Die Wirtschaftsmacht in Ihrem Garten

19.08.2025

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Wenn Sie das Wort „Milliarden“ hören, denken Sie vielleicht eher an die Hochzeit von Jeff Bezos als an Ihren Garten. Doch das sollte sich ändern. 50 bis 100 % der globalen Wirtschaftsleistung hängen von funktionierenden Ökosystemen ab. Das sind zwischen 55.000 Mrd. und 110.000 Mrd. USD (in Worten „unserer Existenz“).

Was das mit Ihrem Garten zu tun hat? Was sollen Ihre etwa 485 qm (so groß ist der durchschnittliche deutsche Garten) schon für einen Unterschied machen? Multipliziert man 485 qm mit 20 Millionen Haushalten mit Garten, kommt man auf eine Fläche von etwa 1.400 Fußballfeldern. Und je weniger dort summt und brummt, desto schlechter steht es um unsere Ökosysteme. Schmerzmittel und Pestizide in der Umwelt; Steine im Vorgarten; Landwirtschaft, die nur noch mit Hochleistungs-Massen-Tieren bestehen kann – wir zerstören, was unser Überleben sichert: Wasser, Luft und Boden tauschen wir ein gegen Mikroplastik im Gehirn, Feinstaub in unseren Lungen und Resignation in den Augen unserer Kinder. Nach einer Schätzung des Weltbiodiversitätsrates beträgt der ökonomische Nutzen allein von Wildbienen, Schwebfliegen und Schmetterlingen weltweit 577 Mrd. Euro – in Ihrem Garten wohnt eine Wirtschaftsmacht!

Ade Kaffee

Entfernt man alle Produkte aus den Supermarkt-Regalen, die auf Bestäuber angewiesen sind, fehlen rund 60 % der Artikel: Kaum Obst oder Gemüse, weder Schokolade noch Kaffee. Wer jetzt denkt: Ab morgen nur noch ungemähte Wiese, dem sei gedankt. Viel wichtiger aber wäre ein Röntgenblick durchs Depot – nirgendwo ist der Hebel, etwas zu ändern, so groß. Wer in Firmen investiert, die mit Monokulturen, Bergbau, Mikroplastik oder Agrarchemie ihre Gewinne polstern, der wird den Effekt, den sein Geld auf Klima und Biodiversität hat, kaum durch gut gemeintes Gartendesign aufwiegen können. Vielleicht haben Sie auch schon einmal gerätselt, wie das denn nun gehen soll, mit dem naturnahen Garten – bringt das Insektenhotel aus dem Baumarkt was? Ist Lavendel irgendwie „besser“ als Rose? Im Depot ist es nicht einfacher. Man kann das Aussterben der nur wenige Millimeter großen Gallmücke nicht durch ein paar mehr Elefanten kompensieren. Beide haben einen Rüssel, der Elefant wird es aber kaum fertigbringen, damit die winzigen Blüten der Kakaopflanze zu bestäuben. Was einleuchtend klingt, macht es für Unternehmen und Investoren aber gleichermaßen schwierig gegenzusteuern. Welche Daten kann man wie erheben? Wie kann man die Wirkung von Maßnahmen vergleichen, wenn es an einer Allround-Kennzahl mangelt? Was heißt das nun für unser Portemonnaie?

Schau hin!

Letztendlich bleibt den Investorinnen und Investoren nur eins: genau hinschauen, nachdenken – sich klar werden, welche Werte die Investments leiten sollen. Welche Anlagekriterien nutzen verschiedene Anbieter? Was wird ausgeschlossen – wie wird abgewogen? Im Zweifel gilt: in das investieren, was man versteht, und das einen beim Blick in den Spiegel nicht erschaudern lässt.

Ein Beirag von Dr. Marlene Waske, Ethikanalystin, Arete Ethik Invest AG