Nachhaltigkeit im Lichte des Kapitalmarktrechts
08.09.2022

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Die letzte Ausgabe der finanzwelt (03/2022) befasste sich im Rahmen der ESG-Sonderstrecke intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit. Auch im Kapitalmarktrecht gewinnt dieses Gebiet immer mehr an Bedeutung. Viele Unternehmen haben es sich inzwischen zur Aufgabe gemacht, nachhaltig zu sein, nachhaltig zu handeln oder ihren Kunden nachhaltige Produkte anzubieten. Doch: Welche rechtliche Handhabe gibt es gegen Unternehmen, die lediglich behaupten, nachhaltig zu agieren, den Nachhaltigkeits-Aspekt jedoch nur aus ImagegrĂŒnden nutzen? Und: Was gilt es fĂŒr Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater zu beachten? Der nachfolgende Beitrag beschĂ€ftigt sich mit rechtlichen Fragen rund um das Thema Nachhaltigkeit, insbesondere im Kapitalmarktrecht.
Kapitalmarktrecht und dessen Regulierung
Unter KapitalmĂ€rkten werden FinanzmĂ€rkte verstanden, auf welchen Finanzierungshilfen oder andere Finanzprodukte gehandelt werden. Ihre groĂe volkswirtschaftliche Bedeutung fĂŒhrt dazu, dass in diesem Bereich eine RegulierungsbedĂŒrftigkeit besteht. Nach traditionellem VerstĂ€ndnis dient das Kapitalmarktrecht dem Markt- und Anlegerschutz. Vor allem der EU-Gesetzgeber versucht durch verschiedene Regelungen diesem VerstĂ€ndnis gerecht zu werden und innerhalb seiner Grenzen gleiche Bedingungen fĂŒr die verschiedenen Marktteilnehmer zu schaffen. Das âWieâ der Geldanlage wurde bisher jedoch auĂer Acht gelassen. Ob ein Anleger beispielsweise in ein Unternehmen investierte, welches sein Geld mit fossilen Brennstoffen verdiente oder in einen Hersteller von Windkraftanlagen, spielte dabei keine Rolle. Dies hat sich mittlerweile geĂ€ndert. Der im MĂ€rz 2018 veröffentlichte EU-Aktionsplan âNachhaltige Finanzierungâ (Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums bzw. âSustainable Financeâ) hat zum Ziel, âKapitalflĂŒsse auf nachhaltige Investitionen umzulenken, um ein nachhaltiges und integratives Wachstum zu erreichen.â
Wichtigste Rechtsakte zur Nachhaltigkeit
Derzeit gilt es, in diesem Bereich vor allem zwei Rechtsakte zu beachten: Die Offenlegungs-VO und die Taxonomie-VO. Die Taxonomie-VO, als zentraler Baustein im europĂ€ischen Aktionsplan fĂŒr ein nachhaltiges Finanzwesen (âSustainable Financeâ), legt fest, unter welchen Bedingungen bestimmte TĂ€tigkeiten als grĂŒn oder ökologisch nachhaltig angesehen werden können. Offenlegungspflichten fĂŒr diese Marktteilnehmer ergeben sich aus der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR), die im Deutschen zumeist als Offenlegungs-VO oder teilweise auch als Taxonomie-Informations- VO bezeichnet wird. Die Offenlegungs-VO unterscheidet hinsichtlich der Transparenzpflichten zwischen drei Möglichkeiten: Soll eine nachhaltige Investition angestrebt werden (Art. 9 Offenlegungs-VO), beworben werden (Art. 8 Offenlegungs-VO) oder unberĂŒcksichtigt bleiben (Art. 6 Offenlegungs-VO)? In AbhĂ€ngigkeit dieser Möglichkeiten legen die Regelungen den Finanzmarktteilnehmern und Finanzberatern nachhaltigkeitsbezogene Berichtspflichten fĂŒr ihr Unternehmen und ihre TĂ€tigkeit sowie die von ihnen vertriebenen Finanzprodukte auf. Das Ziel, Geld der Anleger in nachhaltige WirtschaftstĂ€tigkeiten zu lenken, wird durch den Gesetzgeber somit nicht zwangsweise durchgesetzt. Finanzmarktteilnehmern und Finanzberatern steht es grundsĂ€tzlich frei, ob sie Nachhaltigkeitsfaktoren berĂŒcksichtigen oder nicht. Entscheiden sie sich gegen die BerĂŒcksichtigung, mĂŒssen sie jedoch GrĂŒnde nennen, weshalb diese Faktoren (noch) nicht berĂŒcksichtig werden. Der Gesetzgeber setzt demnach nicht auf Zwang, sondern auf die Auseinandersetzung mit der Materie, welche disziplinierende Wirkung zeigen soll.
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âGute MitarbeiterportrĂ€ts sind gelebte Unternehmenskulturâ â Sven Erberich ĂŒber Teambilder mit Charakter









