ESMA-Empfehlung zu Cat Bonds sorgt für Diskussionen

08.10.2025

Exklusiv

finanzwelt: Warum sind CAT-Bonds für Privatanleger attraktiv?

Grieger: Die Rückversicherungsbranche verfügt gegenüber dem Kapitalmarkt über zwei entscheidende Vorteile, die sich im fehlenden kausalen Zusammenhang zwischen Naturkatastrophenereignisse zueinander ausdrückt, wohingegen Finanzmarktereignisse häufig untereinander wechselwirken.

Darüber hinaus ist die Korrelation von Naturkatastrophenrisiken und Finanzmarktrisiken nur schwach ausgeprägt. Dieser Sachverhalt führt zu einer stabilen und tiefen Korrelationseigenschaft, was die Diversifikationsqualität herkömmlicher Kundenportefeuilles wesentlich verbessert.

Das Diversifikationsversprechen von CAT Bonds wurde eindrücklich eingehalten, wie die Jahre 2001 (dot.com), 2008 (Finanzkrise), 2020 (Coronakrise) und 2022 (Ukraine und Inflation) aufzeigen. CAT Bond Investoren tragen zudem kein Konkursrisiko des Versicherers und die Zinsänderungsrisiken sind durch die Floater-Eigenschaft von CAT Bonds minimiert. Das Rückversicherungsgeschäft weist einen weiteren großen Vorteil auf: Kurze Amortisationszeiten nach dem Eintreten eines Schadenereignisses, da die Prämien in der Folge grundsätzlich stark steigen. Die strategische Allokation im Kundendepot kann bis zu 5% betragen.

Die fundamentalen Wachstumstreiber der Rückversicherungsbranche – demografische, ökonomische und klimatische Entwicklungen – bleiben intakt und wirken langfristig wachstumsfördernd. Die wachsende Nachfrage nach Versicherungskapazitäten bei gleichzeitig begrenztem Angebot schafft nicht nur attraktive Anlagemöglichkeiten, sondern leistet auch einen gesellschaftlich wertvollen Beitrag, indem sie den Zugang zu essenziellen Versicherungsleistungen sichert.

finanzwelt: CAT-Bonds werden stets in Verbindung mit den Hurrikans in der Karibik in Verbindung gebracht. Das ist weit weg. Ist das mit ein Grund für die mangelnde Akzeptanz dieses Produktes in Europa?

Grieger: Das stetige und in den letzten drei Jahren besonders starke Wachstum der in Europa zum Vertrieb zugelassenen Fonds zeigt deutlich, dass die Akzeptanz von CAT Bonds kontinuierlich zunimmt. Dass der CAT-Bond-Markt stark von den USA geprägt ist, bedeutet keineswegs eine geringere Akzeptanz. Ganz im Gegenteil: Für die Absicherung von US-Hurrikanrisiken werden besonders hohe Prämien gezahlt. Nur weil ein Unternehmen im übertragenen Sinne „Autos in Übersee verkauft“, heißt das nicht, dass dieser Teil des Konzernumsatzes weniger wertgeschätzt wird.

Allerdings stößt der Klimawandel bei Ersteinsteigern häufig auf Verständnisprobleme. Viele Anleger tun sich anfangs schwer, zu erkennen, dass der Klimawandel – ebenso wie andere Wachstumstreiber – in erster Linie ein Faktor für das Marktwachstum ist und keine unmittelbare Bedrohung für die Performance darstellt. Dabei wirken andere Wachstumstreiber, wie demografische oder ökonomische Entwicklungen, oft sogar stärker auf den Anstieg der versicherten Schäden ein als der Klimawandel selbst.

Dieser scheinbare Widerspruch lässt sich durch zwei zentrale Mechanismen erklären: die Funktionsweise des CAT-Bond-Marktes und die Wechselwirkungen von Angebot und Nachfrage im Rückversicherungssektor. CAT Bonds decken in der Regel Einzelereignisrisiken ab, sogenannte „Top-Layer-Risiken“. Das bedeutet, dass Anleger erst dann Verluste erleiden, wenn ein Schaden ein sehr hohes Niveau erreicht – häufig erst ab einem versicherten Gesamtschaden von rund 40 Milliarden USD.

Die größten Zuwächse der wetterbedingten Schäden stammen aus Extremwetterereignissen, die zwar häufiger auftreten, deren Schadenssummen jedoch in der Regel unterhalb dieser Schwellenwerte bleiben. In solchen Fällen sind vor allem die Erstversicherer betroffen, während CAT-Bond-Anleger meist verschont bleiben.

finanzwelt: Das Ahrtal-Hochwasser ist Vielen noch in Erinnerung. Kamen da CAT-Bonds zu Einsatz – oder wurde die Katastrophe dafür genutzt, um für CAT-Bonds zu werben?

Grieger: In Deutschland ist der Versicherungsschutz gegen Elementarschäden nicht obligatorisch. Nichtsdestotrotz belasten Elementarschäden die Versicherungsindustrie, so lag beim Hochwasser im Ahrtal der versicherte Schaden bei rund EUR 8,5 Mrd. Jedoch wurde dieses Hochwasserrisiko nicht über CAT Bonds an den Kapitalmarkt transferiert. Wir beobachten daher auch ein zunehmendes Interesse von Versicherungen, den Risikotransfer über CAT Bonds zukünftig zu nutzen.

Jede Naturkatastrophe macht auf eindrückliche Weise deutlich, wie wichtig es ist, sich gegen Naturgefahren abzusichern. Nach einem Schadensereignis steigt das Bedürfnis nach Absicherung naturgemäß stark an – nicht zuletzt, weil das Risikoempfinden geschärft wird und gleichzeitig die Risikotragfähigkeit der Versicherungsnehmer teilweise erheblich sinkt.

finanzwelt: Emissionserlöse der SPV-Anleihen werden in US-Geldmarktfonds geparkt. Angesichts der jüngsten Diskussionen um die Unabhängigkeit der Fed – steckt nicht hier das eigentliche Risiko?

Grieger: Es handelt sich hierbei nicht um das eigentliche Risiko, sondern um ein zusätzliches. Dabei sollte jedoch nicht vergessen werden, dass es sich um sehr kurzfristige Staatsschulden handelt. Sollte eine Umschuldung anstehen oder der amerikanische Staat seine Schulden nicht mehr bedienen können, wären eher die langfristigen Schulden einem Abschreibungsrisiko ausgesetzt als die kurzfristigen. Insofern ist das Risiko in diesem Kontext als relativ begrenzt einzuschätzen. (ah)