Gefährliche Unkenntnis

02.11.2022

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Es ist schon heftig. Da haben die Bundesbürger jede Menge privater Unfallpolicen in ihren Schubladen und wissen nicht mal, ob sie damit ausreichend abgesichert sind. Und genauso wenig wissen sie, wie weit der gesetzliche Unfallschutz reicht. Gerade in Zeiten einer steigenden Nachfrage nach Homeoffice mutet das sehr befremdlich an. Hier gilt es für Berater anzusetzen.

Das 9-Euro-Ticket, keine Homeoffice-Pflicht mehr und stetig steigende Temperaturen: Der Sommer war in vollem Gang und viele Arbeitnehmer waren wieder mehr unterwegs – egal ob auf Reisen oder beim Pendeln ins Büro. Im Rahmen einer bevölkerungsrepräsentativen Studie in Zusammenarbeit mit YouGov hat der digitale Versicherungsmanager CLARK deshalb bei den Menschen in Deutschland nachgefragt, wie gut sie über den Versicherungsschutz auf ihrem Arbeitsweg oder im Homeoffice Bescheid wissen. Das Ergebnis lässt nicht nur aufhören – es ist erschreckend. Die Deutschen sind nämlich kaum informiert über ihren Versicherungsschutz während des Arbeitsweges.

Mit dem Fahrrad, der Bahn oder dem Auto: Die Menschen kommen auf verschiedenste Arten ins Büro. Wie genau es bei Nutzung der jeweiligen Fortbewegungsmittel auf dem Weg zur Arbeit mit dem Versicherungsschutz aussieht, wissen nur wenige von ihnen. Gerade einmal vier von zehn Bundesbürgern (39 %) wissen sicher, wie es um ihren Versicherungsschutz auf dem Weg ins Büro oder vom Arbeitsplatz zurück mit dem Auto aussieht. Bei Bus, Bahn und Fahrrad nimmt der Informationsstand jedoch kräftig ab: Nur jeder Dritte (34 %) weiß, wie sie oder er auf dem Arbeitsweg zum Büro mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Fahrrad gegen das Risiko eines Unfalls abgesichert ist. Und danach wird es wirklich heftig. Wie es um den Versicherungsschutz im Homeoffice aussieht, können nur ganze 17 % der Befragten mit Sicherheit sagen.

Homeoffice und alles gut?

Aber auch bei anderen Aktivitäten, die mit der Arbeit zu tun haben, ist der Versicherungsschutz nicht unerheblich, sollte es doch einmal zu einem Unfall oder einer Verletzung kommen. Trotzdem weiß nur jeder vierte Befragte (27 %), wie es um den Versicherungsschutz beim Erledigen von Besorgungen für den Arbeitgeber aussieht. Fast ebenso wenige Befragte (26 %) können sicher sagen, wie sie auf Geschäftsreisen versichert sind oder wie es bei Veranstaltungen von ihrem Arbeitgeber (z. B. Feiern, Arbeitsessen, Events) aussieht (24 %). Aber auch um den Versicherungsstatus bei Verletzungen in der Mittagspause im Büro (23 %) oder im Homeoffice (11 %) herrscht Verwirrung.

Das ist vor allem vor dem Hintergrund erstaunlich, dass im vergangenen Jahr in der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahre rund 27,08 Millionen Personen eine private Unfallversicherung im Haushalt abgeschlossen hatten. Entweder interessieren sie sich nicht für den Vertragsinhalt – oder sie werden einfach nicht ausreichend gut beraten. Vor diesem Hintergrund verwundert es denn auch kaum, dass einer aktuellen Studie zufolge das Geschäft mit der betrieblichen Unfallversicherung eher mau läuft. Gerade einmal 11 % der kleinen und mittelgroßen Betriebe (KMU) bieten ihren Mitarbeitern solche Policen an.

Generell heißt nicht immer

„Generell greift die gesetzliche Unfallversicherung, wenn man im Büro oder auf dem Weg dorthin einen Unfall hat“, klärt CLARK-Versicherungsexperte und Vorstandsmitglied Dr. Marco Adelt auf. „Allerdings gilt das nur für den Fall, dass Arbeitnehmer den direktesten beziehungsweise kürzesten Weg wählen, wenn sie zwischen ihrem Arbeitsplatz und ihrem Wohnort unterwegs sind.“ Die gesetzliche Unfallversicherung bezieht sich auf das komplette Arbeitsumfeld. Sie gilt also auch für den Fall, dass Arbeitnehmer auf Geschäftsreisen oder beim Erledigen von Besorgungen für den Arbeitgeber einen Unfall haben. Im Rahmen der Versicherung werden beispielsweise Behandlungskosten übernommen, sowie eine mögliche Rente – diese hängt von dem bisherigen Einkommen und dem Grad der Beeinträchtigung ab.

„Vor einem Jahr hat der Gesetzgeber im Sozialgesetzbuch die Definition von Arbeitsunfällen auch auf das Homeoffice erweitert. Das bedeutet, dass Arbeitnehmer auch beim Arbeiten zu Hause den gleichen Versicherungsschutz genießen wie im Büro – so ist beispielsweise auch der Weg in die Küche in der eigenen Wohnung versichert, wenn zu der Zeit von zu Hause aus gearbeitet wird“, sagt Adelt. Auch der Weg in die Mittagspause – egal ob im Büro oder zu Hause – untersteht in der Regel dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Das gilt aber nicht für den Fall, dass Arbeitnehmer etwas Privates erledigen.

Allerdings: Der Versicherungsschutz endet mit dem Betreten des Restaurants, der Kantine, oder der Küche – die Pausenzeit selbst ist nicht mehr versichert. Dieses Risiko kann jedoch über eine private Unfallversicherung entsprechend abgesichert werden. Da es in diesem Bereich allerdings viele Unterschiede bezüglich der Gestaltung eines passenden Tarifs oder der Leistungen gibt, sollte man sich hier unabhängig beraten lassen. Dann aber auch bitte umfassend und richtig. (hdm)

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Quelle: © DGUV – Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, Spitzenverband[/caption]