US-Staatsanleihen unter Druck
01.05.2025

Dr. Marc-Oliver Lux. Foto: Dr. Lux & Präuner
US-Staatsanleihen gelten in Zeiten turbulenter Börsen eigentlich als sicherer Hafen. Doch dieses Mal traf das nicht zu: Bevor Donald Trump im Zollkonflikt den Pause-Knopf drückte, rauschten die US-Treasuries in den Keller – so rasant wie zuletzt beim Ausbruch der Corona-Pandemie.
Die Flucht aus langlaufenden US-Staatsanleihen in den vergangenen Tagen hat Sorgen aufkommen lassen, ob die Papiere ihrem Ruf als sicherer Hafen noch gerecht werden können. Die Rendite zehnjähriger Treasuries war zeitweise über 4,5 Prozent gestiegen. Die Rendite 30-jähriger Papiere hatte kurzzeitig die Fünf-Prozent-Marke überschritten. Die damit verbundenen Kursverluste erreichten ein Niveau, das zuletzt vor mehr als fünf Jahren erreicht worden war – dabei gelten US-Staatsanleihen als eine der sichersten Anlagen überhaupt.
Die Lage beruhigte sich erst wieder, nachdem Trump ein Moratorium von 90 Tagen für die Zölle zugestand, um den betroffenen Ländern Zeit für Verhandlungen einzuräumen.
Fallende Aktienkurse, ein schwächerer US-Dollar und zugleich steigende Anleiherenditen stellen eine toxische Kombination dar. In jedem anderen Land würde man dies vermutlich als Staatskrise bezeichnen. Die Realrenditen steigen, obwohl sich der Wachstumsausblick eintrübt – ein Hinweis darauf, dass der Renditeanstieg nicht primär durch Inflation, sondern durch Risikoaufschläge getrieben wird.
Denn welche Auswirkungen die Zölle auf die US-Wirtschaft haben werden, ist noch völlig offen. Lösen sie eine Rezession aus, würde die Federal Reserve wahrscheinlich die Leitzinsen senken – vorausgesetzt, die Inflation bereitet den Währungshütern keine Sorgen. In einem solchen Szenario wären Staatsanleihen ein attraktives Investment. Es besteht jedoch die Befürchtung, dass die Zölle auch die Inflation anheizen. Dann könnte die Fed kaum mit Zinssenkungen auf ein schwächeres Wachstum reagieren. Vielleicht muss sie den Leitsatz sogar anheben. Das würde den Kurs der Staatsanleihen drücken. Aufgrund dieser Unsicherheit dürfte die Volatilität am Markt für US-Treasuries hoch bleiben.
Vielen Anlegern galt in den vergangenen Tagen Cash als einziger sicherer Hafen. Sie trennten sich im großen Stil von amerikanischen Wertpapieren, auch von US-Staatsanleihen. Das Volumen von US-Geldmarktfonds, die institutionellen Investoren als Bargeldersatz dienen, hatte Anfang April einen Rekordstand erreicht.
Schon beim Ausbruch der Corona-Pandemie 2020 hatten Anleger panisch Anleihen verkauft, was die Fed zum Eingreifen zwang. Ob es diesmal wieder so weit kommen wird, falls sich die Situation am Markt erneut verschärfen sollte, ist offen.
Die US-Staatsverschuldung liegt aktuell bei 121 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Trump trat sein Amt mit dem Versprechen an, die Schulden und das Haushaltsdefizit durch die Ankurbelung des Wirtschaftswachstums reduzieren zu können. Kürzlich deutete er an, dass auch die Einnahmen aus den Zöllen zur Entlastung beitragen würden. Andere befürchten jedoch, dass seine Politik die Defizite und Schulden durch steigende Kreditkosten nur noch weiter in die Höhe treiben wird.
China und Japan sind die größten Auslandsschuldner der USA. Sie reduzieren ihre Bestände bereits seit einiger Zeit. China könnte sie möglicherweise aber verstärkt auch als Vergeltung für die Zölle verkaufen. Hinzu kommt, dass auch Anleihen anderer Staaten mit stabileren politischen Aussichten derzeit attraktive Renditen bieten – USStaatsanleihen gelten nicht mehr als alternativlos.
Zudem gibt es Gerüchte, dass Trump Großgläubiger zur Umschuldung amerikanischer Staatsanleihen zwingen will. Das könnte den Anleihenmarkt der USA austrocknen lassen und wäre der Supergau für die Kapitalmärkte – die USA wäre praktisch zahlungsunfähig.
Unsere Einschätzung: Trump folgt nur seiner eigenen Logik - und die ist unberechenbar. Das Unmögliche wird möglich. Somit ist auch der Anleihenmarkt in USA in Gefahr. Wir haben auch die Gerüchte, Trump könnte große Auslandsgläubiger zur Umschuldung ihrer Anleihenbestände zwingen, zum Anlass genommen, US-Staatsanleihen bis auf weiteres zu meiden.
Marktkommentar von von Dr. Marc-Oliver Lux, Dr. Lux & Präuner GmbH Co. KG München.

Koalitionsvertrag bestätigt
