„Wollen auch im zweiten Halbjahr überzeugen“
04.06.2025

Robert Beer - Foto: Copyright Robert Beer Investment GmbH
„Vielleicht erleben wir 2025 eine Überraschung in Europa“ war der Titel des Interviews mit Fondsmanager Robert Beer Ende letzten Jahres. 6 Monate später haben europäische Aktien deutlich outperformt und EUR/USD neigt zur Schwäche. Zeit für finanzwelt nachzufragen, wie Robert Beer, Geschäftsführer Robert Beer Management GmbH die Märkte einschätzt.
finanzwelt: Herr Beer, Ihr flexibler Mischfonds RB LuxTopic Flex liegt seit Jahresstart per Ende Mai etwa 11 % im Plus, der RB LuxTopic Aktien Europa sogar gut 18%. Nachdem die letzten beiden Jahre etwas verhalten waren, scheint richtig Schwung in die Fonds zu kommen. Woran lag`s?
Robert Beer: Sowohl die Aktienselektion als auch das Risikomanagement funktionieren dieses Jahr ausgezeichnet. Bereits im Februar konnten wir von der starken Performance in Europa profitieren und haben den US-Anteil gesenkt. Als dann Ende März/Anfang April der Einbruch kam, hat unser Risikomanagement seinen Anteil geleistet. Beide Komponenten, die uns seit über 20 Jahren gute Dienste leisten.
finanzwelt: Was ist ihr Geheimnis bei der Aktienselektion?
Beer: Im Aktienbereich handeln wir trendorientiert und setzen auf unsern bewährten Algorithmus zur Aktienselektion. Trends laufen oftmals länger als man denkt. Aktuell sind neben Rüstungsaktien, welche wir aus ESG-Gründen nicht im Depot haben, Banken und Finanztitel extrem stark unterwegs und machen den Schwerpunkt in den beiden Fonds aus. Beim Flex laufen zudem Bauaktien wie Strabag, Hochtief und Vinci sehr gut.
finanzwelt: Die Aktienindizes wurden 2023 und 2024 insbesondere durch die großen Tech-Titel getrieben. Die Top-Werte weisen hohe Gewichtungen auf. Beim S&P machen die Top 5 knapp 30% aus, beim Dax sogar 47%. Wie agieren Sie in den Fonds?
Beer: Beim LuxTopic Flex, dem vermögensverwaltenden global ausgerichteten Mischfonds, verfolgen wir einen anderen Ansatz. Wir haben um die 100 Aktien im Bestand, mit einer tendenziellen Gleichgewichtung. Die Aktien, die sich besser entwickelt haben, weisen hierbei durchaus auch mal über 2% Gewicht im Fonds auf. Eine Konzentration wie in den Indizes ist jedoch nicht vorgesehen. Über lange Zeiträume sind breit aufgestellte Ansätze übrigens nicht nur renditestärker, sondern auch risikoärmer. Neben der breiten Streuung ist auch das Untergewicht der USA ein Grund für die starke Wertentwicklung im bisherigen Jahresverlauf.
finanzwelt: Und im Aktien Europa?
Beer: Hier sind wir konzentrierter aufgestellt, arbeiten jedoch auch mit unserem bewährten Algorithmus zur systematischen Aktienselektion. Im Fonds sind aktuell um die 35 der 50 Eurostoxx50 Titel enthalten. Lediglich die größten Positionen, aktuell SAP, Banco Santander und Allianz sind mit über 5% gewichtet. Finanztitel sind derzeit übergewichtet. Insbesondere Banken laufen sehr gut. Wer hätte das vor 5 Jahren noch gedacht? Unser Modell hilft uns, nüchtern und systematisch zu agieren.
finanzwelt: Wird sich die bessere Entwicklung europäischer Aktien fortsetzen oder kommt jetzt wieder die USA?
Beer: Im LuxTopic Aktien Europa haben wir ein KGV von etwa 13, eine Dividendenrendite von über 4%, eine attraktive Cashflow-Rendite. Die Bewertungsparameter stimmen, die Unternehmen sind global aktiv und haben starke Marken. Derzeit fließt viel Geld nach Europa. Das Investitionsprogramm in Deutschland verspricht einen Paradigmenwechsel, während die USA nicht nur politisch schwerer zu berechnen, sondern auch teurer sind. Daher kann sich der Trend noch eine ganze Weile fortsetzen. Generell gilt jedoch: Wir investieren in Unternehmen, nicht in Länder.
finanzwelt: Wo liegen Ihres Erachtens derzeit die größten Chancen und Risiken?
Beer: Die Investitionsprogramme in China und Deutschland sind schon mal ein guter Impuls. Ein Ende des Ukraine-Kriegs könnte bei Energiepreisen als auch bei Zukunftsaussichten, Stichwort Wiederaufbau, für weitere Euphorie sorgen. Andererseits kann die Stimmungslage schnell ausschlagen – in beiden Richtungen. Die Langfristzinsen sind deutlich gestiegen, das kann die Wirtschaft abwürgen. Die Währungsentwicklung rund um USD/JPY hat letzten August zu einem Kurssturz geführt. Eine Rezession in den USA hat kaum jemand am Schirm, kann bei einem Aufflammen der Zolldiskussion aber schnell passieren. Es gibt viele Unwägbarkeiten, vieles ist möglich.
finanzwelt: Stichwort Risikomanagement, bleibt es hier bei der bewährten Strategie?
Beer: Natürlich. Gerade nach deutlichen Anstiegen bei den Aktienmärkten ist ein Risikomanagement aus unserer Sicht vernünftiger denn je. Wie schnell es gehen kann, hat man im März/April gesehen. Nicht immer wird der Rückgang so schnell wieder aufgeholt werden. Angesichts der Unsicherheiten ist ein robustes und erfolgreiches Risikomanagement vermutlich auch in den kommenden Monaten sinnvoll und essentiell.
finanzwelt: Anleihen sind weiterhin nicht ihr Ding, oder?
Beer: Bonitätsmäßig erstklassige Anleihen liefern aktuell in Euro Renditen unter 3%. Längere Laufzeiten und High Yields mit entsprechenden Risiken ausgeklammert. Die Bewertungen beim Aktien Europa hatten wir schon besprochen, beim Flex weisen unsere Aktien ein KGV um die 15, eine Dividendenrendite von 3% und faire Bewertungsparameter auf. Langfristig sind aus unserer Sicht Aktien deutlich attraktiver als Anleihen. Das Risiko lässt sich anders besser steuern.
finanzwelt: Herr Beer, sie sind Mitte 60 und topfit. Erlauben Sie trotzdem die Frage: Wie lange wollen Sie das Management fortführen und wie ist Ihr Blick nach vorne?
Beer: Nach der starken Phase seit Jahresbeginn wollen wir natürlich auch im zweiten Halbjahr überzeugen. Für mich persönlich bedeutet das Managen nicht Arbeit, sondern Leidenschaft. Dennoch haben Sie natürlich recht, dass man die Weichen rechtzeitig stellen muss. Daher freut es mich umso mehr, dass die Zukunft unserer unabhängigen Boutique mit dem Eintritt meines Sohns Jonas langfristig gesichert ist. Wir sind optimistisch, mit unseren Strategien den Investoren auch in den kommenden Monaten, Jahren und Jahrzehnten ein attraktives Rendite-Risiko-Profil zu liefern sowie ein verlässlicher Partner sein zu können. (ah)

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