ETF: Kann preiswert auch unschlagbar sein?

26.03.2013

Simon Böll

Passiv verwaltete Indexfonds (ETFs) sind zwar mittlerweile „etwas in die Jahre“ gekommen, doch das tut weder ihrer Popularität einen Abbruch noch dem Interesse der Marktakteure. Sie überzeugen durch niedrigere Kosten im Vergleich zu aktiv gemanagten Fonds. finanzwelt sprach über Trends und Vertriebschancen mit Simon Böll, geschäftsführender Gesellschafter der VEITSBERG Vermögensverwaltung.

finanzwelt: Noch liegt in Exchange Traded Funds (ETF) viel weniger Vermögen als in Investmentfonds. Investoren meiden jedoch Aktienfonds und legen ihr Geld in ETFs an. Was spricht für diese Anlageklasse?

Böll: In der Tat sind die jüngsten Zahlen zur Entwicklung des ETF-Markts eindeutig positiv, und momentan ist nicht ersichtlich, dass es zu einem Knick kommen könnte. Das weltweit in Indexfonds verwaltete Vermögen wuchs in den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres um über 193 Mrd. US-Dollar. Zurückzuführen ist dieser nachhaltige Trend sicher auf drei Erfolgsfaktoren: einfach, transparent und kostengünstig. Insbesondere der letzte Aspekt unterscheidet ETFs von aktiv gemanagten Fonds.

finanzwelt: Hält demzufolge der Trend zu passiven Fonds an?

Böll: In den vergangenen Jahren hat diese Anlageklasse zweifelsohne einen Boom erlebt, nicht zuletzt wegen der schlagkräftigen Argumente. Trotzdem müssen wir uns vergewissern, von welchem Marktanteil wir in diesem Zusammenhang sprechen. Hierzulande sind rund 350 Mrd. Euro in ETFs investiert. Anleger können inzwischen unter mehr als 1.000 Indexfonds wählen. Diese Zahlen illustrieren, dass wir durchaus positiv gestimmt sein können, was die zukünftige Entwicklung betrifft.

finanzwelt: Der weltweit größte Player in diesem Markt BlackRock hat zum Jahresbeginn angekündigt, die Sparte für börsennotierte Indexfonds von der Credit Suisse übernehmen zu wollen. Wird es hier zu einer Konsolidierung im Markt kommen?

Böll: Die Zahl von 46 Anbietern mag auf den ersten Blick erschrecken, und es stellt sich die berechtigte Frage, ob es dieser Fülle bedarf. Mittel- bis langfristig wird es zu einer „Marktbereinigung“ kommen, da die großen Player skalenmäßig im Vorteil sind und kostengünstiger anbieten können. Die Gerüchteküche über mögliche Übernahmen brodelt indes weiter.

finanzwelt: Sind Indexfonds ein heißes Thema im Vertrieb?

Böll: Im provisionsgesteuerten Vertrieb haben diese Produkte gegenüber den aktiv gemanagten Fonds und deren Bestandsprovisionen sicherlich einen Nachteil. Unsere Kunden, die sich bewusst für eine honorarbasierte Beratung entscheiden, profitieren von den niedrigen Kosten dieser Produkte. Nach unserer Erfahrung werden daher diese Produkte vermehrt in der Beratung nachgefragt, was letztlich ihrem guten Chance-Risiko-Verhältnis zu verdanken ist. Gerade für den langfristigen Vermögensaufbau sind die Produkte ideal, lassen sich doch verschiedene Asset- und Risikoklassen mit wenigen Bausteinen zusammensetzen.

** Simon Böll** beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit den Kapitalmärkten als Investmentprofi in diversen Marktsegmenten. Vor seinem Eintritt in die VEITSBERG Vermögensverwaltung verantwortete er 7 Jahre lang als Senior Portfolio Manager und stv. Abteilungsdirektor die Aktienfonds der DEKA Investment GmbH mit Schwerpunkt Nordamerika. Er hat einen Abschluss als Investmentanalyst der DVFA sowie als Chartered Financial Analyst (CFA) des CFA Institutes USA, dessen aktives Mitglied er ist.Herr Böll ist ausgebildeter Bankfachwirt und erhielt den bayerischen Meisterpreis 1997.

Grundbegriffe ETFs (Exchange Traded Funds)

ETF

Exchange Traded Funds sind börsennotierte Fonds, die einen bestimmten Index abbilden. Damit ist gewährleistet, dass sich die Performance des Fonds immer parallel zum Index entwickelt. ETFs sind vom Vermögen der Verwaltungsgesellschaft getrenntes Sondervermögen; es besteht kein Emittentenrisiko. Sie gelten als einfach und effizient und können wie börsennotierte Aktien gehandelt werden. Beim Kauf von Exchange Traded Funds fällt weder ein einmaliger Ausgabeaufschlag an noch werden beim Verkauf Rücknahmegebühren erhoben.

Replikation

ETF-Anbieter können den Index entweder physisch abbilden oder dies mit Hilfe einer synthetischen Replikation erzielen. Bei der physischen Replikation investieren ETFs in einen Großteil oder in allen Indexbestandteile, um die Wertentwicklung des Index abzubilden. Dies geht jedoch mit höheren Gebühren einher. Für diese Methode sprechen generell die Transparenz und Einfachheit. Auf der anderen Seite machen viele ETF-Anbieter in Europa Gebrauch von der synthetischen (=swapbasierten) Replikation. Sinn und Zweck ist die präzisere Nachbildung von Indizes und die Eliminierung von Abweichungen. Unter einem Swap (engl. (Aus-)Tausch) versteht man eine Vereinbarung zwischen zwei Parteien, in der Zukunft Zahlungsströme (Cash Flows) auszutauschen. Damit erwirbt man mit einem swapbasierten ETF die Wertentwicklung des Index, nicht aber die tatsächlichen Wertpapiere im Index. Dieser Replikationsartwird oftmals eine größere Komplexität als der traditionellen physischen Replikation nachgesagt. Die Art der synthetischen Nachbildung wird häufig für weniger liquide Märkte wie z. B. Schwellenländer verwendet, die nur aufwändig oder gar nicht physisch repliziert werden können.

Tracking Error

Bezieht sich auf die Schwankungen in der Differenz zwischen der Wertentwicklung des ETF und der Wertentwicklung des zugrundeliegenden Index. Der Tracking Error ist ein Maß dafür, wie sehr der ETF sein Investmentziel, den zugrundeliegenden Index abzubilden, erreicht. Je geringer der Tracking Error ist, umso genauer stimmt die Wertentwicklung des ETF mit derjenigen des zugrundeliegenden Index überein.

Die großen Drei

Der US-amerikanische Vermögensverwalter BlackRock steht unangefochten an Platz 1 im Ranking der größten ETF-Anbieter in Europa. Es folgen die Deutsche Bank und Lyxor Asset Management, eine 100%ige Tochtergesellschaft der französischen Großbank Société Générale.

ETFs stammen aus dem weiten Universum der Investmentfonds. Sie sollten den Investoren ursprünglich einen kostengünstigen Zugang zu den Aktienmärkten ermöglichen. Das trifft auch zu. Allerdings sind sie nicht unschlagbar, denn die Expertise eines aktiven Fondsmanagements zahlt sich im Besonderen in nicht-liquiden Märkten, wie beispielsweise den Schwellenländern, aus.

Das Gespräch führte Alexander Heftrich

Interview mit Simon Böll - Printausgabe 02/2013