Droht ein Ende des Schuldenwohlstandes

01.12.2025

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Ein Sargnagel hat sich im Hintergrund der Kapitalmärkte entwickelt: Der Derivate-Markt! Trotz etlichen Aufsichtsbehörden hat sich dieser Markt verselbstständigt. Man kann sich gegen alles absichern und auf zukünftige Kursbewegungen von Aktien, Zinsen oder Währungen wetten. Sogar auf Kreditausfällen oder Insolvenzen. Dazu kommt ein explodierender Markt an Bankprodukten wie ETF oder iShares, bei denen oft mit Optionen irgendein Index in der Welt abgebildet werden (dann Totalverlustrisiko). Diese strukturierten Produkte beinhalten auch Kredite an Verbraucher mit schwacher Bonität (z.B. Autokäufe). Der Nominalwert all dieser Derivate hat einen geschätzten Nominalwert von über 700 Billionen erreicht. Diese Summe entspricht in etwa dem zumindest 30-fachen Welt-BIP. Hier ist ein aus Hedgefonds, Private Equity und Fondsgesellschaften bestehendes Schattensystem entstanden, das zwar täglich Umsätze in Milliarden- eventuell auch in Billionenhöhe- Umsätze tätigt, die aber in keiner Bankbilanz auftauchen und so auch nur schwer zu kontrollieren sind. Nun muss dazugefügt werden, dass der Nominalwert der Derivate nicht zwangsweise auch zu Umsätzen in gleicher Höhe führen. Aber durch die Komplexität, aber vor allem auch durch die Zusammenhänge der Märkte weltweit ist ein sehr sensibles, unkalkulierbares Risiko entstanden. Erste kleine Banken und Autofinanzierer in USA wackeln schon. Durch die Globalisierung und Verzahnung könnte der Ausfall eines kleinen Teils dieses Systems dazu führen, dass die Märkte insgesamt kollabieren. Dann wackelt auch in der Karnevalszeit nicht nur der Kölner Dom.

Inwieweit Sicherheitszusagen und Garantien dann noch greifen, ist schwer vorauszusagen. Ein ganz besonderes Risiko trifft den amerikanischen Anleger. Nach 2008 wurde der Dodd-Frank-Act verabschiedet. Er verlangte zwar höhere Eigenkapitalquoten von den Banken, erlaubt aber auch den „Ball-in“. Dieser erlaubt den Banken im Insolvenzfall die Einlagen ihrer Kunden zu verwenden. Laut Berichten deckt die Einlagensicherung (FDIC) nur 1,3 Prozent der Einlagen ab.

Unkalkulierbar bleiben in USA marktrelevante Aussagen wichtiger Personen. An Trump hat sich die Börse weitgehend gewöhnt. Nun überrascht Fed-Gouverneurin Lisa Cook (Trump wollte sie entlassen) mit der Warnung einer erhöhten Wahrscheinlichkeit deutlicher Verluste bei Aktien, Unternehmensanleihen, Immobilien und leveraged Loans sowie eine Liquiditätsschwäche durch Hedgefonds-Aktivitäten. Sie sagt eigentlich nichts anderes, als ich hier geschrieben habe. Allerdings bin ich kein Fed-Mitglied. Sie schließt mit der Bemerkung, dass alles das Finanzsystem nicht gefährden würde. Hätte dies eine No-Name Person so gefolgert, hätte ich gesagt, die ist ahnungslos. Es ist natürlich nicht auszuschließen, dass sie Präsident Trump treffen wollte, wegen seines Entlassungsversuch. Die Märkte brachen daraufhin den nächsten Tag ein. Und ein Präsident verliert Wähler, wenn diese „ärmer“ werden. Sollte dies das Ziel gewesen sein, wäre es schäbig und verantwortungslos. Die in letzter Zeit heftigen Schwankungen der Kurse nach beiden Seiten, ist bisher ebenfalls ein Warnsignal gewesen.

Die obigen Zahlen klingen wie ein Drehbuch für einen Katastrophenfilm, zumal niemand für eine Normalisierung dieser Verhältnisse Ideen einbringt. Denn noch verdienen ja alle daran. So könnte das System auch noch einige Zeit am Leben gehalten werden (was das Risiko erhöht). Das heißt für die eigene Strategie: Liquidität erhöhen, keine Klumpenrisiken, Anteil der Edelmetalle erhöhen (z.B. 20 Prozent, auch physisch), nur Aktien und Renten hoher Qualität und höchste Vorsicht bei Derivate-Produkten (prozentual begrenzen). Aber auch: Bei erfolgreichen Anlagen auch einmal den Gewinn realisieren.

Marktkommentar von Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH.