Erste Schritte in die Eigenständigkeit

25.08.2025

Andreas Görler / Foto: © Pruschke & Kalm GmbH

Das Geldvermögen in Deutschland beträgt etwa 9,30 Billionen Euro. Davon sind ca. zwei Billionen in Aktien, verzinsliche Wertpapiere und Fonds investiert. Knapp 3,50 Billionen Euro, also ca. 37 Prozent, liegen aber weiterhin auf Giro-, Spar-, Tages- und Festgeldkonten. Diese Relation hat sich in den letzten Jahren kaum verändert.

Bei den ersten Schritten in die Unabhängigkeit gilt es daher, stabile Strukturen aufzubauen und früh privat vorzusorgen. Häufig fühlt man sich in einer Partnerschaft finanziell sicherer aufgestellt. Lebenserhaltungskosten können so auf zwei oder mehrere Personen verteilt werden.

Richtige Kontoaufteilung innerhalb einer Gemeinschaft

Grundsätzlich sollte jedes Haushaltsmitglied ein eigenes Konto haben. Ggf. kann man Partnerinnen bevollmächtigen. Ein weiteres Konto für Miete, Lebensmitteleinkauf, Urlaub etc. kann als „Oder-Konto“ eröffnet werden. Hier zahlen die Haushaltsmitglieder per Dauerauftrag oder Einzelbuchung ihren Anteil ein und sind einzeln zugriffsberechtigt. Der Verwaltungsaufwand hinsichtlich der Zugangsdaten oder der Kontounterlagen ist zwar höher, aber jeder behält die Souveränität über sein Vermögen bzw. seine Geldangelegenheiten – unabhängig davon, ob man verheiratet ist oder nicht. Im Falle einer Trennung gibt es dann zumindest auf der Finanzebene etwas weniger Stress.

Trend zu Teilzeitarbeit und wechselnden Arbeitsverhältnissen

Auf dem deutschen Arbeitsmarkt haben es junge Arbeitssuchende derzeit etwas leichter, eine Ausbildung, Praktikumsplätze oder flexible Tätigkeiten mit Homeoffice oder auch „Vier-Tage-Woche“ zu finden. Schulabgänger entscheiden sich zunehmend nicht für eine Ausbildung oder ein Studium, sondern bewerben sich direkt auf Stellenangebote, oft in Teilzeit, und starten ungelernt ins Berufsleben. Zu zweit oder in größeren Wohngemeinschaften kann man sich trotzdem die aktuellen Mieten leisten, kann verreisen und hat Zeit für Hobbys. Leider liegt die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine Lebensgemeinschaft wieder trennt, bei gut 50 Prozent. In WG-Strukturen gibt es deutlich häufiger Veränderungen. Die Scheidungsrate in Deutschland liegt derzeit bei 35 Prozent.

Oft müssen sich die ehemaligen Partner getrennt voneinander eine neue, günstigere Wohnung suchen. Dann hat man, neben dem Problem, überhaupt eine passende Wohnung zu finden, auch die Herausforderung, dass mit einem vergleichsweise niedrigen Gehalt nur wenige Wohnungen infrage kommen. Ca. 58 Prozent der Haushalte leben in Deutschland zur Miete. Von den zu Wohnzwecken vermieteten Wohneinheiten werden wiederum etwa zwei Drittel von privaten Vermietern angeboten. Oft erwarten diese Vermieter, dass die Miete höchstens 30 bis 40 Prozent des Nettogehaltes des Mieters ausmachen darf, damit das Risiko von Zahlungsschwierigkeiten reduziert wird. Das macht die Wohnungssuche dann noch schwieriger. Deshalb ist es vernünftiger, anfänglich nach stabilen Arbeitsverhältnissen mit bewertbaren Qualifikationen bzw. Ausbildungen zu suchen, die eher im Bereich Vollzeit liegen. Nur so baut man eine akzeptable gesetzliche Altersvorsorge auf, erhält sich auf dem Wohnungsmarkt mehr Optionen offen und kann auch etwas in die private Altersvorsorge investieren.

Vermögenswirksame Leistungen als Einstieg zur Altersvorsorge

Seit 1961 wird die Vermögensbildung der Arbeitnehmer staatlich gefördert, sofern mit den Arbeitgebern auf der Grundlage des Vermögensbildungsgesetzes eine Vereinbarung getroffen wird. Vermögenswirksame Leistungen sind Geldleistungen, die der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer in eine der gesetzlich genannten Anlageformen anlegt. Neben Arbeitnehmern wie Angestellten, Arbeitern oder Auszubildenden haben auch Beamte, Richter und Soldaten einen Anspruch.

Der Arbeitnehmer kann grundsätzlich zwischen vier VL-Sparformen wählen: Banksparpläne, Fondssparpläne, Bausparverträge und Baukredittilgung. Arbeitnehmer, die bestimmte Einkommensgrenzen (seit 2024: 40.000 Euro für Alleinstehende/ 80.000 Euro für Eheleute) nicht überschreiten, können – je nach Anlageform – zusätzlich von einer staatlichen Förderung, der sogenannten Arbeitnehmersparzulage (bei Investmentfonds max. EUR 80 pro Jahr, Beantragung bei der Steuererklärung, Überweisung direkt durch das Finanzamt auf den VL-Vertrag), profitieren. Im Idealfall zahlt der Arbeitgeber noch einen monatlichen Zuschuss.

„VL-Leistungen“ haben in der Regel eine Laufzeit von sieben Jahren. Davon werden sechs Jahre lang Beiträge eingezahlt, und im siebten Jahr ruht der Vertrag, bevor das angesparte Geld zur Verfügung steht. Man kann also nach sechs Jahren bereits einen Folgevertrag abschließen. Unter Renditeaspekten ist die Variante „Fondssparplan“ vorzuziehen.

Günstige Verträge erhält man bei speziellen Instituten wie beispielsweise der FNZ Bank bzw. finvesto. Hier sind derzeit jeweils 1.700 Fonds „VL-fähig“. Eine Selektionsmaske hilft bei der Auswahl. In der Regel entstehen geringere Kosten als bei einem Abschluss über eine Bank. Aber selbst ein Vertrag bei einer Filialbank mit den dortigen Standardfonds ist besser, als nichts zu tun. Hierbei ist die „psychologische Komponente“ wichtig: Da das Geld nicht erst auf dem Girokonto des Arbeitnehmers, sondern direkt auf dem „VL-Konto“ landet, kommt man nicht in die Versuchung, den Betrag für den Konsum auszugeben.

Mit zusätzlicher privater Vorsorge früh beginnen

Darüber hinaus sollten regelmäßige Fondssparpläne eingerichtet werden, sobald genügend Liquidität im Monat übrigbleibt. Bei den meisten Onlinebanken geht das bereits ab 25 Euro. Jüngere Anleger sollten aktive Aktienfonds oder passive Aktien-ETFLösungen vorziehen. Es sollten mehrere Produkte ausgewählt werden, die sich hinsichtlich der Investmentphilosophie bzw. der Anlageschwerpunkte unterscheiden. Außerdem sollten verschiedene Ausführungszeitpunkte im Monat gewählt werden. Von jeder Einnahmeverbesserung sei es durch Einsparungen oder Gehaltserhöhung, kann man dann 50 Prozent zusätzlich in die Sparpläne investieren.

Gesetzliche Altersvorsorge trotzdem nicht aufgeben

Jungen Menschen rate ich davon ab, zu kommunizieren, dass „die gesetzliche Rentenversicherung sowieso nichts bringt“. Hier besteht die Gefahr, dass Politiker dann keine Relevanz mehr sehen, sich auf dieser Ebene für jüngere Bevölkerungsschichten besonders zu engagieren – weil ohnehin keine Erwartungen vorhanden sind und damit auch kein „Enttäuschungspotenzial“ besteht. Vermutlich werden dann noch stärker die Interessen der Rentenbezieher berücksichtigt, die einen immer größeren Bevölkerungsbzw. Wähleranteil ausmachen.

Fazit

Kurzfristig ist es nicht zu erwarten, dass eine signifikante Reform der gesetzlichen Rentenversicherung umgesetzt wird, die auch Wirkung zeigt. Daher ist eine private Vorsorge wichtig. Der Einstieg sollte über vermögenswirksame Leistungen erfolgen – unabhängig davon, wie hoch die staatliche Förderung oder Zuschüsse des Arbeitgebers sind. Grundsätzlich sollte man Wert auf eine qualifizierte Aus- und Fortbildung legen und hierfür auch eigenes Geld investieren. Der Arbeitsmarkt wird sich wieder verändern, dann sind verstärkt Arbeitnehmer gefragt, die gut ausgebildet sind.

Gastbeitrag von Andreas Görler, sen. Wealth Manager und zert. Fachmann für nachhaltige Investments, Wellinvest Pruschke & Kalm GmbH, Berlin