Einzelhandel weiter auf Wachstumskurs

17.09.2019

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Läuft der Markt zu heiß?

Nach Ansicht der von der Hahn Gruppe befragten Investoren/Kreditbanken gibt es am Immobilien- Investmentmarkt vermehrt Anzeichen durchaus Anzeichen für eine Marktübertreibung. So gaben 82 % der Befragten an, gewisse Tendenzen einer Überhitzung zu beobachten, im Vorjahr äußersten sich nur 73 % in dieser Weise. Deutlich reduziert hat sich hingegen die Zahl derjenigen, die deutliche Überhitzungstendenzen sehen: Deren Anteil ist um acht Prozentpunkte auf 9 % zurückgegangen. Trotz dieser Sorgen bleiben die Marktteilnehmer für die Assetklasse der Handelsimmobilie nach wie vor optimistisch. So rechnen 59 % der Befragten mit stabilen Renditen, 18 % glauben, dass die Erträge fallen werden. Mit einem Renditeanstieg in den kommenden 12 Monaten rechnen nur 13 %.

Besonders positiv werden die Objekttypen Fachmarktzentren bzw. Fachmarktagglomerationen eingeschätzt. Die befragten Immobilieninvestoren/Banken rechnen hier zu 41 %  mit weiter sinkenden Renditen, nur 11 %  erwarten steigende Renditen. Bei Supermärkten/Discountern rechnen gar nur 9 %  der Befragten mit steigenden Renditen. Kritisch sehen die Akteure hingegen das Segment der Shopping- Center: 52 %  der Befragten erwarten für dieses Segment in den nächsten 12 Monaten steigende Renditen.

Bestätigt wird die differenzierte Erwartungshaltung der Investoren durch die Berechnungen von CBRE: So sind in den vergangenen Jahren über alle Assetklassen hinweg die Nettoanfangsrenditen unter Druck gestanden und haben nachgegeben. Aufgrund der zunehmenden Selektivität der Investoren bei einzelnen Anlageklasen des Handelssegments sind aber wieder steigende Renditen zu verzeichnen. Während auf der einen Seite die weiterhin hohe Nachfrage bei einem sich zunehmend verknappenden Angebot zu einer weiteren Renditekompression im Segment der Fachmarktobjekte führte, stiegen auf der anderen Seite die Spitzenrenditen für Shopping-Center in den ersten beiden Quartalen des Jahres 2019 an. So liegt die Nettoanfangsrendite für erstklassige Core-Investments in Fachmarktzentren zur Jahresmitte bei 4,15, für Shopping-Center an A-Standorten bei 4 %, in B-Standorten bei 4,85 %. Somit wird deutlich, dass der Markt für Shopping-Center sich in einer merklichen Konsolidierungsphase befindet und Investoren verstärkt auf andere Handelsimmobilien ausweichen. Somit verringert sich der Spread zwischen erstklassigen Shopping-Centern und Fachmarktzentren, der aktuell bei 15 Basispunkten liegt. Bei den Spitzenrenditen für innerstädtische Geschäftshäuser zeigte sich ebenfalls eine leichte Aufwärtsbewegung. Nachdem die Nettoanfangsrendite der Top-5-Standorte seit dem zweiten Quartal 2018 im Durchschnitt stabil bei 3 % lag, ist sie im zweiten Quartal 2019 leicht um 2 Basispunkte auf 3,02 %  gestiegen, bedingt durch einen leichten Anstieg der Spitzenrendite für 1A-Handelsimmobilien in München – Deutschlands teuerstem Standort – um 10 Basispunkte auf 2,70 %.

Gibt es bald nur noch „Einzelhandel“?

Ein immer größerer Teil der Einkäufe wird inzwischen bequem vom Sofa aus erledigt. Jedoch hat sich der Wachstumskurs des Online-Handels im vergangenen Jahr abgeschwächt und fielt mit 9 % erstmals seit langem wieder einstellig aus. Im Vorjahr betrug das Wachstum des Online-Handels noch 10,6 %. Beim zurückgehenden Wachstum des Online-Handels sollte allerdings auch berücksichtigt werden, dass aufgrund des Basis-Effekts es immer schwieriger wird, hohe relative Wachstumsraten zu erzielen. Laut Ralf-Peter Koschny könnten diese Zahlen allerdings bald völlig der Vergangenheit angehören. So verwischen laut dem bulwiengesa-Vorstand die Grenzen zwischen stationärem Handel und Online-Handel immer mehr, sodass bald keine klare Trennung mehr vorzunehmen sei und deshalb eine getrennte Erhebung wenig sinnvoll sei. Als Beispiel hierfür nannte er die zunehmende Möglichkeit von Click and Collect. Diese zunehmende Verwischung gehe auch vom Online-Handel aus. Bspw. eröffnet Amazon stationäre Ladengeschäfte. Aus diesem Grund glaubt Koschny auch nicht, dass der stationäre Einzelhandel eine aussterbende Spezies ist. „Der stationäre Handel wird immer seine Berechtigung haben“, so der Immobilienexperte. Um im Markt aber bestehen zu können, sei es für den stationären Einzelhandel aber wichtig, sich zu spezialisieren. (ahu)