Immobilien-Transaktionsvolumen ist rückläufig

24.05.2023

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Das Klima an den Immobilienmärkten hat sich verschärft; es ist rauer geworden. Nicht zuletzt hat die Zinswende im vergangenen Jahr einige Aussichten getrübt. Primonial REIM gibt einen Ausblick auf die einzelnen Segmente.

Die europäische Wirtschaft hat sich in den letzten Monaten unerwartet resilient gezeigt. Auch wenn die EZB zuletzt erneut die Zinsen angehoben hat, ist von einem Rückgang der Inflation bis Jahresende auszugehen. „In diesem makroökonomischen Umfeld waren Investoren im ersten Quartal 2023 deutlich selektiver in der Allokationswahl“, erklärt Henry-Aurélien Natter, Head of Research, Primonial REIM. „Dabei waren Immobilien, die ESG-Kriterien erfüllt haben und durch Renditen eine gute Performance erzielten, besonders gefragt unter Investoren.“ Insgesamt sei die Gesamtrendite in der Anlageklasse Immobilie wie vorhergesagt durch die steigenden Fremdkapitalkosten betroffen gewesen. Das gelte laut Natter auch für die Bewertungen, die Preisanpassungen variierten allerdings zwischen Ländern und Märkten. 

Infolge der Erwartungslücke zwischen Käufern und Verkäufern auf dem europäischen Immobilieninvestmentmarkt ist das Transaktionsvolumen im ersten Quartal 2023 deutlich auf 34 Milliarden Euro gefallen. Aktiv waren Investoren, die über Liquidität verfügten. Auf Deutschland seien davon 4,5 Milliarden Euro entfallen, damit liege die Bundesrepublik auf Rang drei hinter Großbritannien und Frankreich. Nach Anlageklassen dominierten Büroimmobilien (11 Milliarden Euro) vor Einzelhandel, Wohnen, Logistik, Hotels & Freizeit und Gesundheit. 

Büroimmobilien

Das Transaktionsvolumen für Büroimmobilien fiel im ersten Quartal 2023 auf ein vergleichsweise niedriges Niveau mit insgesamt 11 Milliarden Euro. Besonders rege handelten Investoren in Frankreich (4 Milliarden Euro, -11 % im Jahresvergleich), Großbritannien (3 Milliarden Euro, -67 %) und Deutschland (1 Milliarde Euro, -80 %). Während sich die Renditen in der Mehrheit der Märkte auf einem stabilen Niveau bewegten, verzeichneten einige Märkte eine Renditedekompression zwischen 10 und 50 bp. „Es gibt jedoch Anzeichen, dass die Marktturbulenzen sich dem Ende nähern: Zum einen stabilisiert sich die Renditedekompression, zum anderen weisen immer mehr Märkte eine stabile Renditeentwicklung vor“, unterstreicht Natter. 

An den europäischen Vermietungsmärkten habe es einen zurückhaltenden Jahresstart mit einem Flächenumsatz von insgesamt 2,6 Millionen Quadratmetern gegeben. „Der Trend geht aber in Richtung einer stabilen Flächennachfrage“, so der Researcher. Mit Blick auf die Mietentwicklung treibe die Attraktivität moderner, flexibler, ESG-konformer und verkehrsgünstig gelegener zentraler Bürogebäude für die Nutzer die Mieten weiter in die Höhe.

Einzelhandelsimmobilien

Das Investitionsvolumen in Einzelhandelsimmobilien in Europa belief sich im ersten Quartal auf über 7 Milliarden Euro (-40 % im Jahresvergleich), davon entfielen auf rund eine Milliarde Euro. „Der Einzelhandelsmarkt ist nach den Marktkorrekturen während der Corona-Krise aus einer günstigen Position gestartet“, erläutert Natter den im Vergleich zum Office-Segment besseren Jahresauftakt. Die Rentabilität für innerstädtische Einzelhandelsimmobilien und Einkaufszentren sei weitestgehend stabil geblieben, rund ein Drittel der Märkte habe einen Anstieg der Risikoprämie verzeichnet. Im Vergleich zum vierten Quartal 2022 sei bei innerstädtischen Einzelhandelsimmobilien eine Renditedekompression zwischen 5 und 50 bp und bei Einkaufszentren zwischen 15 und 35 bp registriert worden. 

Nach Ansicht Natters hellt sich der Horizont weiter auf. „Der Trend bei den privaten Konsumausgaben zeigt wieder nach oben, auch wenn die hohe Inflation weiterhin auf den verfügbaren Einkommen lastet. Die Resilienz des Arbeitsmarktes und die hohe Sparquote stützen aber die Konsumausgaben.“ Der Einzelhandelsumsatz sei um 7 % gestiegen. „Die Re-Adjustierung der Mietwerte für innerstädtische Einzelhandelsimmobilien und Einkaufszentren hat sich in diesem Quartal fortgesetzt. Gleichzeitig spiegelte sich die Anziehungskraft der am meisten nachgefragten Standorte in einem Anstieg der Mieten in den ersten drei Monaten 2023 wider.“

Wohnimmobilien

Das Transaktionsvolumen in europäische Wohnimmobilien belief sich nach den ersten drei Monaten dieses Jahres auf 6,5 Milliarden Euro (-69 % im Jahresvergleich), davon entfielen über eine Milliarde Euro auf den deutschen Markt. In Verbindung mit den steigenden Kreditzinsen sei bei den Spitzenrenditen in einigen europäischen Märkten eine Renditedekompression verzeichnet worden. 

Nach dem starken Rückgang der Bautätigkeit zum Jahresende 2022 habe diese im ersten Quartal 2023 wieder an Fahrt aufgenommen. „Allerdings wiegen die Baukosten weiterhin schwer auf der Zahl der Baugenehmigungen, bei denen ein starker Rückgang festzustellen war. Gleichzeitig stagnieren die Immobilienpreise in der Eurozone auf Jahresbasis, in einzelnen Märkten kam es im ersten Quartal aber bereits zu Preiskorrekturen“, sagt Natter. Er verweist zudem darauf, dass die Einführung neuer Energiestandards in bestimmten Märkten zu Preisabschlägen von rund 15 % vom Verkaufspreis bei Wohnimmobilien führt, die diese nicht erfüllen.

Gesundheitsimmobilien 

Das Investmentvolumen in Gesundheitsimmobilien belief sich im ersten Quartal 2023 auf mehr als eine Milliarde Euro (-34 % im Jahresvergleich). Deutschland sei mit Investments von mehr als 300 Millionen Euro der dynamischste europäische Markt. Die Spitzenrenditen verzeichneten eine leichte Dekompression. „Der demografische Druck infolge der alternden Bevölkerung erzeugt eine wachsende Nachfrage nach Gesundheitsimmobilien in verschiedenen Ländern Europas. Der Gesundheitsimmobiliensektor muss nicht nur den Bau neuer Gebäude stemmen, um die Nachfrage zu bedienen, sondern auch den Gebäudebestand zu renovieren“, blickt Natter nach vorne. Die europäische Bevölkerung im Alter von über 75 Jahren werde von 44 Millionen im Jahr 2020 bis zum Jahr 2040 auf mehr als 66 Millionen Menschen anwachsen. 

Hotelimmobilien

„Das Investitionsvolumen in Hotelimmobilien stabilisierte sich im Jahresvergleich auf 3 Milliarden Euro, allerdings nach wie vor auf einem niedrigeren Niveau als vor der Pandemie“, so Natter. Frankreich und Spanien seien die dynamischsten Märkte, während Deutschland mit Investitionen über 300 Millionen Euro auf dem vierten Platz liege. Auch die Spitzenrenditen für Hotelimmobilien seien stabil geblieben. Gleichzeitig setze sich die Erholung des Tourismussektors weiter fort: Die Zahl der verkauften oder vermieteten Hotelzimmer stieg im Jahresvergleich um 32 %. Während Westeuropa dabei eine sehr starke Performance verzeichne, hinke Osteuropa aufgrund des Ausbleibens russischer Touristen hinterher. „Insgesamt steigen die Indikatoren im Hotelsektor seit Jahresanfang. Die Belegungsrate liegen im Jahresvergleich 60 % im Plus, und auch die Durchschnittspreise sind gestiegen.“ (ah)