„Der AfW ist ein starkes Sprachrohr“

12.06.2025

Der AfW-Vorstand: Norman Wirth, Franziska Geusen und Frank Rottenbacher / Foto: © fw

Exklusiv

finanzwelt: Was kann Ihr Verband in diesem Zusammenhang konkret tun?

Wirth: Wir bringen uns aktiv in politische und fachliche Diskussionen ein – mit Stellungnahmen, Gesprächen mit Abgeordneten, Ministerien, der Presse und Branchenakteuren. Aber ein wesentliches Thema ist uns allen eine Herzensangelegenheit, weil so immens wichtig: Finanzbildung! Seit Jahren sprechen wir über den Missstand bei diesem Thema hierzulande. Bis dato gab es zwar einige Ansätze, dies zu verbessern, doch die Durchschlagskraft fehlte. Hier ist ein gesetzlicher Rahmen vonnöten und die Politik dringend gefordert. Wir als AfW setzen uns zudem, neben anderen engagierten Mitstreitern, für eine DIN-Norm für Finanzbildung ein und beraten darüber, wie diese en détail aussehen sollte. Das ist natürlich ein dickes Brett! Hierzulande braucht es einheitliche Regelungen und Rahmenrichtlinien, um der Finanzbildung, auch in den Schulen, den Stellenwert beizumessen, der ihr zusteht. Dass unser föderales Bildungssystem da nicht hilfreich ist, steht außer Frage.

Geusen: Es geht dabei nicht um Produktverkauf, sondern um die Vermittlung von Grundwissen. Junge Menschen sollen in die Lage versetzt werden, fundierte finanzielle Entscheidungen zu treffen. Deshalb plädieren wir auch für ein verpflichtendes Schulfach ‚Wirtschaft und Finanzen‘ und für die praxisnahe Einbindung von Fachleuten in den Schulalltag.

Rottenbacher: Um es klar zu sagen – Finanzbildung gehört in die Schulen. Je früher die Wissensvermittlung dort einsetzt, umso einfacher und zielführender ist es. Erfreulicherweise gibt es schon einige Vorzeigeprojekte und diese unterstützen wir als Verband auch. Studien legen dar, dass die Finanzbildung an Schulen für die überwiegende Mehrheit unzureichend ist. Besonders der Umgang mit Geld und Versicherungen wird nicht genügend vermittelt, um auf das Alltagsleben vorzubereiten.

finanzwelt: Ein anderer Themenstrang, der die Vermittlerbranche seit Jahren auf Trab hält – Regulierung. Wo stehen wir hier?

Wirth: Man muss klar zwischen nationaler und europäischer Ebene unterscheiden. Positiv im Koalitionsvertrag ist das klare Bekenntnis zur Koexistenz von Honorar- und Provisionsberatung. Wörtlich heißt es: ‚Die honorar- und provisionsbasierte Finanzberatung werden wir nebeneinander erhalten.‘ Auf der übergeordneten europäischen Ebene haben wir noch immer das Thema Kleinanlegerstrategie am Kochen und hält voraussichtlich mit der FiDA ein weiteres Großprojekt Einzug in den Berater- und Vermittleralltag.

finanzwelt: Was hat es mit der FiDA (Financial Data Access) auf sich?

Wirth: Die FiDA-Verordnung soll einen einheitlichen Rechtsrahmen für den Zugang zu Finanzdaten schaffen. Ziel ist es, Kundinnen und Kunden mehr Kontrolle über ihre Daten zu geben und datengetriebene Innovationen im Finanzsektor zu fördern. Aktuell ist der Finanzdatenzugang oft fragmentiert und durch unterschiedliche technische Standards sowie regulatorische Barrieren eingeschränkt. Für Vermittler ist dieses Vorhaben eine Chance. Es geht hin zur Individualisierung in der Beratung und den vereinfachten Zugang zu Daten. Natürlich ergeben sich auch neue Herausforderungen. Alle werden sich darauf einstellen müssen, dass der Umgang mit Daten mit strikteren regulatorischen Anforderungen einhergeht und Leitplanken gesetzt werden. Das ist bei diesem Thema aber auch gut so.

finanzwelt: Die Digitalisierung schreitet unaufhörlich voran. In der jüngeren Vergangenheit treibt die Künstliche Intelligenz (KI) viele Marktteilnehmer um. Haben Sie Erkenntnisse darüber, inwiefern Vermittler bereits heute die KI aus Effizienzgründen einsetzen?

Rottenbacher: Die Auswertung des 17. AfW Vermittlerbarometers vom Ende des vergangenen Jahres hat ergeben, dass die Nutzung generativer Künstlicher Intelligenz, zum Beispiel von ChatGPT, in der Finanz- und Versicherungsvermittlung zwar zugenommen hat, aber im Maklerbüro noch auf niedrigem Niveau bleibt. Erst etwas mehr als ein Drittel der Vermittlerinnen und Vermittler setzen KI-Tools wie ChatGPT aktiv ein – immerhin aber schon eine Verdoppelung im Vergleich zum Vorjahr, wo es nur 16 % waren. Dennoch ist der Einsatz insgesamt noch gering. Die größten Bedenken betreffen Fehleranfälligkeit, Kontrollverlust und Datenschutz.

finanzwelt: Abschließend: Unlängst las ich, dass Sie einige prominente Fördermitglieder beim AfW begrüßen konnten. Welche Rolle nehmen diese bei Ihnen ein?

Geusen: Neben unseren regulären Mitgliedern freuen wir uns über mittlerweile rund 100 Fördermitgliedsunternehmen aus allen Bereichen der Branche. Jüngst kamen prominente Namen wie Flossbach von Storch oder Vanguard hinzu – das zeigt: Wir sind nicht allein auf die Versicherungswirtschaft fokussiert. Der AfW ist breit aufgestellt und ein starkes Sprachrohr für die gesamte unabhängige Vermittlerschaft. (ah/sg)