Wiederauferstanden

20.06.2025

Foto: © HuynhThiThuy - stock.adobe.com

Europas Heterogenität wird vielfach ins Feld gezogen, wenn es um die mögliche Attraktivität des alten Kontinents geht. Dabei zeigt sich, dass vormalige Sorgenkinder durchaus Chancen haben, den Markt outzuperformen. So stand der italienische Aktienmarkt im 1. Quartal weit oben. Und eine spanische Bank ist das wertvollste Finanzinstitut Europas. Ein Blick auf zwei attraktive Mittelmeeranrainer.

Spanien ist nicht nur ein schönes Urlaubsland, es verfügt auch über Unternehmen mit Rang und Namen. So ist das spanische Finanzinstitut Santander eine Macht im europäischen Kontext. Mit mehr als 90 Mrd. Euro ist es die wertvollste Bank Europas – vor der Schweizer UBS, die sich geschlagen geben muss. Nach Medienberichten verfügen insbesondere die iberischen Finanzinstitute über eine stabile Zinsmarge und profitieren zudem vom guten wirtschaftlichen Umfeld in Spanien. Hinzu kommt die Präsenz in lukrativen Wachstumsmärkten in Südamerika.

Gestärkt aus der Krise

Die Iberer haben wirtschaftlich ordentlich Boden gut gemacht. Laut Germany Trade & Invest (GTAI) hat Spanien mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 3 % für 2024 einen Spitzenplatz in der EU. „Ihre Mitte November 2024 veröffentlichte Herbstprognose beziffert das durchschnittliche BIP-Wachstum in der EU auf 0,9 %. Gründe für die nach oben korrigierten Aussichten für Spanien sind unter anderem die gestiegenen öffentlichen und privaten Konsumausgaben. Für das Jahr 2025 erwartet die EU-Kommission einen BIP-Anstieg von 2,3 %, getrieben vor allem durch die Zunahme der Investitionen“, so das GTAI. Seit 2021 wächst Spanien überdurchschnittlich und ist für ausländische Investoren interessanter geworden. Die entsprechenden Direktinvestitionen machten in den vergangenen Jahren circa 3 % der Wirtschaftsleistung aus, weit über dem EU-Durchschnitt. Beeindruckende Zahlen. Das war nicht immer der Fall. Im Zuge der Corona-Pandemie rutschte die Wirtschaftsleistung der Spanier dramatisch ab. „So viel Ruhe wollte niemand“, lautete eine Überschrift von Zeit online vom Frühjahr 2020. Der Tourismus trug damals mehr als 14 % zur Wirtschaftsleistung bei. Die positive Entwicklung Spaniens wurde bereits Ende vergangenen Jahres vom Wirtschaftsmagazin Economist gewürdigt. Die entscheidenden Triebfedern für die Beschleunigung des Wachstums 2024 waren demnach die Rekordzahl ausländischer Touristen und der Zustrom von Zuwanderern, die offene Stellen besetzten. Der Arbeitsmarkt zeigte sich robust.

Bella Italia

Italien galt über Jahrzehnte als großes Sorgenkind in der Eurozone. Doch wider Erwarten schaffte es Regierungschefin Meloni, den Staatshaushalt besser unter Kontrolle zu bekommen. Das überzeugt die Marktteilnehmer. So hat die Ratingagentur DBRS den Ausblick für das Land Ende 2024 auf „positiv“ von zuvor „stabil“ hochgestuft. Damit kann das Land auf eine Höherstufung der Bonität in der näheren Zukunft hoffen. Die Verbesserung des finanzpolitischen Kurses wurde als Grund für den verbesserten Ausblick genannt. Auch Fitch hat die Kreditwürdigkeit Italiens leicht angehoben. Ein Grund für diesen positiven Wandel liegt im Ausbau von Erneuerbaren Energien. „Italien will von 2022 bis 2030 regenerative Energieanlagen im Umfang von 73 Gigawatt neu hinzubauen. Das Vorhaben scheint angesichts interessierter Investoren realistisch, wird aber über 2030 hinaus andauern. Der Branchenverband Confindustria Energia erwartet bis 2030 Investitionen von 230 Mrd. Euro“, so das GTAI. Die Bevölkerung steht hinter dem Ausbau der Erneuerbaren Energien. Eine Umfrage der Europäischen Investitionsbank im vergangenen Jahr ergab, dass zwei Drittel der Befragten der Bekämpfung des Klimawandels eine nationale Priorität einräumen. Ein hoher Wert innerhalb der EU. Zudem erhält die öffentliche Hand EU-Fördergelder für Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Das BIP soll zwar im laufenden Jahr nur durchschnittlich steigen, aber immerhin mehr als der vergleichbare Anstieg in Deutschland. Das hat auch die Börse erkannt. Der FTSE MIB hat 2023 und 2024 positive Signale an die Marktteilnehmer gesendet. Auch das 1. Quartal 2025 konnte überzeugen. Der Leitindex lag unter den Top 5 der internationalen Börsenplätze. Insbesondere die starke Stellung der Finanzwerte konnte den Index in die Höhe hieven. Allerdings ist auch das Land zwischen Mailand und Neapel nicht frei von Sorgen. Die Bevölkerung altert und notwendige Strukturreformen kommen nur zäh voran.

Fazit

Spanien und Italien sind aktuell nicht mehr die ganz großen Sorgenkinder in der EU. Beide haben einige Hausaufgaben erledigt und konnten die Finanzakteure überzeugen. Insbesondere die Finanzinstitute beider Länder sind gut aufgestellt. Mit Blick nach vorne durchaus interessante Investmentalternativen! (ah)

Andere ThemenAktienmärkteEuropa