Selbst gestalten statt nur verwalten - Warum wir eine neue Balance brauchen

21.08.2025

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Wer heute als unabhängiger Vermittler oder Vermittlerin am Markt ist, braucht nicht nur Beratungskompetenz, sondern fast schon ein juristisches Grundstudium. Denn die regulatorischen Anforderungen steigen kontinuierlich – zuletzt mit dem geplanten § 34k GewO, der ab 2026 auch die Vermittlung von Ratenkrediten einer eigenen Erlaubnis unterwirft.

Die meisten Gewerbetreibenden sind längst „Allfinanzer“: Sie verfügen nicht nur über eine Zulassung nach § 34d GewO für Versicherungen, sondern häufig auch nach § 34f (Finanzanlagen), § 34i (Immobiliardarlehen) und § 34c (z. B. Immobilienvermittlung). Jetzt kommt also der 5. Paragraf ins Spiel – und das alles für Unternehmerinnen und Unternehmer, die ihren Kundinnen und Kunden eine ganzheitliche Beratung aus einer Hand bieten wollen. Doch statt Wertschätzung für dieses unternehmerische Engagement gibt es immer neue Nachweispflichten, Prüfungen und Regularien. Natürlich: Qualitätssicherung ist wichtig. Aber Qualität entsteht nicht durch immer mehr Paragrafen, sondern durch Qualifikation, gelebte Verantwortung – und Vertrauen in die berufliche Praxis.

Als AfW setzen wir uns genau für diese Balance ein. Wir sagen nicht reflexhaft „Nein“ zu Regulierung. Aber wir sagen „Ja“ zu Standards, die aus der Branche selbst kommen. Deshalb engagieren wir uns aktiv in der Normungsarbeit – etwa bei der Entwicklung der DIN 77230 („Basis-Finanzanalyse für Privathaushalte“) oder neuerer Normen, die systematische und zugleich praxisnahe Beratung ermöglichen. Denn wir wollen nicht Getriebene sein – sondern Gestaltende. Wer als Branche nicht selbst definiert, was gute Beratung ausmacht, läuft Gefahr, von der Politik fremdbestimmt zu werden. Deshalb ist Standardisierung aus der Branche für die Branche ein zentraler Weg, um der Überregulierung zuvorzukommen.

Die Politik muss erkennen: Die vielen tausend Vermittlerinnen und Vermittler in Deutschland leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur finanziellen Daseinsvorsorge – gerade in Zeiten von Rentenlücken, Immobilienkrise und Inflation. Wer dieses Engagement mit immer neuen Hürden bremst, gefährdet die Versorgungssicherheit breiter Bevölkerungsschichten.

Mit dem Amtsantritt der neuen Bundesregierung ist jetzt der richtige Moment, um Weichen neu zu stellen: für eine Regulierung mit Augenmaß, für mehr Vertrauen in unternehmerische Beratung – und für eine Politik, die unabhängige Vermittlerinnen und Vermittler nicht als Risiko, sondern als Teil der Lösung begreift. Die Finanzexpertinnen und -experten in Deutschland stehen bereit, ihren Beitrag zu leisten.

Ein Beitrag von Norman Wirth, Rechtsanwalt und Geschäftsführender Vorstand, AfW Bundesverband Finanzdienstleistung e. V.