Fed zwischen Arbeitsmarktstütze und politischem Druck

03.09.2025

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Die Kapitalmärkte blicken gespannt nach Washington, denn die US-Notenbank (Fed) steht vor einem entscheidenden Wendepunkt. Angesichts einer merklich abgekühlten Arbeitsmarktdynamik und gleichzeitig hartnäckiger Inflation wird im September mit großer Wahrscheinlichkeit die erste Zinssenkung seit langer Zeit erfolgen. „Powells Signal aus Jackson Hole war eindeutig. Die Fed wird die Beschäftigung schützen und nimmt dafür temporär eine höhere Inflation in Kauf“, sagt Evan Brown, Head of Multi-Asset Strategy bei UBS Asset Management (UBS-AM). Für die Märkte bedeutet das mehr Rücken- als Gegenwind, solange die Inflationserwartungen stabil bleiben.

Die schwächeren Beschäftigungsdaten im Sommer – inklusive deutlicher Abwärtsrevisionen – haben die Risikolage verändert. UBS-AM erwartet deshalb, dass die Fed eine vorsichtige Zinssenkungsrunde einleitet, um einer drohenden Rezession vorzubeugen. „Eine Rezession wäre aus unserer Sicht deutlich schädlicher als ein weiteres Jahr mit Inflationsraten über dem Zielwert. Deshalb ist der Schritt im September folgerichtig“, betont Brown. Entscheidend bleibt jedoch: Weitere Zinsschritte hängen von den kommenden Konjunkturdaten ab.

Neben der geldpolitischen Lage rückt ein weiteres Thema in den Vordergrund: die Unabhängigkeit der Fed. US-Präsident Donald Trump versucht, die Zusammensetzung des Führungsgremiums nachhaltig zu prägen. Er könnte schon bald mehrere Sitze im Board of Governors neu besetzen, einschließlich des Vorsitzes ab Mai 2026.

„Die Märkte unterscheiden sehr genau zwischen einem glaubwürdigen geldpolitischen Dovish-Ton und politisch motivierten Personalentscheidungen. Sollte Letzteres überwiegen, könnte das die Glaubwürdigkeit der Fed schmälern und die langfristigen Zinsen nach oben treiben“, warnt Brown. Für Investoren könnte dies einen Paradigmenwechsel bedeuten, insbesondere wenn die USA als globaler Anker für die Preisstabilität infrage gestellt würden.

Trotz der Risiken sieht UBS-AM weiterhin aussichtsreiche Perspektiven für Anleger. Die Gründe dafür sind solide nominale Wachstumsraten, Rückenwind durch den globalen Investitionszyklus in Künstliche Intelligenz und eine Fed, die bereit ist, den Arbeitsmarkt zu stützen. „Wir bleiben in globalen Aktien übergewichtet, mit klarer Präferenz für die USA und die Emerging Markets“, so Brown. Staatsanleihen sind aus Sicht von UBS-AM fair bewertet, behalten aber ihre Funktion als Absicherung für ein mögliches Abrutschen der Konjunktur.

Auch auf Währungsebene zeichnet sich ein klares Bild ab: UBS-AM bleibt beim US-Dollar bärisch und setzt auf eine Abwertung gegenüber dem Euro und ausgewählten Schwellenländerwährungen. Edelmetalle wie Gold und Silber gewinnen zusätzlich an Attraktivität – nicht nur als Diversifikationsbaustein, sondern auch als Schutz gegen ein mögliches Glaubwürdigkeitsrisiko der Fed. „Ein schwächerer Dollar und starke Edelmetalle sind in diesem Umfeld gleich doppelt sinnvoll. Fundamental und als Absicherung gegen politische Einflussnahme“, fasst Brown zusammen.

Derzeit reagieren die Märkte vor allem auf die kurzfristige Unterstützung durch die Fed. Die kommenden Monate könnten jedoch entscheidend werden, sollte es Trump gelingen, die Notenbankführung stärker unter politischen Einfluss zu bringen. UBS-AM berücksichtigt deshalb zwei Szenarien: ein Basisszenario mit weiterem Rückenwind für Risikoanlagen und ein Risikoszenario, in dem die Glaubwürdigkeit der Fed Schaden nimmt. „Anleger sollten beide Möglichkeiten im Blick behalten und ihre Portfolios so ausrichten, dass sie von der Unterstützung durch die Fed profitieren können, ohne die politischen Risiken zu unterschätzen”, sagt Brown.

Marktkommentar von Evan Brown, Head of Multi-Asset Strategy bei UBS Asset Management.