Wachsen und gedeihen
30.05.2013

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Agrarinvestments haftet der Makel der Spekulation an. Sie rücken vermehrt in die Kritik und werden für den zeitweise drastischen Preisanstieg bei einigen Agrarrohstoffen verantwortlich gemacht.
Die genossenschaftliche DZ Bank und ihr Tochterunternehmen, die Fondsgesellschaft Union Investment, haben sich erst jüngst vollständig aus der Spekulation mit Agrarrohstoffen zurückgezogen. Sind sie deshalb ein Tabu oder doch vertretbar? Ein gezielter Blick lohnt.
„Kurzfristige Spekulationen sind sowohl aus ethischer als auch aus Investitionssicht nicht tragbar“, sagt Steve Falci, Leiter Strategieentwicklung Nachhaltige Investments bei Kleinwort Benson Investors. Er bringt damit auf den Punkt, wovor sich viele Anleger fürchten. In einen Topf geworfen zu werden mit renditehungrigen Zockern, die auf Kosten des Elends und Hungers in weiten Teilen der Welt Geld verdienen möchten. Eine Dürre etwa treibt den Preis nach oben, mit Derivaten – Wetten auf einen sinkenden oder steigenden Preis – heizen Spekulanten den Wettbewerb zusätzlich an. Agrargüter sind eben schwankungsintensiv.
Während Weizen, Mais und Soja im Herbst letzten Jahres noch auf Rekordniveaus notierten, hat in den letzten Wochen eine scharfe Preiskorrektur stattgefunden. Verantwortlich hierfür waren auch die für das erste Quartal 2013 erhobenen Bestandsdaten für diese Hauptkulturen. Analysten hatten im Vorfeld mit niedrigeren Beständen gerechnet. Aktuell muss noch knapp 7 US-Dollar für den Scheffel (35 Liter)Weizen bezahlt werden – trotz des Preisverfalls immerhin noch ein Anstieg auf 3-Jahressicht um knapp 40 %. Die auf dem Markt angebotenen Aktienfonds grenzen sich deutlich von Agrarspekulationen ab, legen ihren Fokus beispielsweise eher auf Düngemittelhersteller oder Saatgutunternehmen. „Die langfristigen Anlagechancen basieren auf der starken strukturellen Nachfrage nach Agrarprodukten, die von Nahrungsmitteln, Futtermitteln und Treibstoff ausgeht. Die Nahrungsmittelnachfrage erhöht sich aufgrund der steigenden Bevölkerungszahlen, insbesondere in den Schwellenländern“, stellt Jonathan Blake, Manager des Baring Global Agricultural Funds, fest.
Effizienzsteigerung in Nahrungsmittelproduktion. Die meisten Fonds investieren in Unternehmen, die auf den ersten Blick wenig mit dem reinen Rohstoff zu tun haben. „Die Strategien sind auf keine Art und Weise ein Teil von jeglichen Spekulation mit Nahrungsmitteln oder in der Landwirtschaft. Wir glauben, dass Investitionen in unsere Fonds helfen, globale Probleme wie hohe Nahrungsmittelpreise, Nahrungsmittelknappheit und Wasserknappheit zu lösen“, sagt Kleinwort Benson Investors-Experte Falci. Gestiegene Agrarpreise reflektieren die knappen Lagerbestände im historischen Kontext, fügen Marktteilnehmer an. „Die zusätzliche Liquidität im Markt, die von Spekulanten herrührt, wirkt sich nicht richtungsändernd auf Agrarrohstoffe aus. Diese Veränderung wird nach meiner Meinung fundamental gestützt“, betont Blake. Die französische Amundi-Gruppe hat mittlerweile ihre drei Soft-Commodity-ETFs geschlossen und bietet nur noch einen aktiv gemanagten Fonds an, der sich ebenfalls auf landwirtschaftliche Dienstleistungen fokussiert, deren Geschäftstätigkeit mehr von den Produktionsvolumen als von den Rohstoffpreisen in der Landwirtschaft abhängt. Knapp 50 % der Werte sind US-amerikanischen Ursprungs, Archer Daniels Midland (ADM), Verarbeiter von Sojaschrot, Sojaöl, Palmöl, Ethanol, Fructosesirup und Backmehlen, ist die größte Einzelposition.
Hersteller von Landmaschinen wie Deere tauchen ebenso in den Portfolios auf wie Düngemittel- und Pflanzenschutzhersteller und renommierte Namen wie Bayer oder die K+S. Kernbotschaft: „Wir unterstützen nicht die Spekulation, sondern kümmern uns um eines der großen und drängenden Probleme der Menschheit, der Verschärfung des Angebots- und Nachfrageverhältnisses.“ Investitionen in Lagerhaltung, Logistik und der Ernteabsicherung sind ebenfalls enthalten. KBI-Fachmann Falci umreißt seinen Anlagensatz folgendermaßen: „Unternehmen, die Lösungen anbieten, um landwirtschaftlichen Erzeugern eine effizientere Arbeitsweise und steigende Ernteerträge zu ermöglichen, bieten eine signifikante Investitionsmöglichkeit.“ Dabei könnten auch führende Unternehmen von Nischendienstleistungen eine Rolle spielen.
Die Gründe für ein sinnstiftendes Investment in Agrarfonds liegen auf der Hand. Eine wachsende Weltbevölkerung kombiniert mit einem erhöhten Wohlstand und veränderten Ernährungsgewohnheiten in den Entwicklungsländern, wird die Nachfrage nach Nahrungsmitteln weiter treiben. Bis Mitte des Jahrhunderts wird eine Erhöhung der Nachfrage um mindestens 70 % erwartet, sagen Marktkenner. Hinzu kommt, dass das Angebot an anbaufähigem Ackerland für die Landwirtschaft begrenzt ist. Der Ertragssteigerung kommt hierbei eine wesentliche Funktion zu. „Die Technologie ist einer der wichtigsten Faktoren, besonders beim Saatgut. Hier besteht sie aus zwei Bereichen, nämlich Verbesserung des Keimgewebes (DNS des Saatguts) und zahlenmäßige Steigerung der Merkmale wie Toleranz gegen Insekten, gegen Dürre“, fügt Barings-Experte Blake aus.
Es gibt noch einen weiteren Rohstoff, den wir zwar genießen, wenn wir ihn sehen, aber nicht wirklich wahrnehmen. Die Rede ist vom Wald. Mit Fonds oder Zertifikaten wird man zwar nicht zum Waldbesitzer, sondern partizipiert vielmehr an möglichen Wertsteigerungen aus der Papierindustrie. Die auf Nachhaltigkeit spezialisierte Schweizer Privatbank Pictet bietet einen Waldfonds an, der weltweit mindestens 2/3 seines Vermögens in Aktien steckt, die in der Finanzierung, Bepflanzung und Verwaltung von Wäldern und Waldgebieten und/oder der Verarbeitung, Herstellung und dem Vertrieb von Holzprodukten tätig sind. Neben Nordamerika sind einige brasilianische Titel im Anlageportfolio enthalten. Auf Jahressicht legte der Fonds immerhin knapp 40 % zu und dies bei einer vergleichsweise moderaten Volatilität von 16 %. Die Nachfrage nach Holzprodukten steigt, insbesondere in den Emerging Markets. Wichtige Treiber sind China und Südkorea.
**Fazit
**Direkte Investments in Agrarrohstoffe sind hochspekulativ, äußerst riskant und defensiv nichts für langfristig orientierte Investoren. Agrarfonds, die gezielt in Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette investieren, grenzen sich hiervon ab. Fondsgesellschaften setzen auf Aktien von Unternehmen, die dabei mitwirken, den globalen Rohstoffhunger zu stillen: Düngemittelhersteller, Traktorenproduzenten oder Saatgutkonzerne. Sie sind eindeutig die bessere Variante.
(Alexander Heftrich)
Agrarinvestments - Printausgabe 03/2013
http://finanzwelt.de/wp-content/uploads/Uebersicht_aussichtsreicher_Agrarfonds.pdf

„Es geht um den sportlichen, nicht um den finanziellen Erfolg“
