Grenzüberschreitender Versicherungsschutz: Was bei Umzug oder Zweitwohnsitz zwischen D und AT gilt

20.08.2025

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Die Mobilität innerhalb Europas nimmt zu – und mit ihr der Bedarf an rechtssicheren und lückenlosen Versicherungslösungen über Ländergrenzen hinweg. Besonders zwischen Deutschland und Österreich, die sich nicht nur Sprache und Kultur, sondern auch zahlreiche rechtliche Gemeinsamkeiten teilen, ist ein Wechsel des Wohnsitzes keine Seltenheit: Studierende, Berufstätige, Ruheständler oder Grenzgänger pendeln regelmäßig oder verlagern ihren Lebensmittelpunkt ganz oder teilweise in das jeweils andere Land. Trotz vieler Parallelen gelten beim Versicherungsschutz jedoch nationale Besonderheiten, insbesondere bei Haftpflicht-, Kranken-, Renten- und Sachversicherungen.

Meldeadresse, Hauptwohnsitz und Versicherungspflicht

Ein zentrales Kriterium für die Frage, welches Versicherungsrecht gilt, ist der gewöhnliche Aufenthaltsort. Wer seinen Hauptwohnsitz – also den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen – verlegt, unterliegt grundsätzlich den rechtlichen Vorschriften des neuen Wohnsitzlandes. Das betrifft nicht nur die Sozialversicherungspflicht, sondern kann sich auch auf private Versicherungsverträge auswirken.

In Deutschland besteht unter anderem eine gesetzliche Pflicht zur Kfz-Haftpflichtversicherung sowie – abhängig von der Berufsausübung – zur Berufshaftpflicht. Eine private Haftpflichtversicherung ist hingegen freiwillig.

In Österreich sind vergleichbare Regelungen in Kraft: Auch hier ist die private Absicherung gegen Schadenersatzforderungen gesetzlich nicht vorgeschrieben, wird jedoch von Verbraucherorganisationen und Versicherern ausdrücklich empfohlen.

Bestehende Versicherungsverträge aus dem Herkunftsland gelten im Zielland nicht zwangsläufig weiter – insbesondere dann nicht, wenn der Wohnsitz dauerhaft verlagert wird oder der Vertrag eine Wohnsitzbindung vorsieht.

Privathaftpflicht: Länderspezifische Unterschiede beachten

Ein Beispiel für potenzielle Versicherungslücken ist die private Haftpflichtversicherung. Diese schützt vor finanziellen Folgen, wenn Versicherte fahrlässig Dritten einen Schaden zufügen – etwa bei Sachbeschädigung oder Personenschäden. Laut einer Veröffentlichung auf capital.de verfügten im Jahr 2018 nur rund 83 % der Haushalte in Deutschland über eine private Haftpflichtversicherung. Für Österreich liegen keine exakten Zahlen vor, nach Angaben der österreichischen Versicherungswirtschaft ist die Verbreitung ebenfalls hoch, aber nicht flächendeckend.

Ein häufiger Irrtum besteht darin zu glauben, dass eine deutsche Haftpflichtpolice nach einem Umzug nach Österreich unverändert weitergelten kann. Je nach Vertragsbedingungen kann es jedoch zu Einschränkungen kommen – etwa dann, wenn der Vertrag an einen deutschen Wohnsitz gebunden ist oder nur temporäre Auslandsaufenthalte abdeckt. Für Personen, die ihren Wohnsitz in Österreich begründen, empfiehlt es sich daher, den Versicherungsschutz vor Ort zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen.

Mehrere österreichische Anbieter bieten digital abschließbare Haftpflichtversicherungen an, die speziell auf das österreichische Rechtssystem ausgerichtet sind. Eine solche Haftpflichtversicherung deckt in der Regel Schäden im privaten Alltag ab, etwa durch Kinder, Haustiere oder Fahrradunfälle im Straßenverkehr. Die genauen Leistungen variieren je nach Tarif.

Zweitwohnsitz und Doppelversicherung – was ist erlaubt?

Auch bei einem Nebenwohnsitz im jeweils anderen Land können sich Auswirkungen auf bestehende Versicherungen ergeben. Wer beispielsweise einen Zweitwohnsitz in Österreich anmeldet – etwa als Pendler oder Ferienhausbesitzer – sollte prüfen, ob deutsche Policen für diesen Wohnsitz gelten. Einige Versicherer schließen Risiken außerhalb des Hauptwohnsitzes aus oder bieten nur zeitlich begrenzten Auslandsversicherungsschutz, beispielsweise für maximal ein Jahr.

Wer beispielsweise für mehrere Monate in Wien lebt oder eine Immobilie in Tirol nutzt, sollte bei Haftpflicht- und Haushaltsversicherungen genau klären, ob der bestehende Schutz greift. Je nach Situation kann es sinnvoll sein, eine explizit grenzüberschreitende Police zu wählen oder ergänzend einen lokalen Vertrag abzuschließen. Eine Doppelversicherung – also zwei Verträge mit identischem Leistungsumfang – ist rechtlich möglich, muss jedoch mit den Versicherern abgestimmt werden, da es im Schadensfall zu einer sogenannten „Quotenregelung“ kommen kann. In der Praxis ist eine Doppelabsicherung oft teuer und vermeidbar.

Sonderfall Studierende und junge Berufstätige

Für junge Menschen, die zum Studium oder Berufseinstieg nach Deutschland oder Österreich ziehen, stellt sich häufig die Frage nach einer geeigneten Versicherung. In Deutschland können Studierende oft über die Familienhaftpflicht ihrer Eltern mitversichert sein – dies gilt allerdings in der Regel nur bis zu einem bestimmten Alter und solange sie im gleichen Haushalt leben oder sich der Aufenthalt im Ausland als vorübergehend einordnen lässt. Ein dauerhafter Umzug ins Ausland kann diesen Status beeinflussen – abhängig von den konkreten Vertragsbedingungen.

Auch studentische Auslandskrankenversicherungen gelten in vielen Fällen nur für befristete Zeiträume. Deshalb sollten Studierende frühzeitig prüfen, ob eine eigenständige Haftpflichtversicherung im neuen Wohnsitzland notwendig wird.

In Österreich bieten zahlreiche Anbieter auf junge Erwachsene zugeschnittene Einsteigertarife an. Diese lassen sich in vielen Fällen unkompliziert online abschließen und können bei Bedarf um Rechtsschutz- oder Haushaltsversicherungen ergänzt werden.

Sachversicherungen im EU-Kontext: Haushalt, Kfz und Gebäude

Neben der Haftpflichtversicherung sind insbesondere Haushalts- und Kfz-Versicherungen von einem Wohnsitzwechsel betroffen. Fahrzeuge müssen grundsätzlich in dem Land versichert werden, in dem sie dauerhaft zugelassen sind. Wer also ein deutsches Auto dauerhaft in Österreich nutzt, muss es dort anmelden und mit einer österreichischen Kfz-Haftpflicht versichern.

Auch Immobilienbesitz erfordert länderspezifischen Versicherungsschutz. Während es in Österreich keine gesetzliche Pflicht zur Wohngebäudeversicherung gibt, wird diese im Rahmen einer Immobilienfinanzierung in der Regel vertraglich vorausgesetzt. Wird ein Gebäude beispielsweise in Österreich vermietet oder als Ferienhaus genutzt, ist es sinnvoll, eine entsprechende österreichische Wohngebäudeversicherung abzuschließen. Andernfalls können im Schadenfall Leistungseinschränkungen drohen, etwa bei Feuer-, Leitungswasser- oder Sturmrisiken.

Wer in beiden Ländern Eigentum besitzt, muss meist getrennte Versicherungsverhältnisse für jedes Objekt eingehen, da Verträge ortsbezogen sind und sich am jeweiligen nationalen Schadenersatz- und Steuerrecht orientieren.

Kommunikation mit Versicherern und Vertragsumstellung

Ein oft unterschätztes Risiko bei einem Wohnsitzwechsel ist mangelnde Kommunikation mit bestehenden Versicherern. Viele Policen enthalten Wohnsitzklauseln oder sehen vor, dass ein dauerhafter Umzug ins Ausland gemeldet werden muss. Wird dies unterlassen, kann es im Leistungsfall zu Problemen kommen – bis hin zur Vertragskündigung oder Ablehnung der Schadensregulierung.

Daher ist es ratsam, den Versicherer frühzeitig über eine geplante Wohnsitzverlagerung zu informieren. Je nach Produkt kann es sinnvoll sein, einen neuen Vertrag im Zielland abzuschließen. Versicherungsunternehmen mit grenzüberschreitender Erfahrung bieten oft Hilfestellung bei der Vertragsumstellung oder arbeiten mit Partnern im Ausland zusammen. So lässt sich sicherstellen, dass der Versicherungsschutz auch nach einem Wohnortwechsel lückenlos erhalten bleibt.