Aktien: Die Mär vom billigen DAX

26.04.2021

Dr. Marc-Oliver Lux, Geschäftsführer Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG in München / Foto: © Dr. Lux & Präuner

Seit Jahren lautet das Credo der Analysten: Deutsche Aktien sind für Neuanlagen vorzuziehen, weil preiswerter und deshalb attraktiver als amerikanische. Aber stimmt das auch?

Beim genaueren Blick entpuppt sich der billige DAX leider als Illusion. Dass die deutschen Topunternehmen seit Jahren vergleichsweise geringer bewertet sind, hat nämlich einen handfesten Grund: Die Amerikaner halten ihre eigenen Gewinnprognosen und die der Analysten regelmäßig einfach zielgenauer ein als die deutschen Konzerne.

Sicher: Die Kurse vieler US-Aktien, vor allem im Technologiebereich, sind kräftig gestiegen und deshalb teuer im langfristigen Mittel, abzulesen auch am Kurs-Gewinn-Verhältnis: Anleger bezahlen derzeit die 30 DAX-Unternehmen mit dem 16-fachen Jahresgewinn, was leicht über dem langfristigen Durchschnitt liegt. Die Dow-Jones-Werte hingegen kosten den 35-fachen Gewinn, sind also doppelt so teurer. Das liegt auch daran, weil deutsche Aktien im längerfristigen Vergleich häufig weniger stark zugelegt haben. So hat sich der Dow Jones seit der Finanzkrise 2009 mehr als vervierfacht, der DAX „nur“ verdreifacht.

Seit 2012 weist der Dow Jones deutlich höhere Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) auf als der DAX. Kosteten deutsche Aktien üblicherweise das 15-fache der erwarteten Jahresgewinne, waren Aktien in den USA mit dem Faktor 20 stets deutlich teurer. Der Abstand weitete sich aber in der jüngeren Vergangenheit offensichtlich sogar aus.

Was bei der KGV-Rechnung missachtet wird: Sie gilt immer für die prognostizierten Gewinne – nicht aber für die am Ende eines Jahres tatsächlich erwirtschafteten Erträge. Das führt zum entscheidenden Punkt: Am Ende lieferten die deutschen Unternehmen in all den Jahren nie, was sie und vor allem was Analysten sich von ihnen versprachen. Viele Jahre stagnierten die Gewinne der 30 DAX-Konzerne, obwohl die Prognosen immer davon ausgingen, die Unternehmen würden ihre Gewinne um zehn bis 15 Prozent steigern. Und das Jahr für Jahr.

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