Droht ein Ende des Schuldenwohlstandes
01.12.2025

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Meine Kunden jubeln über die Hausse in Edelmetallen und diesbezüglicher Aktien. Sind die Gründe aber wirklich der Ukraine-Krieg, die steigende Inflation oder die Zölle Trumps. Oder wachsen schon die Zweifel an einem gesunden Finanzsystem, fragt von Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH.
Darauf deutet auch die Unterperformance der Krypto-Währungen hin. Aber die wichtigsten Indices sind doch am Höchststand und signalisieren Aufbruch zu neuen Ufern. Zumal alle Regierungen bereit sind, Investitionen zu tätigen und die Notenbanken die Wirtschaft mit niederen Zinsen unterstützen möchten. Demnach steigen die Aktienkurse weiter, zumal Themen wie KI der Fantasie freien Lauf lassen. Außerdem sind viele Probleme bekannt und trotzdem sehen wir neue Höchstkurse. Bei solchen Meldungen verlieren Gefahrenherde ihren Schrecken. Die letzte nennenswerte Abwärtsbewegung bei Aktien fand von 2006 bis 2009 statt. Da waren viele der heutigen Börsenteilnehmer noch nicht aktiv. Das bedeutet aber auch: Eine Baisse kennen sie nur aus dem Lehrbuch. Ich will hier auch keine Angst entfachen, sondern darauf hinweisen, dass Vorsicht die Mutter der Porzellankiste ist. Das heißt: Die eigene Strategie anpassen.
Ein derzeit unbeachtetes Warnsignal stellt die seit fast zwei Jahren herrschende inverse Zinsstruktur dar. Diese stellte bisher den besten Indikator dar für eine kommende Rezession. Da sie aber recht lange Zeit ohne Wirkung geblieben ist, entstand an der Börse eine zweifelhafte und deshalb nicht ungefährliche Selbstzufriedenheit. So wird aus den USA von einem gesunden Wachstum um die drei Prozent gesprochen. Da die Wirtschaft noch zu etwa 70 Prozent vom Konsum abhängig ist, sind folgende Daten wichtig für die zukünftige Einschätzung. Die US-Verbraucher haben bis jetzt noch ihr Polster aus der Pandemie „verfrühstückt“, entstanden durch nicht konsumieren können und staatlichen Hilfen. Diese Gelder sind jetzt aufgebraucht. Hinzu erreichen die Kreditkartenschulden neue Höchststände, während die Sparquoten rückläufig sind. Außerdem leiden sie unter den steigenden Lebensmittelpreisen.
Ein nicht endender Trend ist die weltweite Verschuldung. Sie hat sich allein in diesem Jahrhundert in Deutschland mittlerweile mehr als verdreifacht, in den USA fast versiebenfacht (6,7). Gleichzeitig hat sich das BIP hier nur verdoppelt, in den USA ist es um das 2,89-fache gestiegen. Unisono sind die Schulden deutlich mehr gestiegen als die Wirtschaft. Weltweit errechnet sich eine 3-fache Verschuldung zum Welt-BiP. Da nahezu alle Länder jährlich ein Haushaltsdefizit ausweisen, wächst der Schuldenberg immer weiter. Ein Wille zum Sparen ist nicht vorhanden. Mitte November warnte sogar die Bundesbank vor ausufernden Schulden. Die Regierungen müssen zudem schon kreativ werden, um ihre Ausgaben zu finanzieren. Auch hier ein Blick auf die größte Volkswirtschaft über dem Teich. Die USA läuft mit großen Schritten auf die 38 Billionen zu. Um diese einzuordnen. Die Staatsschulden sind größer als das BIP von China, Indien, Deutschland, Japan und England zusammen. Dafür zahlen die Amis heute schon 1,2 Billionen an Zinsen. Bei einem Durchschnittszins von nur 3,3%. Damit ist der Zinsaufwand in Haushalt ein größerer Posten als die Verteidigung und das Gesundheitswesen.
Daraus entsteht ein Damokles-Schwert von nicht kalkulierbarer Größe: Die langfristigen Zinsen. Da die Notenbanken zunächst nur die kurzen Zinsen beeinflussen können, sind die zehn- bis 30-jährigen Zinssätze ausschlaggebend. Diese werden entscheidend auch durch die seit 2021 steigende Inflation beeinflusst. Diese ist aktuell höher als in den
Jahren 1995 bis 2021. In Deutschland sind die Zinsen dagegen so niedrig, wie sie vor 2011 nie gewesen waren. Auch in den USA waren sie seitdem meist höher. Hierzu ein erschreckendes Beispiel: Wenn die USA die Zinsen um ein Prozent steigen, würde sich das Haushaltsdefizit von nahezu zwei Billionen um weitere 380 Milliarden erhöhen. Höhere Zinsen sind daher eine tickende Zeitbombe. Sie würden nicht nur die Staatshaushalte schwer belasten. Sie würden auch eine Weltrezession heraufbeschwören, die wir uns nicht mehr leisten können. Außerdem würden Aktien- und Immobilienmärkte kräftig leiden. Dann ist die nächste Bankenkrise nicht mehr weit.
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Streit um den UK-Haushalt









