Regulierung als Chance: Warum offene Infrastrukturen die Finanzwelt von morgen prägen

25.09.2025

Michael Ost und Tobias Hirsch (v.l.n.r.)

Exklusiv

Konsolidierung, Regulierung, Digitalisierung – Partnering der Finanzintermediäre geboten

Neue Vorschriften wie die EU-Digital Operational Resilience Regulation (DORA), die seit Januar 2025 gilt, erhöhen die Anforderungen an IT-Sicherheit, Backup-Systeme und Notfallpläne erheblich. Dazu kommen verschärfte Auflagen bei Geschäftsleitern, Eigenkapitalquoten und Reportingpflichten. Für viele Marktteilnehmer wird es immer schwieriger, diese Last alleine zu stemmen.

Steigende Auflagen als Katalysator

Die Dynamik im Regulierungsumfeld ist kein temporäres Phänomen, sondern eine konstante Realität. Gerade für kleinere Wertpapierinstitute und vertraglich gebundene Vermittler bedeutet das steigende Kosten, zusätzlichen Personalbedarf und wachsende operative Komplexität. Auch die von der BaFin eingeforderten Backup-Pflichten und die Erwartung einer Zwei-Personen-Geschäftsleitung treffen vor allem kleinere und mittelständische Anbieter überproportional. Die Folge: Viele suchen nach Partnern oder schließen sich größeren Plattformen an, um die notwendige regulatorische Resilienz zu erreichen.

Konsolidierung ohne Verlust an Unabhängigkeit

In diesem Umfeld entstehen neue Formen der Zusammenarbeit. Übernahmen und Kooperationen sind nicht mehr nur Wachstumsinstrumente, sondern vermehrt auch Strategien, um im Markt zu bestehen: Entscheidend ist, regulatorische Sicherheit mit unternehmerischer Handlungsfähigkeit zu verbinden. Dabei spielen Haftungsdächer eine zentrale Rolle. Sie ermöglichen es vertraglich gebundenen Vermittlern, ihre Tätigkeit im regulierten Umfeld rechtssicher fortzuführen, ohne selbst alle Pflichten eines Wertpapierinstituts erfüllen zu müssen.

Hierbei geht es um Vertrauen, Neutralität und die Möglichkeit, Partnern einen rechtlich stabilen Rahmen zu bieten, in dem sie ihre Geschäftsmodelle weiterentwickeln können. Gerade in einer Zeit, in der Konsolidierung notwendig wird, ist es entscheidend, dass diese Unabhängigkeit gewahrt bleibt.

Offene Infrastrukturen sind mehr als Technologie

Neben der regulatorischen Dimension zeigt sich eine zweite Entwicklung: Die Digitalisierung eröffnet Chancen für plattformübergreifende Strukturen. Tokenisierung, digitale Registerführung und neue Custody-Lösungen verändern die Wertschöpfungsketten im Anlagegeschäft grundlegend. Je offener und vernetzter diese Infrastrukturen gestaltet sind, desto größer der Mehrwert für alle Beteiligten – von Emittenten über Vermittler bis hin zu Anlegern.

Es geht um mehr als Effizienzgewinne oder technische Schnittstellen. Offene Netzwerke schaffen Reichweite, Sichtbarkeit und Vertrauen. Größe ist in diesem Kontext nicht nur ein Skaleneffekt, sondern ein Akzeptanzeffekt: Je größer und offener die Plattformen, desto größer die Marktchancen und die Wahrscheinlichkeit, regulatorische wie technologische Innovationen auch wirklich in der Breite durchzusetzen.

Plattformübergreifende Netzwerke

Ein besonders klarer Vorteil zeigt sich im Alltag der Vermittler. Offene Infrastrukturen ermöglichen ihnen den Zugang zu einem deutlich größeren Produktuniversum – von klassischen Wertpapieren über tokenisierte Vermögenswerte bis hin zu ganz neuen, zukünftigen Anlageformen. Standardisierte Schnittstellen und regulatorisch geprüfte Prozesse reduzieren den administrativen Aufwand spürbar, sodass sich Vermittler stärker auf ihre Kernkompetenz, die Beratung, konzentrieren können.

Auch für Anleger, ob institutionell oder privat, entstehen wesentliche Mehrwerte. Über vernetzte Plattformen steht ihnen eine größere Auswahl an Investments zur Verfügung, die eine effizientere Diversifikation ermöglicht. Hinzu kommt ein Plus an Liquidität: Durch die Integration von Sekundärmarktlösungen können zum Beispiel Private Market-Investments handelbarer und damit für neue Zielgruppen attraktiver werden. Das stärkt das Vertrauen in die Werthaltigkeit der Anlagen.

Emittenten wiederum profitieren von einer signifikant erweiterten Reichweite. Wer heute Kapital einsammelt, tut dies in einem zunehmend kompetitiven Umfeld. Über offene Infrastrukturen erreichen sie mehr potenzielle Investoren und erhöhen dadurch die Platzierungschancen erheblich. Standardisierte Prozesse, die regulatorisch geprüft und technologisch unterstützt sind, erleichtern zudem die Abwicklung von Transaktionen und schaffen die notwendige Transparenz gegenüber Anlegern und Aufsichtsbehörden

Das Zusammenspiel dieser drei Dimensionen – Vermittler, Anleger, Emittenten – zeigt, dass plattformübergreifende Infrastrukturen nicht nur Effizienzgewinne ermöglichen, sondern Wachstum und Akzeptanz im Markt entscheidend vorantreiben.

Finexity und Effecta: Gemeinsam mehr schaffen

Finexity und Effecta stärken ihre jeweiligen Kernkompetenzen auf einer gemeinsamen Grundlage, unter strikter Wahrung ihrer eigenständigen Marktpropositionen. Effecta als das führende Haftungsdach im online-basierten Wertpapiervertrieb bringt ein breites Netz an Registerführern, Verwahrstellen sowie vertraglich gebundenen Vermittlern mit gut 70.000 Anlegern ein. Finexity wiederum hat sich in den vergangenen Jahren mit über 50 Emittenten und 250 gelisteten Wertpapieren sowie mehr als 14.000 registrierten Investoren als führender Handelsplatz für tokenisierte Private Market-Investments etabliert.

Durch die Bündelung dieser Kompetenzen entsteht eine Infrastruktur, die rechtliche Stabilität mit digitaler Innovationskraft verbindet. Für die angeschlossenen Vermittler bedeutet das Zugang zu regulatorischer Sicherheit, zu neuen digitalen Produkten und zu einer größeren Investorenbasis. Für Anleger wiederum eröffnet sich ein breiteres Angebot, eine bessere Handelbarkeit und langfristig mehr Transparenz. Emittenten schließlich können auf ein starkes Netzwerk zurückgreifen, das ihre Reichweite deutlich vergrößert.

Wichtig ist dabei: Effecta bleibt als eigenständiges Haftungsdach mit eigenem Markenauftritt bestehen. Neutralität und Unabhängigkeit bleibt für Effecta ein geschäftspolitischer Imperativ – das ist für Vermittler wie für Anleger eine zentrale Vertrauensgrundlage.

Effizienz, Skalierbarkeit und Schutz von Anlegerinteressen

Der Finanzmarkt entwickelt sich in Richtung offener Ökosysteme. Das gilt für den öffentlichen Kapitalmarkt ebenso wie für die Private Markets. Künftig werden regulatorische Sicherheit, digitale Leistungsfähigkeit und plattformübergreifende Strukturen untrennbar miteinander verknüpft sein.

Der Anspruch ist klar: Effizienz und Skalierbarkeit müssen Hand in Hand gehen mit dem Schutz der Interessen von Vermittlern und Anlegern. Nur so lässt sich die Akzeptanz für neue Technologien bei Finanzprodukten wie Tokenisierung nachhaltig sichern.

Regulierung muss als Katalysator verstanden werden und Konsolidierung als Chance, nicht als Verlust an Vielfalt, mit offenen Infrastrukturen als Fundament.

Gastautoren: Tobias Hirsch, Geschäftsführer Effecta GmbH, und Michael Ost, stellvertretender CEO Finexity AG