Corona verstärkt Ungleichheit

20.04.2021

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Die Corona-Krise könnte für eine stark steigende Ungleichheit auf dem Arbeitsmarkt sorgen. Vor allem geschlechtsspezifische Unterschiede werden zementiert. Zudem zeigen sich jetzt die Nachteile der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes. Das geht aus einer Studie der ING hervor.

Die Corona-Pandemie sorgt zwar für eine massive Wirtschaftskrise - aber nicht für Massenarbeitslosigkeit, zumindest in Europa: So lag im zweiten Quartal 2020, als sich große Teile des Kontinents im ersten Lockdown befanden, die Beschäftigung in der Eurozone „nur“ um 2,1 % unterhalb des Niveaus des vierten Quartals 2019. Wenn man bedenkt, dass die Wirtschaft in jenem Quartal um 15 % einbrach, sind die Auswirkungen  relativ mild. Das geht aus einer Studie der ING hervor, die die Auswirkungen der Corona-Krise in Bezug auf Ungleichheit untersucht hat. Ein wesentlicher Grund, warum die Wirtschaftskrise nicht so stark auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar machte, waren fiskalpolitische Maßnahmen wie Kurzarbeitmodelle. Wie viel Arbeitslosigkeit durch diese möglicherweise abgefedert wurde, macht ein Blick auf die andere Seite des Atlantiks deutlich: So mussten die USA zwischen dem vierten Quartal 2019 und dem zweiten Quartal 2020 einen Beschäftigungsrückgang von 12,8 % verkraften. Zudem befanden sich in der gesamten Eurozone bis zu 32 Mio. Menschen in Kurzarbeit – drei Mal so viele wie arbeitslos gemeldet waren. Dadurch ist auch die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden deutlich gesunken: So wurde laut der ING-Untersuchung im zweiten Quartal 2020 17 % weniger gearbeitet als im Vorjahreszeitraum. Dabei zeigen sich auch deutliche europaweite Unterschiede, die besonders auf die unterschiedliche Corona-Politik der einzelnen Länder zurückzuführen ist: So sank in den Niederlanden, die anfangs noch eine eher lockere Strategie fuhren und mit dem Gedanken spielten, auf Herdenimmunität zu setzen, die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden um 7,5 %. Ganz anders hingegen die Situation in Griechenland, wo sehr früh ein sehr strenger Lockdown mit wochenlagen Ausgangssperren verhängt wurden: Hier wurden im zweiten Quartal 2020 26 % weniger Stunden gearbeitet als ein Jahr zuvor. Nachdem die erste Corona-Welle im Sommer wieder abebbte, ging europaweit auch die Beschäftigung wieder hoch. So erreichten die geleisteten Arbeitsstunden im dritten Quartal fast wieder das Vorkrisenniveau. Die Autoren der ING-Studie geben aber auch zu bedenken, dass nach der Finanzkrise 2008 zehn Quartale gebraucht hatte, um von 95 % auf 100 % der vor der Krise geleisteten Arbeitsstunden zurückzukehren.

Verstärkung der Ungleichheit zwischen Wirtschaftssektoren

Nicht nur zwischen den einzelnen Ländern der Eurozone bestehen große Unterschiede, die aus unterschiedlichen Strategien der Pandemiebekämpfung resultieren, sondern auch zwischen den einzelnen Wirtschaftssegmenten: Gerade Sektoren, die auf Mobilität und soziale Kontakte angewiesen sind (bspw. der Handel, die Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen, die Luftfahrt, das Gastgewerbe, die Gastronomie, das Grundstücks-, und Wohnungswesen, Kunst, Unterhaltung und Erholung), werden von den Anti-Corona-Maßnahmen erheblich getroffen. Entsprechend verzeichnen Länder, deren Bruttowertschöpfung stark von diesen Sektoren abhängt, einen deutlich stärkeren Rückgang bei den geleisteten Arbeitsstunden. Ein Beispiel hierfür ist das bereits oben erwähnte Griechenland, wo die von Corona sehr stark getroffenen Sektoren 40 % zur gesamten Bruttowertschöpfung beitragen.

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