Kein Weg führt an Finanzbildung vorbei

23.05.2013

Thomas Richter

**Junge Menschen sind gezwungen vorzusorgen, um nicht in Altersarmut zu rutschen. Und das in einem Niedrigzinsumfeld. Aber wissen sie es auch? finanzwelt sprach mit **Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des BVI (Bundesverband Investment und Asset Management e. V.), zur ökonomischen Bildung und zu Aktionen, die seitens des Verbands hierzu unternommen werden.

finanzwelt: Viele Deutsche fürchten Inflation und sorgen sich um ihre Altersvorsorge. Welche Lösungen bietet die Investmentbranche an?

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Richter:** Wer sich gegen Inflation wappnen will, muss in Sachwerte investieren. Das sind typischerweise Aktien und Immobilien. Immobilien sind für viele Anleger unerschwinglich, aber mit offenen Immobilienfonds können sie sich auch schon mit vergleichsweise kleinen Beträgen an einem diversifizierten Immobiliensortiment beteiligen. Aktienfonds bieten gleichfalls einen bequemen Einstieg in Sachwerte. Die Schwankungen an den Aktienmärkten der letzten Jahre haben viele Sparer verschreckt. Langfristige Vergleiche zeigen aber, dass Vermögen am besten mit einer Mischung verschiedener Aktien gebildet und auch erhalten werden konnte. Die Sparer müssen erkennen, dass bei den niedrigen Zinsen die Inflation die Ersparnisse auffrisst.

finanzwelt: Dies ist aber nur wenigen Menschen bekannt. Eine kürzlich veröffentlichte Studie des Meinungsforschungsinstituts YouGov zeigt, dass auch hierzulande viele ihr eigenes Wissen über Geldanlage für unzureichend halten. Was ist zu tun?

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Richter:** Wer mehr Eigenverantwortung für seine finanzielle Absicherung im Ruhestand übernehmen soll, braucht eine solide Entscheidungsgrundlage. Für eine sinnvolle, den persönlichen Bedürfnissen entsprechende Altersvorsorge ist ein Mindestmaß an Grundkenntnissen über Wirtschaft und Finanzen unerlässlich. Nichts schützt die Verbraucher besser vor Fehlentscheidungen als Wissen. Würden die Verbraucher Fehler beim Sparen vermeiden, hätten nicht nur sie selbst etwas davon, sondern auch der Staat. Denn je mehr der Einzelne vorgesorgt hat, desto weniger muss der Staat über Transferleistungen zuschießen. Beim Wissen offenbaren sich aber große Lücken. Auch die Bürger selbst sind sich dessen bewusst. 58 Prozent der insgesamt 11.000 Befragten stufen ihr Wissen über Geldanlagen als mittelmäßig bis schlecht ein. Angesichts dieser Lücken wünscht sich mit 93 Prozent eine deutliche Mehrheit der Europäer mehr Finanzbildung an den Schulen und in der Berufsausbildung. Auch in Deutschland sprechen sich 94 Prozent dafür aus. Hier ist die Bildungspolitik gefordert.

finanzwelt: Aber sind Schüler überhaupt an solchen Finanzthemen interessiert?

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Richter:** Der Mehrheit der Schüler ist ihr Defizit zu Finanzthemen offenbar bewusst. Das zeigte 2012 eine Befragung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Drei Viertel der Schüler wollen wirtschaftliche Zusammenhänge in der Schule besser erklärt bekommen. Mehr als zwei Drittel der Schüler wünschen sich sogar ein eigenes Schulfach „Wirtschaft". Derzeit vermitteln die Schulen wirtschaftliche Kenntnisse nur selten. Zudem ist der Unterricht in den Bundesländern sehr unterschiedlich. Im Ergebnis entlassen die Schulen ihre Schüler oft ohne grundlegende ökonomische Kenntnisse in das Arbeitsleben.

finanzwelt: Was tut der BVI für die Finanzbildung?

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Richter:** Unsere Aufklärungsinitiative „Hoch im Kurs" fördert mit Unterrichtsmaterial das Verständnis für die Funktionsweise von Wirtschaft und Kapitalmarkt. Die Bausteine in den Schüler- und Lehrermagazinen reichen von wirtschaftlichen Grundlagen über praktisches Know-how zur persönlichen Finanzplanung bis zu Informationen zur Finanzkrise. Seit 2006 haben Lehrkräfte bundesweit bereits gut 1 Million Unterrichtsbroschüren des BVI abgerufen und die Nachfrage hält weiter an. Flankierend zu den Unterrichtsmaterialien gehen Praktiker aus den Fondsgesellschaften an Schulen und vermitteln den Schülern der Sekundarstufe II seit April 2010 das notwendige Basiswissen. Inzwischen interessieren sich mehr als 550 Schulen für das BVI-Programm.

(Das Gespräch führte Alexander Heftrich)

Interview mit Thomas Richter - Printausgabe 03/2013