„Die Zeiten, in denen jede Geldanlage sicher war, sind vorbei“
14.08.2025

Jens Steigenhagen. Foto: © Steigenhagen Consulting
Viele Jahrzehnte lang galten fast alle Vermögenswerte als sicher, weshalb immer mehr Menschen in Aktien, Anleihen, Edelmetalle, Immobilien und Kryptowährungen investierten. Die Zeiten haben sich jedoch geändert: Vermögenswerte sind heute einer Vielzahl von Risiken ausgesetzt, die den Wert drastisch mindern können, teilweise bis hin zum Totalverlust. Als Lösung hat Jens Steinhagen den RüVER®-Stresstest mitentwickelt, um Vermögenswerte unter der Berücksichtigung wachsender allgemeiner, wirtschaftlicher und geopolitischer Unsicherheiten individuell zu analysieren und den Risiken entsprechend zu bewerten. Im Gespräch erläutert er, warum klassische Anlagen an Sicherheit verloren haben, welche Gefahren heute lauern und wie Anleger ihr Vermögen krisensicherer aufstellen können.
„Keine Anlageform steht im luftleeren Raum“
Herr Steinhagen, Vermögen aufzubauen gilt heute als große Herausforderung. Woran liegt das?
Jens Steinhagen: Wer für die Zukunft vorsorgen und sich neben der Rente ein Vermögen aufbauen möchte, hatte in der Vergangenheit viele Möglichkeiten der Geldanlage. Diese Zeiten haben sich jedoch massiv geändert, was viele Anleger zunehmend beunruhigt. Renten- und Lebensversicherungen als klassische Anlageformen haben längst ausgedient. Das Gleiche gilt für Spar- und Tagesgeldkonten, die aufgrund niedriger Zinsen und der Abgeltungssteuer keine NettoGewinne mehr abwerfen. Deshalb ist es kein Wunder, dass sich immer mehr Anleger nach Alternativen umsehen, die das Kapital tatsächlich gewinnbringend vermehren.
Welche Möglichkeiten stehen denn heute überhaupt noch zur Verfügung?
Steinhagen: Die Auswahl ist größer denn je. Anleger investieren in Aktien und Aktienfonds, Renten-, Rohstoff- oder Mischfonds, offene und geschlossene Immobilienfonds, gemanagte Portfolios, ETFs, Anleihen, Crowdfunding, Kryptowährungen, Immobilien, physische Edelmetalle und Beteiligungen. Jede dieser Anlagen birgt Chancen, aber eben auch Risiken. Und jede hat eine bestimmte Funktion – die sich teilweise drastisch ändern kann, wenn strukturelle, gesetzliche oder geopolitische Veränderungen eintreten.
Wie wirkt sich das konkret auf einzelne Anlageformen aus?
Steinhagen: Aktien sind zum Beispiel sehr beliebt, vor allem bei renditeorientierten Investoren. In Zeiten von Wirtschaftsstillstand oder gar Rückgang bergen sie allerdings erhebliche Verlustrisiken. ETFs hingegen eignen sich durch ihre breite Streuung, die indirekte Aktienbeteiligung und ihre geringere Kostenstruktur eher für risikoreduzierte Anlagen. Ganz ohne Risiko ist jedoch keine Vermögensanlage, denn jede hat einen Bezug zu realen wirtschaftlichen oder politischen Gegebenheiten und steht nicht im luftleeren Raum.
Wird das in der Praxis ausreichend berücksichtigt?
Steinhagen: Leider nicht. Aufgrund vieler wirtschaftlich starker Jahrzehnte wurden diese Zusammenhänge oft vernachlässigt oder in Beratungsgesprächen gar nicht thematisiert. Die Erfahrung zeigt, dass zu oft die Rendite im Vordergrund steht und zu wenig die Vermögenssicherung oder der Vermögensschutz. Dabei wäre genau das heute wichtiger denn je – gerade in den letzten Wochen und Monaten, in denen geopolitische Spannungen zu starken Kursschwankungen geführt haben. Auslöser waren unter anderem die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten sowie die von Donald Trump veranschlagten Schutzzölle.
Das heißt, zu den klassischen Marktrisiken kommen noch weitere hinzu?
Steinhagen: Richtig. Neben den üblichen Marktrisiken gibt es aktuell geopolitische Zusatzrisiken. Wer sein Portfolio nicht an die neue Situation anpasst und regelmäßig aktualisiert, muss mit starken Schwankungen oder sogar Verlusten rechnen.
Sind Sachwerte wie Immobilien oder Edelmetalle in diesem Umfeld die sichere Lösung?
Steinhagen: Sie können eine gute Alternative sein, aber auch sie sind nicht völlig risikofrei. Bargeld, Edelmetalle, Diamanten und Kunstgegenstände sind zum Beispiel nicht vor Diebstahl geschützt. Zudem gibt es Risiken bei der Echtheit: Kunst und Gold werden vielfach gefälscht, Diamanten auch künstlich hergestellt. Immobilien wiederum können durch versteckte Mängel oder Veränderungen in der Mikrolage an Wert verlieren – etwa durch den Bau eines Industriekomplexes, einer Militäranlage oder einer Unterkunft für geflüchtete Menschen.
„Über vielen Vermögenswerten schwebt heute ein Damoklesschwert“
Herr Steinhagen, viele Anleger fragen sich derzeit: Welche Vermögenswerte sollte man behalten, welche besser verkaufen?
Steinhagen: Diese Frage stellen sich tatsächlich viele, weil sie ihr Vermögen aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen und politischen Lage in Gefahr sehen. Die Sorge ist auch nicht unbegründet. Da aber Vermögenswerte wie bereits erwähnt einer Vielzahl von Risiken ausgesetzt sind, kann man diese Frage nicht mit einer allgemeingültigen Antwort versehen. Vielmehr braucht es eine individuelle Konzeptlösung. Man muss sich sehr individuell auch fragen, wofür wurden Anlagen gekauft, wohin sollen sie einmal führen und halten sie dem Weg zum Ziel stand. Zum Beispiel können geopolitische Spannungen etwa zu einer Abwertung von Währungen oder zu Problemen in den Lieferketten führen. Allein das hat schon Auswirkungen auf verschiedene Anlagenformen.
Was bedeutet das konkret für Unternehmen und Märkte?
Steinhagen: Allgemein kann man sagen, dass Märkte fragiler reagieren und dass selbst große Unternehmen nicht mehr die Stabilität innehaben, die sie früher hatten. Ein paar Beispiele verdeutlichen das: Höhere Zölle können selbst wirtschaftlich solide Unternehmen dazu zwingen, Werke zu schließen, Massenentlassungen vorzunehmen oder sogar Insolvenz anzumelden. Die Energiewende bringt derzeit selbst große Konzerne an den Rand ihrer Belastungsgrenze oder darüber hinaus. Und mit der größten Schuldenaufnahme in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland stehen wir vor weiteren Herausforderungen. Dazu kommen strukturelle Probleme, eine überbordende Bürokratie und eine sehr hohe Steuerlast für Unternehmen. Deutschland als viertgrößte Wirtschaftsnation steckt fest: Wir erleben mittlerweile das dritte Jahr in der Rezession, und die Zahl der Unternehmensinsolvenzen bleibt hoch – Tendenz weiter steigend.
Welche Auswirkungen hat das auf die verschiedenen Anlageklassen?
Steinhagen: All diese Faktoren wirken sich auf die Aktienkurse aus. Im Immobilienbereich drücken zusätzlich steigende Zinsen auf die Preise. Vermögensabgaben auf Immobilien und Kapitalanlagen werden ebenfalls intensiv diskutiert. Einige gesetzliche Möglichkeiten sind in den letzten Jahren bereits verabschiedet worden und hängen jetzt wie ein Damoklesschwert über den geschaffenen Vermögenswerten. Unser Bundeskanzler Merz hat mehrfach und sehr deutlich gesagt, man müsse „private Vermögen mobilisieren“, um die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern.
Sind Edelmetalle eine sichere Alternative?
Steinhagen: Auch Edelmetalle sind nicht ohne Risiko. In der Vergangenheit hat der Staat den Besitz und den Handel mit Edelmetallen schon mehrfach eingeschränkt oder sogar verboten. Durch sogenannte Offenlegungspflichten könnte der Zugriff durch den Staat künftig noch leichter werden.
Welche weiteren Gefahren sehen Sie aktuell?
Steinhagen: Cyberangriffe, Identitätsdiebstähle und Ausfälle bei Cloud- oder Zahlungsdienstleistern können ebenfalls zu einem Verlust von Vermögenswerten führen. Besonders betroffen sind digitale Vermögenswerte, weil Diebstähle hier schwer nachzuverfolgen sind. Die Täter arbeiten oft grenzüberschreitend, was die Aufklärung fast unmöglich macht. Kryptowährungen sind diesbezüglich besonders gefährdet.
Ist das auch der Grund, warum sich immer mehr Anleger für den RüVER®-Stresstest interessieren?
Steinhagen: Genau. Immer mehr Menschen lassen ihre Vermögenswerte gezielt auf Krisenanfälligkeit und Krisenstabilität prüfen. Ich war maßgeblich an der Entwicklung des RüVER®-Stresstests beteiligt, um Anlegern hier eine klare Analyse und Orientierung zu bieten.
„Unser Stresstest simuliert Krisen, bevor sie Realität werden“
Herr Steinhagen, was genau ist der RüVER®-Stresstest?
Steinhagen: Der RüVER®-Stresstest ist eine spezielle und individuelle Analyse von Vermögenswerten, bei der wir unter realistischen Szenarien prüfen, wie krisenfest diese Werte tatsächlich sind. Ich war maßgeblich an der Entwicklung beteiligt. Mit über 35 Jahren Erfahrung im Finanzbereich und meiner Arbeit als Mitentwickler der Deutschen Finanznorm DeFiNo in den Jahren 2008 bis 2010 konnte ich viele Erkenntnisse einbringen.
Was passiert genau bei diesem Stresstest?
Steinhagen: Wir können mit dem RüVER®-Stresstest reale Krisenszenarien schon im Vorfeld simulieren. Dazu gehören nicht nur Enteignungen, Währungsreformen oder Kapitalverkehrskontrollen. Auch Inflation oder gesetzliche Regelungen, die bestimmte Vermögenswerte betreffen, können das Vermögen gefährden – und genau das beziehen wir in unsere Analyse mit ein.
Wie ist der Name „RüVER“ entstanden?
Steinhagen: Der Name ist bewusst gewählt und setzt sich aus den beiden Wörtern „Rücklagen“ und „Vermögensschutz“ zusammen. Das sind die zentralen Elemente des Stresstests.
Wie läuft die Analyse für den Kunden ab?
Steinhagen: Wir starten immer mit einem persönlichen Gespräch, um die vorhandenen Vermögenswerte genau zu analysieren und mögliche Schwachstellen offenzulegen. Danach gebe ich konkrete Handlungsempfehlungen, damit das Vermögen besser vor den identifizierten Risiken geschützt werden kann.
„Wir prüfen nicht nur Zahlen, sondern auch die Funktion jedes Vermögenswerts“
Herr Steinhagen, was unterscheidet den RüVER®-Stresstest von herkömmlichen Online-Tools zur Vermögensanalyse?
Steinhagen: Der RüVER®-Stresstest ist keine standardisierte Online-Abfrage, sondern eine individuelle, streng vertrauliche Vermögensanalyse, die ich persönlich begleite. Der Zugang erfolgt ausschließlich auf persönliche Einladung. Formulare, wie man sie von klassischen Analyse-Tools kennt, gibt es bei uns nicht.
Wie beginnt so ein Stresstest?
Steinhagen: Am Anfang steht immer ein ausführliches Erstgespräch. Dabei nehmen wir das vorhandene Vermögen genau unter die Lupe und prüfen, ob sich die Vermögenswerte überhaupt für einen Stresstest eignen. Wenn das der Fall ist, analysiere ich die komplette Vermögensstruktur und setze sie anschließend gezielt einer Vielzahl möglicher Krisenszenarien und verschiedener Eskalationsstufen aus, die das Vermögen in Zukunft gefährden könnten. Diese Szenarien werden individuell an die konkreten Vermögenswerte, die persönliche Situation des Kunden und die Zukunftsplanung der Familie angepasst.
Welche Risiken können Sie damit aufdecken?
Steinhagen: Wir ermitteln potenzielle Schwachstellen, die später zu Problemen führen könnten. Typische Beispiele sind Klumpenrisiken, wenn Investitionen überwiegend in eine bestimmte Anlageklasse, Währung oder ein Land fließen. Angesichts der aktuellen Situation und der Gesetzeslage reicht es heute nicht mehr aus, Aktien nur breit zu streuen oder das Geld nicht bei einer einzigen Bank zu haben. Man muss auch mögliche Einlagensicherungslücken und die Folgen von Bankenpleiten im Blick haben.
Prüfen Sie auch steuerliche oder rechtliche Aspekte?
Steinhagen: Ja, der RüVER®-Stresstest deckt auch steuerliche und rechtliche Schwachstellen auf, allerdings ohne eine steuerliche oder rechtliche Beratung durchzuführen. Dafür habe ich ein Netzwerk aus Experten, die bei Bedarf den Beratungsprozess begleiten.
Gibt es dabei einen besonderen methodischen Ansatz?
Steinhagen: Ja, wir nutzen ein völlig neues Bewertungsverfahren – die funktionelle Diversifizierung. Dabei geht es nicht nur um die Streuung des Vermögens, sondern darum, welche Funktion jeder Vermögenswert im Portfolio hat und wie er sich in unterschiedlichen Krisenszenarien verhält. Auf dieser Basis kann ich konkrete Handlungsempfehlungen geben, um das Vermögen zu optimieren und gegebenenfalls abzusichern.
Wird der Stresstest nur einmal durchgeführt?
Steinhagen: Auf Wunsch bewerten wir die Vermögenswerte jedes Jahr neu – oder auch in kürzeren Abständen, wenn sich die Rahmenbedingungen massiv ändern. So bleibt das Vermögen auch langfristig auf einem stabilen Fundament.
„Es gibt nicht die eine sicherste Anlage“: Das Fazit von Jens Steinhagen
Herr Steinhagen, wenn Sie ein Fazit ziehen – was ist die wichtigste Erkenntnis aus dem RüVER®-Stresstest?
Steinhagen: Die wichtigste Erkenntnis ist: Kein Vermögenswert ist gänzlich frei von Risiken. Es gibt nicht die eine „sicherste Anlage“, die vor allen Gefahren schützt. Vielmehr kommt es darauf an, ein individuell gestaltetes Portfolio mit ausreichenden Schutzmechanismen aufzubauen.
Welche Risiken bedrohen Vermögen heute konkret?
Steinhagen: Die Liste ist lang: Aktienblasen, Cyberangriffe, neue Gesetze, geopolitische Veränderungen, strukturelle Entwicklungen, ungedeckte Goldverkäufe, weltweite Staatsverschuldung, Inflation, Zusatzabgaben, Enteignungen, Identitätsdiebstähle, Bankenpleiten und Klumpenrisiken. Das alles kann Vermögenswerte beeinträchtigen oder sogar vernichten.

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