Das Leben ist ein latentes Risiko

01.09.2013

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Sie war jung und sie war wild entschlossen. Nachdem sich die US-Amerikanerin zu dem ihr unbekannten Mann ins Auto gesetzt hatte, kam sie schnell zur Sache. Ihr Ehegatte sei störend, er müsse weg. Von der dann fälligen Risikolebensversicherung versprach sie ihrem Gegenüber einen fünfstelligen Blutzoll.

Pech nur, dass sich der im Internet gefundene vermeintliche Auftragskiller als verdeckter Ermittler herausstellte. Die Dame sitzt nun ein, und die Moral dieser Geschichte lautet: Das Leben an sich ist ein latentes Risiko. Mitunter gerade deswegen, weil es versichert ist.

Den Tod kann man nicht vermeiden, die finanziellen Risiken daraus für die Familie oder Lebenspartner hingegen sehr wohl. Dass mit Risikolebenspolicen kein Sparvorgang verbunden ist, klingt zunächst banal. Ist es aber keineswegs, wie eine repräsentative Umfrage des Instituts für Management und Wirtschaftsforschung (IMWF) im Auftrag der Hannoverschen im vergangenen Herbst gezeigt hat. Etwa nur jeder Zweite (55 %) der insgesamt über 1.000 Befragten schloss demnach kategorisch aus, dass man mit einem solchen Produkt auch etwas für die private Altersvorsorge tun könne. Und dass es im Todesfall einen einmaligen Geldbetrag gibt, wussten 43 % nicht. Bei den 30- bis 39-Jährigen zeigte sich sogar jeder Zweite ahnungslos. Sorglos zumindest gehen sogar diejenigen mit ihrem Schicksal um, die sich zum Vertragsabschluss durchgerungen haben. Die durchschnittliche Versicherungssumme liegt nämlich bei etwa 75.000 Euro. Allerdings ist dies – wie stets in der Statistik – ein Mittelwert. Viele dieser Kunden haben also deutlich geringere Summen abgeschlossen. Robert Linnemann, Produktleiter klassische Altersvorsorge beim VOLKSWOHL BUND, verwundert das jedoch nicht: „Leider schätzen Kunden ihr Todesfallrisiko tendenziell zu niedrig ein. Oftmals sind die mickrigen Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung und die daraus resultierenden Versorgungslücken schlichtweg nicht bekannt." Hier sei die Beratungsleistung des Maklers gefragt.

Dabei gibt es gute Produkte zu „Spottpreisen", die Versicherer unterbieten sich zurzeit. Den Vogel hat gerade die WWK abgeschossen. Beim Abschluss ihrer „PremiumRisk" zwischen dem 1. August und dem 31. Dezember 2013 kosten die ersten sechs Monate Versicherungsschutz nichts. Und die Gesundheitsprüfung fällt auch noch geringer aus. Allerdings gilt dieses Schnäppchen-Angebot nur für Todesfallsummen bis 150.00 Euro.

Trotz der von Kunden zumeist viel zu niedrig abgeschlossenen Versicherungssumme wiegen sie sich in einer Scheinsicherheit. Wie beispielsweise im Jahr 2004 der 33-jährige Alleinernährer einer vierköpfigen Familie. Er hatte sich gegen den ausdrücklichen Rat des ihn betreuenden Maklers für nur 100.000 Euro Versicherungssumme entschieden. Und acht Jahre später auf einem unbeschrankten Bahnübergang einen Zug übersehen. Sein Tod riss ein finanzielles Loch, die Familie hockte plötzlich auf einem Schuldenberg von fast einer halben Million Euro. Den ließ sie über einen Anwalt beim Makler wegen Falschberatung einklagen. Dieser habewissen müssen, dass die versicherte Todesfallsumme viel zu niedrig kalkuliert worden sei. Nun hatte der Berater erst 2007 eine Vermögensschadenhaftpflichtpolice abgeschlossen. Dass ihm der Anwalt dennoch keinen Strick aus seiner damaligen Beratung drehen konnte, war nur der Akribie des Vermittlers zu danken. Obwohl er es 2004 rechtlich noch gar nicht musste, hatte er ein detailliertes Beratungsprotokoll geschrieben und von seinem Kunden gegenzeichnen lassen.

Es stellt sich schnell die Frage, wie umfangreich eine Risikolebensversicherung denn eigentlich sein sollte, damit im schlimmsten Fall kein existenziell gefährlicher Engpass entsteht. Denn dazu kommt es fast unweigerlich, wie die Statistik ausweist. Laut Rentenversicherungsbericht 2012 lag die durchschnittliche Witwenrente in Westdeutschland bei mickrigen 564 Euro, in den neuen Bundesländern bei 586 Euro. Waisen mussten sich mit 158 bzw. 165 Euro im Monat begnügen. Sogar Verbraucherschützer, sonst stets auf jeden Euro bedacht, folgen in diesem Punkt der Empfehlung vieler Versicherer: Fünf Bruttojahresgehälter sollten es mindestens sein, wenn hinter dem Kunden auch noch Frau und Kinder stehen. Bei 50.000 Euro Jahresgehalt brutto sind es also 250.000 Euro. Doch vielfach reicht auch das nicht. Macht die Familie Schulden, beispielsweise durch einen Immobilienerwerb, müssen auch diese bei der Versicherungssumme berücksichtigt werden oder eine Erhöhung der Versicherungssumme sollte in Betracht gezogen werden. Linnemann ergänzt: „Verbundene Risikolebensversicherungen bieten eine günstige Absicherungsmöglichkeit für Lebenspaare. Beim VOLKSWOHL BUND erhalten beide Partner bzw. die Hinterbliebenen mit dem Baustein ‚PartnerPlus' die gleiche Todesfallleistung. Man sollte jedoch beachten, dass verbundene Lebensversicherungen bei Trennung und Scheidung nicht immer völlig problemlos getrennt werden können."

Qualitativ hochwertige Risikolebensversicherungen bieten eine Nachversicherungsgarantie ohne Gesundheitsprüfung.

Die von der Helvetia beispielsweise im Frühjahr auf den Markt gebrachte „Risiko+" erlaubt ein Aufstocken der Versicherungssumme z. B. beim Immobilienerwerb, wenn sich Nachwuchs einstellt oder der Versicherungsnehmer aus einem Angestelltenverhältnis in die Selbstständigkeit wechselt. Flexibel ist das Angebot aber auch in anderer Hinsicht. So kann man frei wählen, ob die vom Versicherer erzielten und per Gesetz teilweise den Kunden zustehenden Gewinne zur Herabsetzung des laufenden Beitrages verwendet oder zur Erhöhung der Todesfallsumme. Und nicht nur das. In den ersten zehn Jahren der Vertragslaufzeit kann die Risikopolice auch in eine konventionelle Rentenversicherung umgetauscht werden.

Bei Generali ist in den ersten fünf Jahren sogar nicht mal ein Anlass erforderlich, um den Risikoschutz ohne neuen Gesundheitscheck aufstocken zu dürfen. Mit Ereignis gilt wie bei Helvetia eine Zehn-Jahres-Regel. Im Gegensatz zur Generali kann die Police in den ersten zehn Jahren nicht in eine Renten-, sondern in eine Kapitallebensversicherung umgetauscht werden. Eher Old School kommt Generali mit den Tarifierungskriterien daher. Sie unterscheidet lediglich zwischen Rauchern und Nichtrauchern. Helvetia will es da schon genauer wissen. Hier spielt nicht nur der blaue Dunst eine Rolle. Gefragt wird auch, ob der Antragsteller eine akademische Ausbildung hat und eigene Kinder – und wie es um seinen Body-Mass-Index bestellt ist. Man wolle eben den gesunden Lebensstil honorieren, heißt es dazu aus dem Unternehmen.

Das will offenbar auch CARDEA.life. Fragen nach dem Beruf, der Lebensstellung und natürlich der Gesundheit sind üblich – so will das Unternehmen die Beiträge niedrig halten, möglichst auf Direktversicherer-Niveau. Zudem wird auch richtig was fürs Geld geboten. Bei „CARDEA premium life" können Todesfallsummen im siebenstelligen Bereich versichert werden. Bei „CARDEA fairplay" wird eine niedrige und danach jährlich dynamisierte Anfangsprämie berechnet. Die Versicherungssumme ist auf 150.000 Euro limitiert. Wählt ein Kunde die jährliche Beitragssteigerung nachträglich ab, sinkt sein Risikoschutz in der Folge kontinuierlich. Zu beiden Produkten bietet das Unternehmen Komfortlösungen an. Bei diesen wird die versicherte Summe bereits ausgezahlt, wenn der Kunde schwer erkrankt. Bei der Nachversicherungsgarantie geht es hingegen nicht so flexibel zu. Sie gilt nur sehr eingeschränkt.

Eine vorgezogene Zahlung im Dread-Disease-Fall sehen auch der Anfang des Jahres eingeführte Top-Tarif der Zurich und die PremiumRisk der WWK vor. Zurich hat die Tarifierung besonders verfeinert. Sie fragt sogar nach dem genauen Anteil der Bürotätigkeit und ob der mögliche Kunde ein Motorrad fährt.

Fazit

Dass viele Versicherer immer detaillierter nach privaten Lebensumständen forschen, hat einen handfesten Grund. Seit der Verpflichtung zu Unisex-Tarifen im Neugeschäft ab Dezember 2012 können sie nichtmehr wie früher kalkulieren. Vorher zahlten Männer für denselben Risikoschutz höhere Beiträge als Frauen, weil sie gefährlicheren Hobbys nachgehen und auch sonst einem ungesünderen Lebensstil zugewandt sind. Mit Unisex haben sich zwar nicht die Risiken der beiden Geschlechter angeglichen, wohl aber die Beiträge. Demzufolge weichen die Anbieter dieser Produkte immer stärker auf alternative Klassifizierungsmerkmale aus. Und es ist nun mal erwiesen, dass Akademiker im Schnitt gesünder leben als Kunden mit Hauptschulabschluss. Alles eine Frage der Sichtweise also.

(Theresa Appenzell)

Risikolebensversicherung - Online-Ausgabe 03/2013