VOTUM fordert echte Reform statt Label

18.07.2025

Martin Klein, Vorstand, Votum Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e.V. / Foto: © Votum

Mit ihrem gemeinsamen Beitrag in „Handelsblatt“ und „Les Echos“ haben die Finanzminister Lars Klingbeil und Éric Lombard einen Impuls zur wirtschaftspolitischen Neuausrichtung Europas gesetzt. Die klare Forderung nach mehr strategischer Eigenständigkeit, besserer Kapitalallokation und gestärkter Wettbewerbsfähigkeit trifft einen zentralen Punkt – gerade in einer Phase, in der geopolitische Unsicherheiten, asymmetrische Handelsbeziehungen und eine chronische Überbürokratisierung die wirtschaftliche Dynamik in Europa zunehmend bremsen, schreibt VOTUM Verband unabhängiger Finanzdienstleistungsunternehmen in Europa.

Der Verband begrüßt die deutsch-französische Initiative ausdrücklich. Entscheidend sei nun, daraus die richtigen wirtschafts- und ordnungspolitischen Schlüsse zu ziehen. Europa brauche nicht mehr Regulierung, sondern intelligentere Regulierung, sondern Entlastung für kleine und mittlere Marktteilnehmer, gezielte Investitionen in Innovation und Infrastruktur – und vor allem eine Finanzmarktpolitik, die Wirkung entfaltet, anstatt symbolische Ersatzlösungen zu produzieren.

„Während in dem Artikel erneut zugesichert wird, dass man die Meldepflichten der Unternehmen um 25 % und mehr reduzieren möchte, werden im laufenden Trilog zur Retail Investment Strategy neue umfassende Meldepflichten verhandelt und ersonnen. So machen sich die Europapolitiker zusehends weiter unglaubwürdig, und ihre wohlfeilen Versprechungen lassen den Berg der Sonntagsreden wachsen, ohne Wirkung zu erzielen“, erklärt VOTUM.

„Der glaubwürdigste Aufbruch für einen echten Bürokratieabbau wäre die Einstellung des Trilogs zur Retail Investment Strategy. Keiner ihrer Regulierungsansätze ist geeignet, Europa wettbewerbsfähiger zu machen“, so Martin Klein, Geschäftsführender Vorstand.

„Im Ergbnis brauchen wir mehr erfolgreiche europäische Projekte wie AIRBUS anstatt die nächste EU-Richtlinie. Auch die Einführung des neuen Finance-Europe-Labels bewerten wir daher mit großer Zurückhaltung. Die Idee, über ein freiwilliges Siegel Kapital in europäische Unternehmen zu lenken, mag gut gemeint sein – sie ersetzt jedoch keine strukturellen Reformen. Die starre Vorgabe, mindestens 70 Prozent der Anlagewerte im Europäischen Wirtschaftsraum zu investieren, limitiert die Diversifikation und erhöht das Beratungsrisiko, ohne erkennbaren Mehrwert für Kundinnen und Kunden. Der fehlende europaweite steuerliche Ordnungsrahmen verhindert eine wirksame Lenkung, während die Selbstzertifizierung durch Produktanbieter Fragen hinsichtlich Transparenz, Vergleichbarkeit und Kontrolle aufwirft. Für private Sparer bleibt der praktische Nutzen des Labels ohnehin schwer greifbar.“

Martin Klein: „Zusammengefasst bedeutet das „Finance Europe“-Label – (unklare) Steuervorteile für Europatriotismus. Berater werden sich zukünftig in der Situation wiederfinden, ihre Kunden vor die Frage zu stellen: Willst du eine Anlage mit Steuervorteilen, die zu über 2/3 in Europa allokiert ist und eine Mindesthaltedauer von 5 Jahren hat, oder eine Anlage ohne Steuervorteile, dafür weltweit unbegrenzte Anlageoptionen und keine Kapitalbindung? Welche der Anlagen die bessere Nachsteuerrendite haben wird, bleibt der Glaskugel vorbehalten.“

Es bleibt zu hoffen, so VATUM, dass von den neu eingesetzten Expertengremien unter der Leitung des ehemaligen Gouverneurs der Banque de France, Christian Noyer, und Ex-Finanzminister Jörg Kukies wirklich entscheidende Maßnahmen erarbeitet werden, die den europäischen Finanzplatz nachhaltig stärken. Ein noch so schönes Europa-Label sei deutlich zu wenig. (fw)