Talentmanagement: Die Leistungsfähigkeit der Organisation bewahren

05.02.2024

Hans-Peter Machwürth, Geschäftsführer des international agierenden Trainings- und Beratungsunternehmens Machwürth Team International (MTI Consultancy) - Foto: © MTI Consultancy

Der Fach- und Führungskräftemangel wird sich verschärfen. Deshalb benötigen die Unternehmen ein Talentmanagement, das sicherstellt, dass sie auch künftig über die zur Leistungserbringung erforderlichen Kompetenzen verfügen.

Der Arbeitsmarkt hat sich von einem Arbeitgeber- zu einem Arbeitnehmermarkt gewandelt. Entsprechend herausfordernd ist es für viele Unternehmen geworden, dafür zu sorgen, dass

  •  sie bei Bedarf die erforderlichen neuen Mitarbeiter finden und
  • die vorhandenen Mitarbeiter ihnen treu bleiben und nicht den Arbeitgeber wechseln,

so dass sie auch künftig ihre Leistungen erbringen und Ziele erreichen können.

Entsprechend stark stieg zudem die Bedeutung der Frage: Wie können wir dafür sorgen, dass unser Unternehmen für Stellensucher ein attraktiver Arbeitgeber ist und dies auch für die vorhandenen Mitarbeiter bleibt? Sie hat sich insbesondere für viele mittelständische Betriebe aufgrund des Fachkräftemangels und der Tatsache, dass in den kommenden Jahren viele Babyboomer aus dem Erwerbsleben ausscheiden, zu einer Schicksalsfrage entwickelt.

Unternehmen müssen ihre HR-Strategien überdenken

Um diese Herausforderung zu meistern, müssen viele Unternehmen ihre Personalstrategie grundsätzlich überdenken, und zwar nicht nur in den naheliegenden Bereichen

  •  Personalsuche, -auswahl und -entwicklung sowie
  • Vergütung- bzw. Compensation & Benefits.

Sie müssen vielmehr auch ihre Unternehmens- und Führungskultur sowie Arbeitsorganisation auf den Prüfstand stellen, um eine HR-Strategie zu entwickeln, die

  • den veränderten Marktbedingungen entspricht,
  • den gewandelten Bedürfnissen (nicht nur) der nachrückenden Arbeitnehmer gerecht wird und mit den Zielen des Unternehmens korrespondiert.

Das Entwickeln einer solchen Strategie setzt eine umfassende Analyse der Ist-Situation voraus, in deren Zentrum folgende Fragen stehen:  Wo stehen wir heute?

Welche Veränderungen/Herausforderungen kommen auf uns zu (u.a. Markt, Technologie, Prozesse)? Und: Wo wollen wir hin (u.a. Vision, Ziele, Werte)?

Hierauf aufbauend kann dann ein Soll-Ist-Vergleich erfolgen:

Über welche Kompetenzen (bzw. Fähigkeiten/Fertigkeiten) verfügt unsere Organisation bzw. verfügen unsere Mitarbeiter/Teams heute? Über welche Kompetenzen muss unsere Organisation bzw. müssen unsere Mitarbeiter/Teams künftig verfügen – zum Beispiel aufgrund der technologischen Entwicklung, der veränderten Kundenbedürfnisse, unserer Entwicklungsziele usw.?

Herausforderung: Das Kompetenz-Gap schließen

Hierauf aufbauend gilt es dann wiederum eine Strategie zu entwickeln, wie das bereits vorhandene oder sich abzeichnende Kompetenz-Gap geschlossen werden kann. In diesem Kontext gilt es auch folgende Fragen zu klären:

Über welche Kompetenzen müssen wir künftig firmenintern verfügen, weil sie strategisch relevant sind? Welche können wir eventuell von externen Partnern „zukaufen“, weil sie eine eher geringe strategische Relevanz haben bzw. ihr Aufbau zu viele Ressourcen bindet?

Außerdem: Sollten wir künftig eventuell unsere Ausbildungskapazitäten erhöhen, um die benötigten Talente frühzeitig an uns zu binden? Eine Schlüsselrolle beim Schließen des Kompetenz-Gaps und Aufbau eines zukunftsweisenden Talentmanagements spielen das Identifizieren und Fördern der Talente in der Organisation und das Rekrutieren von Talenten auf dem externen Arbeitsmarkt.

Die Talente in der Organisation identifizieren

Über welche Kompetenzen und Entwicklungspotenziale Mitarbeiter real verfügen, zeigt sich weitgehend in der alltäglichen Zusammenarbeit. Deshalb zählt das Talentmanagement in dem ihnen anvertrauten Bereich zu den originären Aufgaben aller Führungskräfte.  

Talente sind Personen, die im Arbeitsalltag bereits herausragende Leistungen erbringen und dabei fachlich und persönlich das Potenzial zeigen, mittel- bis langfristig (bei einer entsprechenden Förderung) noch anspruchsvollere bzw. komplexere Aufgaben in der Organisation zu übernehmen – sei es als Fachkraft, Spezialist oder Führungskraft. Weitere Merkmale von ihnen sind: eine hohe Lernfähigkeit und Motivation sowie ein vernetztes Denken.

Aufgabe der Führungskräfte ist es, diese Potenzialträger zu identifizieren und beispielsweise in strukturierten Mitarbeitergesprächen mit ihnen deren Entwicklungspotenziale zu reflektieren. Zudem empfehlen sich vom HR-Bereich moderierte Personaldurchsprachen, die unter anderem der Einordnung der Beschäftigten in das 9-Box-Model dienen (Grafik 1). 

Grafik 1<br>Grafik 1

In größeren Unternehmen werden die Potenzialträger anschließend häufig in einem Potenzial-AC daraufhin gecheckt, inwieweit

  • sie real ein hohes Entwicklungspotenzial haben und
  • ihre fachlichen und persönlichen Kompetenzen mit denen korrespondieren, die die Organisation zum Erreichen ihrer Ziele braucht (Grafik 2)
Grafik 2<br>Grafik 2

Auf dieser Grundlage werden dann mit den Kandidaten deren mögliche Karrierewege vorläufig definiert und die Teilnehmer für die Förderprogramme ausgewählt.

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