Riester-Renten statt Schwanengesänge

16.10.2025

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Mit rund 15 Millionen Riester-Verträgen zählen die Statistiker Riester-Lösungen zu den erfolgreichsten und wohl auch umstrittensten Altersversorgungen unserer Zeit. Zweidrittel der Verträge entfallen auf Riester-Renten, vorwiegend auf Basis fondsgebundener Lebens- bzw. Rentenversicherungen. Trotz Medienschelten setzen etliche Lebensversicherer erneut auf Riestern im breiten Maßstab. Innerhalb von Vermittlerkreisen kursieren unterschiedliche Meinungen, wenn es sich um die gängigen Riester-Wege dreht. Viele Makler sind sich jedoch einig: Eine Riester-Betrachtung gehört zur Pflicht in der Vorsorgeberatung. Ob und wie sich der Kunde dann für das Riestern entscheidet, hängt von der Situation ab.

Totgesagte leben länger. Trotz immer wieder hochwogender Kritik erscheinen Riester-Renten für Lebensversicherer als ein Schlüsselprodukt, um bei den gefragten Jungkunden zu punkten und deren anwachsenden Rentenlücken zumindest teilweise zu schließen. Auch für andere Zielgruppen gelten Riester-Produkte als wichtiger Baustein für eine Absicherung im Pensionsalter, insbesondere wenn ein Zugang zur betrieblichen Altersversorgung versperrt ist oder alle verfügbaren Durchführungswege bereits ausgeschöpft sind. Denn auf Gutverdiener, die ihren Lebensstandard im Rentenalter halten wollen, kommen immense finanzielle Herausforderungen zu.

Gut gedacht, leider anders gemacht

Politiker hadern längst mit dem nach Walter Riester, der damals noch Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung war, benannten Konzepts zur Förderung einer freiwilligen Altersvorsorge. Eine neue Altersvorsorgezulage sollte nach dem Jahrtausendwechsel die Rentenkürzungen als Folge einer Reform zur gesetzlichen Rentenversicherung abfedern. Die heutige demografische Entwicklung zeichnete sich seinerzeit schon deutlich ab. Das damalige Nettorentenniveau galt als kaum noch tragbar Die beschlossenen Rentenkürzungen und -besteuerungen sollten zuvorderst Arbeitnehmer mit einer Riester-Rente, gezahlt aus der Privatschatulle, ausgleichen. Auf die eigentlich einfache und nachvollziehbare Idee folgte eine von Politikern geborene komplexe Zulassungsund Verwaltungsorganisation. Die Nachbesserungen in den Folgejahren trugen wenig zur Vereinfachung bei und gewünschte Ergebnisse, wie z. B. Einkommensschwache besonders zu fördern, blieben hinter den gesteckten Erwartungen eher zurück. Manch Politiker, der sich heute mit RiesterKritik medienwirksam hervortut, gehörte in den frühen Riester-Jahren noch zu den Befürwortern von Walter Riesters Plänen. Dabei warnten Expertenkreise von Anfang an vor einer viel zu hohen Komplexität, überbordender Verwaltung und als Folge zu geringen Vorsorgeeffekten, die durch eine künftige Besteuerung noch prekärer ausfallen.

Man lebt mindestens zweimal

Das Image der Riester-Lösungen war mit dem Startschuss angeknackst. Dennoch ziehen beispielsweise gering verdienende Berufsstarter oder Ehepartner von Förderberechtigten einen signifikanten Nutzen aus den Zuteilungstöpfen der Riester-Förderung. Ohne den Zugang zur betrieblichen Altersversorgung ist Riester die Chance auf geförderte Eigenvorsorge. Attraktiv wirkt zudem die Wahlmöglichkeit zwischen Sparvertrag, Wohnraumanschaffung und Altersrente. Einige sehen in der Riester-Idee einen fälligen Schritt nach der angestaubten Arbeitnehmer-Sparzulage. Trotz eines hohen politischen Anforderungsdrucks z. B. in puncto Vertriebskosten oder bei der Vertragsflexibilisierung schaffte bis dato keine der letzten Koalitionen einen entscheidenden Reformdurchbruch, um der sinkenden Riester-Nachfrage und einer damit verbundenen drohenden Altersarmut entgegenzuwirken. Echte Veränderungen scheinen nicht in Sichtweite, so dass die private Versicherungswirtschaft das Thema wieder selbst in die Hand nimmt. Zuletzt trug das politische Gezerre an der Altersvorsorge dazu bei, dass etliche Lebensversicherer auch Riester-Tarife ad acta legten, um Fehlinvestitionen in ein eventuell künftiges Auslaufmodell zu vermeiden. Der anhaltend geringe Politikwille erhöhte bei den Versicherern letztlich wieder die Planungssicherheiten. Mit dem Ausbleiben der vielfach angekündigten Riester-Änderungen kehrte Ruhe in den Versicherungsabteilungen ein. In Folge läuten erste Versicherer eine Riester-Renten-Renaissance mit frisch kalkulierten Tarifen ein und erfreuen sich der anziehenden Nachfrage.

Im Kostenwettbewerb eine Nasenspitze voraus

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor dürfte eine schmalere Vertragskostenseite sein. Vornehmlich die Abschlusskosten sowie deren Vorfinanzierungsmodelle mit der Kostenverteilung auf die Vertragsdauer dürften über künftige Ansparerfolge zur Riester-Rente mitentscheiden. Dazu gesellen sich Rentenfaktoren, die Zinsrisiken und Lebenserwartungen realistisch abbilden. Inwieweit sich Nettotarife mit Vermittlerhonorar für Riester-Lösungen etablieren, bleibt abzuwarten. Gerade Geringverdiener können sich umfassende Honorarberatungen selten leisten. Jüngst erst beanstandete das Bundesamt für Finanzdienstleistungsaufsicht, oder kurz BaFin, aufgetretene Honorarexzesse und mangelbehaftete Überwachungen der Honorarvermittlungsgeschäfte durch die Versicherer. Beides sind keine guten Voraussetzungen für dieses eigentlich politisch erwünschte Vermittlungsformat, zumal sich fair agierende Honorarvermittler für die Riester-Beratung zu einem erschwinglichen Honorarbetrag aussprechen.

Fazit

Es gibt wieder frischen Wind in der Produktlandschaft der Lebensversicherer, die in den letzten Jahren im Neugeschäft gegen laufende Beiträge recht viele Federn lassen mussten. Das Thema Riester gehört so oder so in die Beratung für die Altersversorge. Der Gesetzgeber verpflichtet zur regelmäßigen und überdies anlassbezogenen Beratung wie z. B. bei Marktturbulenzen, Familienzuwachs oder Dynamikerhöhungen zur Lebensversicherung. Ob jetzt Lösungen mit Riester-Förderung passen oder nicht: Jede kommende Generation muss die weiter aufklaffenden Rentenlücken schließen. Für Kunden kann das Riestern ein Vorsorgeeinstieg oder die Versorgungsabrundung darstellen. Etliche Berufsstarter mit geringem Einkommen und vielleicht einem RiesterProdukt sind eventuell später zudem lukrative Kundenverbindungen. (gg)