Die LV-Marktstudie 2023 ist da

23.02.2023

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Die Rating-Agentur Assekurata veröffentlichte heute die 21. Auflage ihrer jährlichen Untersuchung zu Überschussbeteiligungen und Garantien deutscher Lebensversicherer vor. In diesem Jahr nahmen 43 Unternehmen teil, welche nach Prämieneinnahmen einen Marktanteil von 70 % ausmachen. Die Studie ist eine der umfangreichsten Untersuchungen zu LV-Produkten und -garantien in Deutschland. Die Untersuchung verdeutlicht, wie Altersvorsorgeverträge aus den Bereichen Klassik, Neue Klassik und Indexpolicen aktuell verzinst werden und mit welchen Renditen Kunden rechnen können. In diesem Jahr legt die Analyse außerdem ein besonderes Augenmerk auf Fondspolicen.

Die Anpassungen des Leitzinses durch die EZB haben in 2022 die Rahmenbedingungen für Lebensversicherer deutlich verändert. „Die aktuelle Deklarationsrunde der Lebensversicherer steht damit erstmals seit langer Zeit wieder im Zeichen steigender Marktzinsen“, erklärt Dr. Reiner Will, Geschäftsführer Assekurata Assekuranz Rating-Agentur, auf der heutigen Pressekonferenz. „Allerdings spiegeln sich diese in den Überschussbeteiligungen erst allmählich wider.“

Laufende Verzinsung steigt gegenüber dem Vor­jahr an

Die Studie zeigt, dass 13 Teilnehmer die laufende Verzinsung in der privaten Rentenversicherung gegenüber dem Vorjahr angehoben hat. Kein Versicherer hat eine Absenkung vorgenommen. Im Durchschnitt stieg die Verzinsung für einen Referenztarif mit Garantiezins damit von 1,25 % auf 2,14 % in 2023 nach 2,01 % in 2022. Die 13 Anbieter, die ihre Verzinsung angehoben haben liegen bei durchschnittlich 2,26 %. Wenn alle klassischen Produktarten und Tarifgenerationen aus der Studie berücksichtigt werden, stieg die laufende Verzinsung 2023 auf 2,62 % (2022: 2,55 %). „Marktweit steigt damit die Überschussbeteiligung gegenüber dem Vorjahr an. Dies hat historischen Charakter, erfolgte dies doch letztmals vor 15 Jahren“, erläutert Will.

Dabei weisen größere Unternehmen tendenziell ein etwas höheres Deklarationsniveau auf, entsprechend liegt der gewichtete Durchschnitt hier bei 2,76 % (2022: 2,69 %).

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Quelle: Assekurata[/caption]

„Dass sich der abrupte Zinsanstieg am Kapitalmarkt nicht eins zu eins bei den Überschussbeteiligungen niederschlägt, ist den Eigenschaften des Geschäftsmodells geschuldet“, kommentiert Will. „Einerseits dauert es viele Jahre, bis der höhere Marktzins in der Kapitalanlage von Lebensversicherern ankommt, andererseits sind durch die Zinswende stille Lasten in den Bilanzen entstanden.“ Aus Sicht des Assekurata-Geschäftsführers sei es daher nicht verwunderlich, dass viele Lebensversicherer in ihrer Überschusspolitik noch zurückhaltend seien, wenngleich sich die langfristige Ertragsperspektive mit dem Zinsaufschwung verbessert habe.

Die deklarierte Gesamtverzinsung, die neben den laufenden Überschüssen auch Schlussüberschusskomponenten berücksichtigt, korrespondiert mit der Entwicklung bei der laufenden Verzinsung. Für den Mustervertrag einer privaten Rentenversicherung ist sie im Branchenschnitt um elf Basispunkte auf 2,81 % (2022: 2,68 %) gestiegen. „Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren kommt bei den meisten Anbietern zum Vertragsende allerdings keine weitere Beteiligung an den Bewertungsreserven mehr hinzu“, ergänzt Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei Assekurata. „Hier wirken sich die stillen Lasten der Zinsanlagen in den Büchern der Lebensversicherer unmittelbar aus, wodurch häufig keine zu verteilenden Bewertungsreserven mehr vorhanden sind.“

Neue Klassik bei der Verzinsung leicht im Vorteil

Auch die sogenannte Neue Klassik wurde in der aktuellen Studie untersucht. Tarife dieses Segments basieren wie klassische Versicherungen auf einer konventionellen Überschusssystematik sowie dem Ausgleich im Kollektiv und der Zeit. Ein zentraler Unterschied liegt jedoch in der Ausgestaltung der Garantien. Diese liegen hier niedriger als in der Klassik und sind in der Regel endfällig gestaltet. Die untersuchten Tarife enthalten dementsprechend keine vollständige Garantie für den Erhalt der eingezahlten Beiträge (100 % Bruttobeitragsgarantie). Es gibt stattdessen eine reduzierte Bruttobeitragsgarantie von ca. 90 %.

Die laufende Verzinsung der untersuchten Neugeschäftstarife liegt aktuell bei durchschnittlich 2,19 % (2022: 2,05 %) und damit nur leicht über den Zinsen der Klassik. Betrachtet man die Unternehmen individuell, die Angaben für beide Produktsegmente gemacht haben, ist der Überschussvorteil der Neuen Klassik mit 2,31 % (Klassik: 2,21 %) etwas höher. Auch bei der illustrierten Beitragsrendite ist die Neue Klassik im Vorteil, wobei die Tarife hinsichtlich der Überschussverwendung nicht einheitlich konzipiert und daher nicht vollständig vergleichbar sind. „Auch bei neuen klassischen Rentenversicherungen können die Überschüsse nicht so schnell wie der Marktzins steigen, da die Sparprozesse hier ebenfalls langfristig ausgerichtet sind“, resümiert Lars Heermann.

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Quelle: Assekurata[/caption]

Größerer Anstieg bei Einmalbeiträgen

Deutlich unmittelbarer reagieren die Lebensversicherer hingegen im kürzer laufenden Einmalbeitragsgeschäft. Hier hat Assekurata im Rahmen der Untersuchung festgestellt, dass die Überschussbeteiligungen insbesondere in den ersten Vertragsjahren gegenüber dem Vorjahr spürbar angezogen haben. „Der Zinsanstieg wirkt sich bei Einmalbeitragspolicen somit stärker aus als bei Versicherungen gegen laufenden Beitrag“, stellte Heermann fest. „Offenbar verfolgen die Lebensversicherer das Ziel, im Zinswettbewerb gegenüber Banken weiterhin bestehen zu können.“ Außerdem passt dieses Vorgehen zur derzeit inversen Zinsstrukturkurve am Kapitalmarkt, bei der Anleihen mit kurzen Laufzeiten bisweilen höher rentieren als Langfristanlagen.

Die vollständige Marktstudie 2023 inklusive Einzelauswertungen kann hier bestellt werden. (lb)