Wann ist ein Versicherungsmakler wegen Depressionen berufsunfähig?

24.11.2023

Bernhard Gramlich, Fachanwalt für Versicherungsrecht & Fachanwalt für Verkehrsrecht der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte. Foto: © Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Die Alte Leipziger Lebensversicherung a.G. zahlt einen sechsstelligen Vergleichsbetrag in Streit um Berufsunfähigkeit durch Depression vor dem LG Hechingen. Mithilfe der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte erreichte der Versicherte vor dem LG Hechingen eine Vergleichszahlung der Alte Leipziger Lebensversicherung a.G. im Streit um Berufsunfähigkeit aufgrund von Depression.

Tätigkeit als selbständiger Versicherungsmakler

Gegen 07:15 Uhr morgens begann der Versicherungsmakler bereits seinen E-Mail-Eingang zu überprüfen. Neben angelaufener Post durch verschiedenste Versicherungsgesellschaften zu neuen Produkten und Tarifen erhielt er auch Kontaktanfragen von Neukunden sowie Anträge oder Mails von Bestandskunden. Diese las er zunächst und kontrollierte anschließend seine Courtageabrechnungen und stellte Unterlagen für seine Buchhaltung zusammen.

Ab 08.30 Uhr widmete er seine Zeit Rückrufen bei Kunden und Gesellschaften. Nach Gesprächen mit den Kunden fertigte der Versicherungsmakler stets eine Beratungsdokumentation an und ließ diese dem Kunden mit dem Vertragsvergleich zukommen. Ferner erstellte er auch Risikoanalysen, sowie individuelle Leistungsangebote und Angebotskombinationen.

Am späten Vormittag bearbeitete der Versicherungsmakler Schadensmeldungen. Diese besprach er in der Regel telefonisch mit dem Kunden und füllte die entsprechenden Anträge parallel aus.

Mittags prüfte der Versicherungsmakler Versicherungsscheine, die per Post eingegangen waren, auf Richtig- und Vollständigkeit. Anschließend pflegte er sie in die jeweilige Kundenakte ein.

Nachmittags befand sich der Versicherungsmakler in der Regel bei Außerhausterminen. Während der Autofahrt telefonierte er oftmals bereits mit weiteren Kunden und bearbeitete deren Anfragen, sobald er wieder im Büro war. Nach einigen weiteren Kundenterminen begab sich der Versicherungsmakler meist gegen 19.30-21:00 Uhr auf die Heimfahrt.

Berufsunfähig durch Depression?

Der Versicherungsmakler litt neben einer rezidivierenden depressiven Störung auch an allgemeiner Erschöpfung, Spannungskopfschmerz, Tinnitus rechts und einer Refluxösophagitis. Die Erkrankungen äußerten sich darin, dass der Versicherungsmakler stets müde und antriebslos war und schnell Kopfschmerzen und Ohrengeräusche bekam, sodass seine Konzentrationsfähigkeit schnell nachließ. Dies hatte zur Folge, dass der Versicherungsmakler keine Berechnungen und Bedarfsanalysen oder Kundenberatungen mehr durchführen konnte.

Ferner litt er ständig unter der Angst, Fehler in der Beratung zu machen. Aufgrund des Termin- und Erfolgsdrucks vor seiner Erkrankung hatte er ständig die Sorge, ob die Courtagen tatsächlich verdient seien. Er litt deswegen an Angst- und Panikattacken, welche mit Herzschmerzen, Kopfschmerzen, Magenschmerzen, Schweißausbrüchen, Schwindel sowie Übelkeit einhergingen.

Alte Leipziger Lebensversicherung a.G. erkennt befristet an

Aufgrund der Häufung der Beschwerden stellte der Versicherungsmakler einen Antrag auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente bei der Alte Leipziger Lebensversicherung a.G. (siehe hierzu auch Berufsunfähigkeit beantragen). Vor der Antragstellung erhielt der Versicherungsmakler Besuch von einem Mitarbeiter des Versicherers. Während des Gespräches überreichte der Versicherungsmakler dem Mitarbeiter des Versicherers Bilanzen, betriebswirtschaftliche Auswertungen und weitere wirtschaftliche Unterlagen. Anschließend erkannte die Alte Leipziger Lebensversicherung a.G. die Berufsunfähigkeit des Versicherungsmakler für einen Zeitraum von einem Jahr an und erklärte im selben Schreiben zugleich die Leistungseinstellung, da ab diesem Zeitpunkt keine 50% Berufsunfähigkeit mehr vorläge. Daraufhin reichte der Versicherungsmakler weitere Arztberichte ein, um seine fortdauernde Berufsunfähigkeit zu belegen. Die Alte Leipziger Lebensversicherung a.G. lehnte eine weitere Leistung jedoch weiterhin ab. Hiernach wandte sich der Versicherungsmakler an Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte.

Außergerichtliches Verfahren gegen den BU-Versicherer

Nachdem sich Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte einen Überblick über das Vertragswerk und die gesundheitliche Situation des Versicherungsmakler verschaffen konnten, forderten sie die Alte Leipziger Lebensversicherung a.G. unter Übersendung weiterer ärztlicher Unterlagen zur weiteren Leistungserbringung auf. Der Versicherer lehnte jedoch weiterhin die Leistungserbringung für die fortdauernde Berufsunfähigkeit ab. Der Versicherungsmakler entschied sich daraufhin, den Klageweg zu beschreiten.

Landgericht Hechingen als erste Instanz

Sodann erhoben die Rechtsanwälte für den Versicherungsmakler Klage vor dem Landgericht Hechingen. Dieses beraumte anschließend einen frühen ersten Termin an. Nach der Parteianhörung im Termin erlies das Gericht einen Beweisbeschluss zur Begutachtung des Versicherungsmaklers. Sodann wurde ein neuropsychologische Zusatzgutachten erstellt.

Auf der Grundlage dieses Gutachtens war die Alte Leipziger Lebensversicherung a.G. sodann bereit, Vergleichsgespräche aufzunehmen. Schlussendlich schlossen die Parteien dann einen Vergleich. Die Alte Leipziger Lebensversicherung a.G. zahlte daraufhin eine sechsstellige Vergleichssumme an den Versicherungsmakler.

Ein Gastbeitrag von Rechtsanwalt Bernhard Gramlich, Fachanwalt für Versicherungsrecht & Fachanwalt für Verkehrsrecht bei der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte.