Geschäftsbanken und Sparkassen unter Druck
28.08.2025

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Neobanken wie Trade Republic, Scalable oder Revolut sind in aller Munde. Konkrete Einblicke in deren Erfolge sind jedoch selten, da sie nicht börsennotiert und Zahlen kaum verfügbar sind. Das Deutsche Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung (DIVA) wollte deshalb wissen, inwieweit Neobanken in der Bevölkerung angekommen sind. Dazu befragte es im Juli 2025 gemeinsam mit dem Marktforschungsinstitut INSA-CONSULERE rund 2.000 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger in Deutschland.
Mehr als die Hälfte der Befragten (51,7 Prozent) gab an, über ein oder auch mehrere Wertpapierdepots zu verfügen, unter diesen 43,0 Prozent (auch) bei einem Neobroker. Besonders hoch ist der Anteil der Neobroker-Nutzer in den Altersgruppen bis 29 Jahre (59,1 Prozent) und bis 49 Jahre (58,1 Prozent). Aber auch unter den über 65-Jährigen sind sie noch mit 10,3 Prozent vertreten. „Neobanken sind erst seit knapp 10 Jahren am Markt. Die Vollbanklizenz erhielt etwa Trade Republic Ende 2023. Angesichts dessen ist die Geschwindigkeit der Marktdurchdringung bemerkenswert. Offensichtlich treffen Neobanken den Nerv der Menschen, wenn es um ihre Bankgeschäfte geht“, erläutert Prof. Dr. Michael Heuser, Wissenschaftlicher Direktor des DIVA.
Einfach, kostengünstig und attraktive Verzinsung
Die Erfolgsfaktoren der Neobanken sind intuitive Apps für den Handel mit Aktien, ETFs und Kryptowährungen, eine unkomplizierte Depoteröffnung sowie äußerst niedrige Gebühren auch für Kleinstaufträge. Mit dem Erwerb der Vollbanklizenz konnte das Angebot um ein Girokonto und eine Debitkarte erweitert werden. Der Clou sind nicht zuletzt Guthabenzinsen auf Sichteinlagen in Höhe des EZB-Zinses. „Die Neobanken haben konsequent die ‚grüne Wiese‘ genutzt und frei von Altlasten voll auf die digitale Karte gesetzt. Das bringt erhebliche Kostenvorteile, die den nötigen Freiraum für niedrige Gebühren und die attraktive Guthabenverzinsung schaffen. Und was die Usability angeht, sind die Apps unschlagbar. Zudem ist es ihnen gelungen, besser mit den regulatorischen Vorgaben bei der Depot- und Kontoeröffnung umzugehen“, so Heuser.
Banken und Sparkassen reagieren
Die etablierten Banken und Sparkassen spüren den Druck. So bringt die Deutsche Bank in diesen Tagen ihre überarbeitete Banking-App auf den Markt, um sich besser auf Klein-Transaktionen einzustellen. Die Sparkassen wollen noch in diesem Jahr mit einer neuen Trading-App nachziehen. Und die Targo-Bank ist seit Juli mit ihrem Neobroker „Joe Broker“ in Stellung. Derweil setzt die Commerzbank auf die etablierte Comdirect. Dazu Heuser: „Einfache Apps sind Pflicht. Das ist aber nicht ausreichend. Man wird sehen, ob die etablierten Anbieter es schaffen, auch Abwicklungsprozesse wie zum Beispiel Depoteröffnungen zu verschlanken. Und die Kür bestünde darin, einen Teil der bisherigen Margen an die Kunden weiterzugeben, um im Preiswettbewerb mitzuhalten.“
Kometen oder stabile Planeten?
Wie das Rennen weitergeht, ist aber nicht nur eine Frage der Reaktion der Wettbewerber, die natürlich ihre Finanzkraft, Erfahrung und Kompetenz einsetzen, um den Vorsprung der Newcomer aufzuholen. Auch die Neobroker selbst stehen vor großen Herausforderungen. Es gibt dort keine Beratung, auf die aber viele großen Wert legen, vor allem wenn es um den langfristigen Vermögensaufbau geht. „Ganz sicher sind sich viele, die bei Neobanken mit Einzelwerten oder Kryptowährungen traden, der Risiken dieser Anlageformen nicht bewusst. Man wird sehen, wie die Reaktionen sind, wenn plötzlich Kursverluste die Laune verderben“, sagt Heuser.
Eine weitere Achillesferse ist der Kundenservice, den es faktisch nicht gibt. Die Menschen sind ausgesprochen empfindlich, wenn bei Unklarheiten mit ihrem Geld nicht sofort jemand erreichbar ist. Chat-Bots sind da nicht jedermanns Sache und helfen am Ende oft nicht wirklich. Auch die Stabilität der Plattformen war in letzter Zeit anfällig. Wenn aber die Kurse schnell sinken und das Depot via App nicht angesteuert werden kann, ist die Verärgerung groß. Und in Einzelfällen hat sich auch schon die BaFin mit durchaus rigiden Eingriffen eingeschaltet, insbesondere wenn es Mängel im Risikomanagement gab.
„Payment-for-Order-Flow“-Verbot: Comeback der etablierten Anbieter?
Die wohl größte Bewährungsprobe für die Neobanken ist aber das im Sommer 2026 anstehende Verbot des so genannten „Payment-for-Order-Flow“. Denn bisher finanzieren sich Neobroker in weiten Teilen aus Rückvergütungen, die sie von Handelsplätzen (Kurssteller) erhalten – eine Praxis, die wegen ihrer Intransparenz künftig untersagt sein wird. Was zudem kaum bekannt ist: Die Preisstellung beim Handel (Kauf- bzw. Verkaufskurse) kann für den Kunden deutlich ungünstiger sein als bei anderen Instituten. Günstigen Odergebühren und Guthabenzinsen würden dann möglicherweise höhere Kosten aus überhöhten Handelsmargen gegenüberstehen. Für den Kunden lässt sich dies nur überprüfen, wenn er zum Zeitpunkt der OrderAusführung einen Kursvergleich mit anderen Plattformen hat. Das ist viel Aufwand.
Hinzu kommt: Die meisten Nutzer hegen mangels Kenntnis überhaupt keinen Verdacht. Fest steht in jedem Falle: Den Neobanken bricht mit dem Verbot die wichtigste Einnahmequelle weg. Ihre Reaktionsmöglichkeiten sind begrenzt. Mit Gebührenerhöhungen verlieren sie Wettbewerbsvorteile. Ein Versuch, die Aufgaben des Börsenmaklers selbst wahrzunehmen und so die Handelsmarge zu bestimmen und einzustreichen, könnte wegen der damit verbundenen Interessenkonflikte die Aufsichtsbehörden auf den Plan rufen. Dazu Heuser: „Die Karten im Wettbewerb werden durch das Verbot ganz neu gemischt, möglicherweise wandern Trümpfe zurück in die Hände der etablierten Anbieter. Das gilt vor allem dann, wenn diese in den Schlüsselbereichen ihre Hausaufgaben machen und so mit den Neobanken gleichziehen können.“ (fw)

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