Nachhaltigkeitspräferenzabfrage endlich praxisgerecht überarbeiten

28.11.2025

Martin Klein, Vorstand, Votum Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e.V. / Foto: © Votum

Mit ihren jüngst vorgestellten Vorschlägen zur Überarbeitung der Offenlegungsverordnung (SFDR) hat die Europäische Kommission zweifellos Bewegung in die Sustainable-Finance-Regulierung gebracht. Eine Vereinfachung der Produktkategorien, die Fokussierung der Transparenzpflichten auf Produktgeber und die Einführung klar abgegrenzter Klassifizierungen – „Sustainable“, „Transition“ und „ESG Basics“ – sind Schritte, die grundsätzlich in die richtige Richtung weisen. Mit Ihrem Inkrafttreten ist jedoch erst 2028 zu rechnen. Eine Stellungnahme des Votum Verbandes.

Bei aller Reformfreude fällt eines auf: Die Kommission übergeht erneut eine Baustelle, auf die die Branche seit Jahren hinweist – die dringend reformbedürftige Nachhaltigkeitspräferenzabfrage nach MiFID II und IDD.

Nachhaltigkeitspräferenzabfrage von Beginn an überfrachtet

Seit August 2022 tragen Versicherungs- und Anlagevermittler die Pflicht, ihre Kunden detailliert nach Nachhaltigkeitspräferenzen zu befragen – und zwar entlang eines Regelwerks, das selbst Fachleute ohne intensive Vorbereitung kaum decodieren können. Tatsächlich sollen sie ihren Kunden zur Entscheidungsfindung drei komplexe europäische Verordnungen erläutern.

Die europäischen Aufsichtsbehörden haben mehrfach bestätigt, dass die Überkomplexität dieser Abfrage der Beratungsrealität nicht gerecht wird. Kunden verzichten deshalb häufig auf die Angabe von Präferenzen – nicht aus mangelndem Interesse, sondern aus Überforderung. Berater wiederum geraten in die absurde Lage, eine Präferenzabfrage mehrfach wiederholen zu müssen, obwohl sie bereits wissen, dass zu den geäußerten Präferenzen kein Produktangebot existiert.

„Die Reform der Produktkategorien in der Offenlegungsverordnung macht die Präferenzabfrage nun nicht automatisch praktikabler. Wer Reformen anstößt, muss auch die Nahtstellen überprüfen, an denen Regulierung in die Praxis übersetzt wird“, betont Martin Klein, geschäftsführender Vorstand des VOTUM Verbands unabhängiger Finanzdienstleister.

Zeit für eine realistische, rechtssichere und funktionale Lösung

Die Branche hat wiederholt und konstruktiv Vorschläge unterbreitet, wie die Präferenzabfrage anwendungsfreundlich gestaltet werden kann. Dazu gehören:

Mehr Freiräume für Kunden und Berater: Anleger sollen nicht in detaillierte Festlegungen gedrängt werden, sondern – entsprechend ihrer berechtigten Erwartung – darauf vertrauen dürfen, dass Produkte Nachhaltigkeitsziele grundsätzlich berücksichtigen. Beratern sollte deshalb die Möglichkeit eröffnet werden, zunächst schlicht zu fragen: „Sind Sie damit einverstanden, dass das empfohlene Produkt Nachhaltigkeitsziele berücksichtigt, welche ihnen erläutert werden oder möchten Sie eigene konkrete Ziele bestimmen?“

Eine eindeutige Haftungszuweisung: Verfehlt ein Produkt die von ihm beworbenen Nachhaltigkeitsziele, darf dies nicht zu einer Haftung der Berater führen, die sich auf die Angaben der Produktanbieter stützen. Vermittler analysieren die Kundensituation – sie sind jedoch keine Nachhaltigkeitsprüfer für Produkte. Diese Klarstellung muss verbindlich in EU-Richtlinien und Delegierten Verordnungen verankert werden.

Vorschläge der Branche liegen seit Langem auf dem Tisch. Und sie entsprechen genau dem, was die EU-Kommission aktuell proklamiert: schlankere Prozesse, weniger Bürokratie, mehr Klarheit.

„Die Branche ist bereit, diesen Weg gemeinsam zu gestalten, um die Entscheidung für Nachhaltigkeit in der Produktauswahl auf einen Erfolgspfad zu führen. Die EU-Kommission sollte jetzt nur nicht einen Fehler wiederholen. Sie hat ein verfrühte Nachhaltigkeitspräferenzabfragepflicht gegen alle Warnungen durchgedrückt und berücksichtigt sie jetzt als letztes im Veränderungsprozess. Hiermit droht erneut ein Scheitern an der maßgeblichen Anleger-Schnittstelle. Wir erwarten daher nun den dringend folgerichtigen Schritt: die Reform der Nachhaltigkeitspräferenzabfrage“, erklärt Klein. (fw)

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