„Eine Vielzahl an regionalen Märkten mit unterschiedlichen Dynamiken“
03.11.2025

Fabian Spindler, Geschäftsführer bei Jamestown US-Immobilien GmbH / Foto: © Jamestown
Der US-Immobilienmarkt verfügt nicht nur über Größe, sondern auch Schlagkraft. Wie ist die Situation einzuschätzen? Wo liegen die Unterschiede zum deutschen Markt? Fabian Spindler, Geschäftsführer bei Jamestown US-Immobilien GmbH, kennt sich aus. Er stand zu diesen und weiteren Themenfeldern für ein Interview zur Verfügung.
finanzwelt: Die Immobilienbranche hat bewegte Zeiten hinter sich. Von verhaltendem Optimismus ist hierzulande zu hören. Wie stellt sich die Lage auf den US-Märkten, auch angesichts der (noch) höheren Zinsen, dar?
Fabian Spindler: Die US-Immobilienmärkte zeigen sich trotz höherer Zinsen widerstandsfähig. Der Transaktionsmarkt entwickelt sich solide und wird das Volumen aus dem Vorjahr übertreffen können. Dennoch belasten höhere Finanzierungsund Vermietungskosten die Überschüsse der Bestandsimmobilien. Die US-Zollpolitik hat den Markt anfangs stark verunsichert, doch bereits abgeschlossene Zollvereinbarungen milderten dies etwas. Gleichzeitig gibt es positive Signale: In den USA kehren viele Beschäftigte an vier, teilweise fünf Tagen die Woche zurück ins Büro. Das stärkt nicht nur den Büromarkt, sondern auch Einzelhandel, Cafés und Restaurants. In New York war die Bürovermietung im 1. Halbjahr 2025 so stark wie seit zehn Jahren nicht mehr. In San Francisco sorgt der technologische Wandel für neuen Aufschwung, getrieben durch den KI-Boom. Diese Beispiele zeigen: Die zuletzt totgesagten großen Metropolen bleiben Impulsgeber der Immobilienwirtschaft.
finanzwelt: Welche zentralen Unterschiede machen Sie beim Vergleich des deutschen mit dem US-Real EstateMarkt aus?
Spindler: Der US-Immobilienmarkt ist dank seiner hohen Transparenz, Größe und Liquidität für Investoren attraktiv. Im Vergleich zum deutschen Markt, der stabiler und homogener ist, bieten die USA eine Vielzahl an regionalen Märkten mit unterschiedlichen Dynamiken. Diese eröffnen eine breitere Palette an Investitionsmöglichkeiten. Sowohl der deutsche als auch US-Immobilienmarkt bietet attraktive Chancen. Wer diese nutzen möchte, muss jedoch tief im Markt verankert sein und über ein gutes Netzwerk verfügen.
finanzwelt: Sie beschäftigen sich seit mehr als vier Jahrzehnten mit dem Schwerpunkt USA. Wo sehen Sie Ihren USP, auch gegenüber Wettbewerbern?
Spindler: Unser Vorteil liegt in unserer langjährigen Expertise am US-Markt. Seit mehr als 40 Jahren haben wir ein Geschäftsmodell etabliert, das auf aktivem Asset Management, Placemaking und nutzerzentrierter Entwicklung basiert. Dabei geht es darum, Orte zum Verweilen zu schaffen, die einen Mehrwert für die lokalen Gemeinschaften bieten. Da sich diese Strategie in den USA bewährt hat, setzen wir sie seit 2018 in Europa um und planen, hier strategisch weiter zu wachsen. Neben unserem bewährten Placemaking-Ansatz legen wir Wert auf eine starke lokale Präsenz, um nah am Markt zu sein, Trends frühzeitig zu erkennen und uns so vom Wettbewerb abzuheben.
finanzwelt: Die US-Administration hat seit Jahresbeginn einiges „ins Rollen gebracht“. Spüren Sie etwaige Auswirkungen bei Ihrer Objektsuche?
Spindler: Die politischen Entwicklungen in den USA bringen weiterhin Unsicherheiten mit sich. In so einer Situation heißt es vor allem, Ruhe zu bewahren. Da wir eine Verantwortung unseren Anlegern gegenüber haben, haben wir entschieden, den für Mai geplanten US-Fonds zunächst zu pausieren, bis sich die Marktbedingungen wieder stabilisiert haben. Parallel dazu haben wir bereits seit letztem Jahr an unserem neuen Europafonds gearbeitet, der im 4. Quartal in den Vertrieb starten soll.
finanzwelt: Welches sind die Trends, die den US-Immobiliensektor kurz- bis mittelfristig prägen werden?
Spindler: Der anhaltende Trend zu gemischt genutzten Immobilien, die Büro, Einzelhandel und Wohnen kombinieren, wird weiter gehen. Aufgrund der stark gesunkenen Preise sehen wir kurz- bis mittelfristig einen wachsenden Käufermarkt im Bürosegment: Kredite laufen aus, Eigentümer geraten unter Druck und sind zu Verkäufen gezwungen. Durch die deutlich niedrigeren Einstiegpreise ist die Umnutzung von Büroflächen zu Wohnraum und gemischt genutzten Objekten somit wieder wirtschaftlich umsetzbar. Diesen Trend beobachten wir in größeren Städten wie New York. Der stark zunehmende Einsatz von digitalen Plattformen und Technologien, verbunden mit KI, wird viele Bereiche verändern. So arbeiten wir intensiv mit Placer.ai, um das Besucherverhalten besser zu analysieren und unseren Mietermix optimal abzustimmen.
finanzwelt: Welche Bedeutung messen Sie ESG-Kriterien bei?
Spindler: ESG-Kriterien sind ein zentraler Bestandteil unserer Strategie. Nachhaltigkeit ist kein kurzfristiger Trend, sondern ein langfristiger Werttreiber. In Projekten wie Levi’s Plaza in San Francisco haben wir das Netto-Null-Ziel erreicht – acht Monate früher als geplant. Durch den Einsatz von Wärmepumpen, Photovoltaikanlagen und CO2-Zertifikaten aus dem HFC Refrigerant Reclamation Project wurde der Gebäudebetrieb vollständig klimaneutral. Dies zeigt, wie sich Bestandsgebäude effizient auf einen klimaneutralen Betrieb umstellen lassen. Zudem sind Unternehmen bereit, für solche Flächen höhere Mieten zu zahlen.
finanzwelt: Was gibt es aktuell vom Jamestown 32 zu berichten?
Spindler: Unser Fonds Jamestown 32 ist seit Ende 2024 vollständig ausplatziert und hat bereits vier Immobilieninvestitionen getätigt. Voraussichtlich wird noch ein fünftes und letztes Objekt hinzukommen. Wir konzentrieren uns bei dem Bestandsportfolio auf die aktive Verwaltung, um die bei Ankauf identifizierten Potenziale zu heben und somit die Wertentwicklung der Immobilien voranzutreiben. Dabei setzen wir auf aktives Asset Management, Placemaking und nachhaltige Entwicklung.
finanzwelt: Worauf werden Sie sich in den kommenden Monaten verstärkt konzentrieren?
Spindler: In den kommenden Monaten liegt unser Fokus auf unserem ersten Europafonds, der eine gezielte Erweiterung unseres Angebots ist. Wir sind bereits seit 2018 in Europa aktiv, haben mit fünf Standorten und über 100 Mitarbeitern eine starke Basis geschaffen. Von Anfang an war es unser Plan, dass wir – sobald das Europageschäft an einem gewissen Punkt ist und wir Teams vor Ort haben – das Modell unserer USA-Fonds auf Europa übertragen. Und dieser Zeitpunkt ist jetzt gekommen. Unser Europafonds wird sich auf hochwertige Einzelhandels-, Büro- und Mietwohnobjekte in den wichtigsten Metropolen im Euroraum konzentrieren mit einem geografischen Schwerpunkt auf Deutschland, Niederlande, Spanien und Portugal. In diesen Ländern sind wir mit eigenen Standorten vertreten und können vor Ort agieren. Dabei wird der Fonds die gleiche Qualität bieten, die Privatanlegerinnen und -anleger aus unseren US-Fonds gewohnt sind. (ah)

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