„Ohne Infrastruktur geht nichts“

27.03.2013

„finanzwelt" sprach mit Raphael Dubois, Fondsmanager für Infrastruktur und Rohstoffe bei Edmond de Rothschild Asset Management zum Thema Infrastruktur. Infrastrukturmaßnahmen dienen dazu, die für die Entwicklung eines Landes, für seine Bevölkerung und seine Wirtschaft nötige Grundausstattung zu schaffen, zu verbessern oder auszubauen (z.B. Straßen, Schienenwege, Flugplätze, Kraftwerke, Stromleitungen, Schulen, Wasserver- und -entsorgung).

finanzwelt: Infrastruktur – ein globales, vielschichtiges Thema. Inwiefern sind entsprechende Investments derzeit eine lukrative Option?

Dubios: Infrastrukturunternehmen profitieren in zweierlei Hinsicht vom aktuellen Niedrig-zinsumfeld. Zum einen sind Infrastrukturprojekte typischerweise in hohem Maße zusätzlich über Kredite fremdfinanziert, sodass die Belastungen aus Fremdfinanzierungskosten dank niedriger Zinsen derzeit geringer ausfallen. Zum anderen erwirtschaften Infrastrukturunternehmen in der Regel gute Dividendenrenditen, die besonders im Vergleich zu den niedrigen Zinserträgen bei festverzinslichen Kapitalanlagen attraktiv sind. Wir gehen auch davon aus, dass das Zinsniveau auf absehbare Zeit gering bleiben wird.

finanzwelt: Welche Faktoren begünstigen Infrastrukturinvestments?

Dubios: Eine stetig wachsende Weltbevölkerung, ihre zunehmende Konzentration in großen Städten und Ballungsräumen sowie zunehmendes BIP-Wachstum sind die wesentlichen Treiber. Gerade in Indien und China ziehen jährlich ca. 30 Millionen Menschen vom Land in die Stadt. Aber auch der Bedarf an Sanierung und Modernisierung der bestehenden Infrastruktur ist weltweit enorm. In Nordamerika gibt es sogar noch einen besonderen Wachstumsmotor. Die Erschließung von Schieferöl und -gas wird massive Infrastrukturinvestments erfordern. Über die nächsten 25 Jahre liegt der geschätzte Bedarf bei ca. 250 Milliarden US-Dollar.

finanzwelt: Ein „Megathema" ist auf den ersten Blick argumentativ leicht verständlich – aber gibt es auch Risiken, die es zu beachten gilt (Rechtsprechung, Diskussion um Erneuerbare Energien hierzulande, Regulierung/Deregulierung…)

Dubios: Das Hauptrisiko liegt in regulatorischen Änderungen, die sich nachteilig für Infra-strukturbesitzer auswirken würden. Regierungen sind sich dessen aber auch bewusst, dass ohne Infrastruktur-Investments kein BIP-Wachstum stattfindet. Änderungen der Bestimmungen sind daher nicht allzu üblich. Ein weiteres Kernrisiko ist der Mangel an verfügbarem Kapital zur Finanzierung des Infrastrukturbedarfs. Natürlich wird in den Emerging Markets viel mehr Infrastruktur benötigt, die nicht immer verfügbare Kapitalkraft verlangsamt jedoch Investitionen in Infrastrukturprojekte mehr als erwartet bzw. erhofft. Daher müssen Investitionsanreize für Infrastrukturunternehmen geschaffen werden – in Form von staatlichen Infrastrukturplänen (mit Zugang zu privaten Unternehmen und einer angemessenen Reglementierung) und ausreichend niedrigen Zinsen.

finanzwelt: Der Wassersektor, der Straßenbau und die Energieversorgung bilden drei wesentliche Säulen innerhalb des Infrastruktursegments – was ist hier (noch) extrem spannend, wie sehen die Bewertungen aus und lohnt sich ein entsprechendes Investment in ein Teilsegment, beispielsweise „Wasser"?

Dubios: Wir präferieren besonders Midstream-Unternehmen in Kanada und den USA. Diese Unternehmen sammeln, behandeln und lagern Gas, Öl und Flüssiggas (sogenannte NGL) und transportieren diese zu den jeweiligen Verbrauchszentren. Auf absehbare Zeit ist dies ein Untersektor mit massivem Wachstum, der enorme und steigende Dividenden zahlt.

Was die Bewertungen angeht, so sind Infrastrukturunternehmen generell relativ teuer im Vergleich zum Rest des Aktienmarktes. Dies war aber schon immer der Fall. Man bekommt, was man zahlt! Die Vorhersehbarkeit der Ergebnisentwicklung und Widerstandsfähigkeit im Infrastrukturbereich ist aber auch deutlich besser als es sonst am Aktienmarkt der Fall ist. Zusätzlich tendiert der Sektor zu größeren Dividendenerträgen. Daher ist es normal, dass die Unternehmen höher gehandelt werden.

finanzwelt: Spielt die Nachhaltigkeitskomponente eine bedeutsame Rolle?

Dubios: Wir haben keine spezifischen Nachhaltigkeitskriterien. Trotzdem versuchen wir Infrastrukturunternehmen mit einer schlechten Nachhaltigkeitsbilanz zu meiden, denn die Reputationsrisiken können "teuer" sein.

finanzwelt: Wie schaut es mit dem Investitionsbedarf in den Schwellenländern versus Indust-rieländern aus?

Dubios: Bei Infrastruktur-Investments in Emerging Markets handelt es sich voranging um den Aufbau einer Grundversorgung in den Ländern, wohingegen Infrastrukturanlagen in der entwickelten Welt mehr die Sanierungen und/oder Modernisierung der bereits vorhandenen Infrastruktur zum Ziel haben. In finanzieller Hinsicht sollten Investitionen in die Infrastruktur der Schwellenländer natürlich größer ausfallen und schneller anwachsen. Zwischen 2010 und 2030 erwartet die Weltbank einen Kapitaleinsatz von 40 Billionen US Dollar in Infrastruktur, davon entfallen fast zwei Drittel auf die Emerging Markets.

finanzwelt: Sprechen Sie dem US-Energiesektor enormes Potenzial zu. Warum?

Dubios: Die USA werden ihre Öl- und Gasproduktion weiter ausbauen, was wiederum zu einem massiven Bedarf an Infrastruktur-Investments führt, um die neuen Produktionszentren mit den Verbrauchsstellen zu verbinden. Im Gasbereich haben die Kraftwerke ihre Gasaufnahme bereits erhöht (im Vergleich zu Kohle). Wir beobachten die Öffnung einer wachsenden Zahl neuer Industrieanlagen (Petrochemie, Stickstoff, …) im Land, die eine Menge Gas verbrauchen. Zudem liegen der Kommission aktuell sechs Gas-Export-Projekte vor. Zweifellos verzeichnet der Gasverbrauch also einen deutlichen Anstieg. Aber auch bei Öl besteht ein starker Anreiz, die inländische Produktion zu steigern, da dies die Handelsbilanz der USA unterstützt und die Schaffung neuer Arbeitsplätze fördert.

Das Interview führte Alexander Heftrich und Philipp Kenntner