Deutschland bleibt ein Land der Sparer
27.10.2025

Vier von fünf Menschen (80 Prozent) legen regelmäßig Geld zur Seite – ein stabiler Wert, den die Umfragen der Postbank zum Weltspartag seit Jahren belegen. Laut der aktuellen, im September 2025 von YouGov durchgeführten Erhebung zweifeln jedoch viele Befragte, ob sie genug Geld zurücklegen: Sechs von zehn Sparerinnen und Sparern (63 Prozent) empfinden ihre Rücklagen als unzureichend. Als Hauptgrund werden die gestiegenen Lebenshaltungskosten genannt.
„Die hohe Sparquote zeigt, dass das Bewusstsein für die Notwendigkeit finanzieller Vorsorge in Deutschland fest verankert und das Sicherheitsbedürfnis der Menschen ausgeprägt ist“, sagt Dr. Ulrich Stephan, Chefanlagestratege der Postbank. „Gleichzeitig belegt die Unzufriedenheit vieler Sparer, wie stark die Inflationsjahre 2021 bis 2023 mit einer Teuerungsrate von zeitweise über sieben Prozent noch nachwirken. Sie haben die Kaufkraft der Einkommen und Ersparnisse fühlbar geschmälert. Auch wenn sich die Inflation inzwischen auf rund zwei Prozent normalisiert hat, spüren viele Haushalte das heute höhere Preisniveau empfindlich.“ Rücklagen reichen oft nur für kurze Zeit
Ersparnisse dienen nicht nur der Vermögensbildung, sondern sollen auch unerwartete Ausgaben abfedern und finanzielle Sicherheit schaffen. Ökonomisch sinnvoll ist ein Polster von drei bis sechs Monatsgehältern – ein Ziel, das laut Umfrage immerhin 24 Prozent der Sparer erreichen.
14 Prozent der Befragten sparen im Jahr jedoch weniger als 500 Euro – das entspricht gerade einmal 42 Euro im Monat. Gut ein Viertel der Befragten (26 Prozent) gibt an, mit den vorhandenen Rücklagen höchstens zwei Monate den Lebensunterhalt finanzieren zu können. Bei knapp 15 Prozent reichen die Ersparnisse sogar bloß für einen Monat. Nur gut jeder dritte Umfrageteilnehmer (34 Prozent) könnte hingegen mehr als ein halbes Jahr von seinen Rücklagen leben.
Sicherheit statt Konsum
Wie viel Geld die Menschen zurücklegen, variiert stark, doch in einem Punkt sind sich die meisten Sparer einig: Gespart wird vor allem für die finanzielle Absicherung, weniger für den Konsum. 44 Prozent legen mit dem Geld einen „Notgroschen“ an, 36 Prozent Rücklagen für Krisenzeiten; ebenfalls 36 Prozent sparen für ihre Altersvorsorge, 18 Prozent für den Vermögensaufbau und 15 Prozent, um Wohneigentum zu modernisieren oder zu renovieren. Lediglich 33 Prozent bilden Rücklagen, um zu konsumieren.
„Die meisten Menschen sparen aus einem Sicherheitsbedürfnis. Wenn sie trotz ihrer Sparanstrengungen das Gefühl haben, ihr Ziel kaum erreichen zu können, führt das zu Verunsicherung und Frustration – mit gravierenden Folgen: Anhaltender Kostendruck beschädigt das Vertrauen in die eigene Vorsorgefähigkeit“, verdeutlicht Dr. Ulrich Stephan von der Postbank.
Die neue Lust am Anlegen
Auch wenn das zumeist unverzinste Girokonto nach wie vor auf Platz eins der beliebtesten Geldanlagen rangiert (41 Prozent), wächst bei vielen Verbrauchern der Wunsch, mit ihren Ersparnissen Gewinn zu erzielen. Das Tagesgeldkonto erfreut sich daher zunehmender Beliebtheit und ist mit 40 Prozent bereits nahezu so gefragt wie das Girokonto – ein Plus von fünf Prozentpunkten gegenüber 2024 (35 Prozent).
Zugleich steigt das Interesse am Kapitalmarkt: „Die Zahl der Wertpapieranleger nimmt seit Jahren kontinuierlich zu“, erklärt Dr. Ulrich Stephan. „Treiber sind vor allem börsengehandelte Indexfonds, sogenannte ETFs. Sie haben die Wertpapieranlage gewissermaßen demokratisiert – weil sie auch mit kleinen monatlichen Beträgen den Zugang zu den Kapitalmärkten ermöglichen.“ Laut der Umfrage investieren inzwischen 34 Prozent der Befragten in Aktien oder Fonds – ein Zuwachs von sieben Prozentpunkten im Vergleich zu 2023 (27 Prozent). Der Anteil von ETFs an der Wertpapieranlage ist binnen zwei Jahren von 13 auf 21 Prozent gestiegen. Auch Einzelaktien erfreuen sich wachsender Beliebtheit (2023: elf Prozent; 2025: 15 Prozent). Gleichzeitig verwahren immer weniger Menschen Bargeld zu Hause – aktuell nur noch zehn Prozent (2023: 15 Prozent).
„Das Spekulationsobjekt ‚Wertpapier‘ wandelt sich in der Wahrnehmung breiter Bevölkerungsschichten zu einem Instrument für langfristigen Vermögensaufbau und private Altersvorsorge. Das ist begrüßenswert, denn angesichts des demografischen Wandels gewinnt diese Form der privaten Vorsorge zunehmend an Bedeutung“, ergänzt Dr. Ulrich Stephan.
Doch obwohl ETFs so beliebt sind, unterschätzen viele – selbst Wertpapieranleger –, welches Renditepotenzial darin stecken kann. Bei einer angenommenen durchschnittlichen Jahresrendite von sieben Prozent (historischer Durchschnitt MSCI World) kann eine monatliche ETF-Anlage von 100 Euro nach 15 Jahren ein Endkapital von rund 30.000 Euro erzielen. Jeder dritte Sparer (36 Prozent) schätzt die Renditechancen jedoch als geringer ein, zum Teil sogar deutlich. Drei Prozent halten sie gar für unrealistisch. Und gut ein Viertel der Befragten (28 Prozent) hat gar keine Vorstellung von der möglichen Rendite. (fw)

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