mit einer Besonderheit auf. Neben den bekannten Kapiteln zum Rendite-Risiko-Profil, zu Kaufpreisen und Mieten enthält die Studie diesmal ein Sonderkapitel zur Entwicklung der Kaufpreise von Mehrfamilienhäusern. Die Analyse basiert auf Daten zu 994 realen Mehrfamilienhaus-Transaktionen in Berlin, die von Juli 2021 bis März 2024 getätigt wurden. Die Zahlen stammen vom Gutachterausschuss Berlin. Das macht die Sonderauswertung besonders aussagekräftig, denn sie beruht ausschließlich auf tatsächlichen Transaktionen und greift nicht auf Hochrechnungen oder Schätzungen zurück.

Die Auswertung der Transaktionen von Mehrfamilienhäusern in der Bundeshauptstadt in einer Zeitspanne, die von einem der Höhepunkte der Corona-Pandemie bis nahe an die Gegenwart reicht, förderte unter anderem dieses zutage: Der Druck auf die Kaufpreise, die zuvor jahrelang stark gestiegen waren, setzte erst ein, als die Renditen für 10-jährige Bundesanleihen im ersten Halbjahr 2022 deutlich zulegten. Risikoarme Bundesanleihen wurden für Investoren somit immer interessanter, die Renditen für Mehrfamilienhäuser zogen deutlich an, was bei unveränderten Erträgen sinkende Kaufpreise zur Folge hatte. Lag der Medianpreis für Mehrfamilienhäuser in Berlin unabhängig von Baujahr, Gebäudezustand und Bezirk im Juli 2021 noch bei 3.396 EUR/qm, waren es im September 2023 nur noch 2.385 EUR/qm. Somit waren die realen Kaufpreise im Mittel um gut ein Viertel gesunken.

Karsten Jungk, Partner und Geschäftsführer von Wüest Partner Deutschland, analysiert: «Nach einem ungewöhnlich schnellen Anstieg der Zinsen wurde die Geldpolitik nun erstmals wieder etwas gelockert, was auf eine Stabilisierung der Immobilienpreise und eine mögliche Umkehr des vorherigen Abwärtstrends hindeutet.» Investoren, die sich für ostdeutsche Wohnimmobilien interessieren, könnten allmählich wieder mit besseren Zeiten rechnen. Jungk: «Die Mieten steigen, und der Rückgang der Kaufpreise ist abgebremst». 

Median-Kaufpreise im Berliner Osten höher als im Westen

Zu den auf den ersten Blick überraschenden Ergebnissen dieser exklusiven Sonderauswertung gehört, dass Mehrfamilienhäuser im Berliner Osten im Schnitt etwas teurer verkauft wurden als solche im Westen. Zudem gingen die Median-Kaufpreise von Anfang März 2022 bis Ende März 2024 im Westen (-35,2 %) stärker zurück als im Osten (-27,6 %). Das höhere Preisniveau und den geringeren Preisrückgang in den östlichen Stadtbezirken erklärt Wüest Partner damit, dass im Berliner Osten mehr Neubauten sowie Objekte in guten und sehr guten Lagen verkauft wurden.

In den ersten Monaten dieses Jahres zeichnete sich eine allmähliche Bodenbildung der Kaufpreise für Mehrfamilienhäuser ab. Und nicht nur das: Wüest Partner erwartet in absehbarer Zeit wieder steigende Kaufpreise. Diese Einschätzung beruht auf einem Marktumfeld mit hoher Nachfrage bei geringem Angebot, steigenden Mieten sowie der Aussicht auf stabile bis leicht sinkende Zinsen. 

Fundierte Informationen für Investoren jeder Risikoneigung

Die Kernanalyse zum ostdeutschen Wohnungsmarkt konzentriert sich auf die Entwicklung von Demografie und Wirtschaftskraft sowie die umfassende Betrachtung der Wohnungsmärkte von 20 Städten. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Entwicklung von Angebotsmieten und -kaufpreisen sowie auf dem für Investoren besonders wichtigen Rendite-Risiko-Profil. Kapitalanleger finden in der Studie die Antwort auf die Frage, an welchen der 20 Standorte in den sechs östlichen Bundesländern sie je nach individueller Risikoneigung das beste Verhältnis von Risiko zu Rendite finden.

Ostdeutschland bietet für Investoren mit unterschiedlichsten Risiko- und Renditeabsichten geeignete Standorte. Die höchsten Bruttoanfangsrenditen wurden im Q1 2024 in Plauen (11,4 %) und Dessau-Roßlau (10,5 %) erzielt. Das sind für ausgeprägt risikofreudige Investoren also erste Adressen. Wer hingegen möglichst geringe Anlagerisiken sucht, ist in Berlin, Leipzig und Potsdam richtig. Dort werden Bruttoanfangsrenditen von 4,3 bis 4,6 %erreicht. Investoren mit mittlerer Risikoneigung sollten sich Standorte wie Dresden, Halle (Saale) und Brandenburg an der Havel genauer ansehen. Dort reicht das Niveau der Bruttoanfangsrenditen von etwa 5,0 bis 6,5 %.

Kaufpreise in 12 Städten im Durchschnitt gesunken

Die Angebotskaufpreise (Median) für Eigentumswohnungen sind im Q1 2024 gegenüber dem Durchschnitt von 2023 in zwölf Städten weiter gesunken. In den übrigen acht Städten zogen die Kaufpreise mitunter sogar um zweistellige %werte an. Solche unterschiedlichen Tendenzen, Analysten sprechen hier gerne von Wellenbewegungen, gelten als typisch für Phasen mit bevorstehender Trendumkehr bei der Preisentwicklung. Die stärksten Preisnachlässe fand Wüest Partner in Brandenburg an der Havel (-9,7 %) und Schwerin (-9,3 %) vor. Dem standen im selben Vergleichszeitraum besonders kräftige Preiszuwächse in Jena (+11,6 %), Frankfurt (Oder) (+9,4 %) und Neubrandenburg (+8,0 %) gegenüber. Die Spanne der durchschnittlichen Angebotskaufpreise reichte im Q1 2024 von 1.200 EUR/qm in Plauen bis zu 6.128 EUR/qm in Berlin. Das teuerste Zehntel der zum Kauf angebotenen Wohnungen in Berlin kam im Mittel auf 9.310 EUR/qm.

Trotz der jüngsten Preisrückgänge an vielen ostdeutschen Standorten verdoppelten sich die Median-Angebotskaufpreise in den vergangenen zehn Jahren in Berlin, Frankfurt (Oder), Greifswald, Halle (Saale), Leipzig, Plauen, Potsdam und Zwickau. Deutlich unterdurchschnittliche Preissteigerungen von unter 60 %verzeichneten Städte wie Cottbus, Dresden, Jena und Rostock.

Spitzenmieten in Berlin liegen über 30 EUR/qm

Der Median der Angebotsmieten legte in allen 20 untersuchten Städten weiter zu. Im Q1 2024 zogen die Werte gegenüber dem Durchschnitt von 2023 in Potsdam (+9,9 %), Berlin (+8,7 %) und Leipzig (+7,6 %) besonders stark an. Die Median-Mieten reichten im Q1 2024 von 5,64 EUR/qm in Plauen bis zu 18,17 EUR/qm in Berlin. Die teuersten zehn %der aufgerufenen Angebotsmieten in Berlin lagen im Schnitt bei 30,22 EUR/qm.  Es folgen mit deutlichem Abstand Potsdam (23,33 EUR/qm) und Jena (16,97 EUR/qm).
Die Durchschnittsmieten in Neubauten (Baujahr 2011 und jünger) lagen über alle 20 Städte im Q1 2024 bei 12,16 EUR/qm. Altbauwohnungen waren im Schnitt etwa 4 EUR/qm günstiger. Ein Blick auf die langfristige Entwicklung der Angebotsmieten: Der Median legte in den vergangenen zehn Jahren besonders stark in Berlin (+94,3 %), Rostock (+83,1 %) und Leipzig (+80,4 %) zu. Den schwächsten Mietanstieg verzeichnete Chemnitz (+14,6 %).

Jungk fasst zusammen: «Aufgrund der im internationalen Vergleich niedrigen Wohnkosten, der geringen Anzahl von Neubauten und des Rückgangs der Zahl der Baugenehmigungen ist bei Wohnimmobilien an den meisten ostdeutschen Standorten mit weiter steigenden Mieten zu rechnen. Ausnahme sind Wohnimmobilien mit schlechter Energieeffizienz. Dort müssen Eigentümer mittelfristig mit Wertverlusten rechnen, sofern sie nicht entsprechend gegensteuern.»

Die vollständige Studie finden Sie hier.

(ml)