Läuft Gold noch?

26.03.2013

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Die „goldenen“ Zeiten sind vorbei. Im Februar schloss Gold mit einem Minus von 5 %. Starinvestor George Soros hat sein Engagement in das gelbe Edelmetall reduziert und ist damit nicht allein auf weiter Flur. Werden die Edelmetalle von Banken künstlich gedrückt?

Was ist bloß los mit dem beliebten und nach wie vor begehrten Gold? Ist der Glanz verflogen oder ist es von Politik und Bankenlobby gewollt, dass der Goldpreis nach unten rauscht? Grundsätzlich hat sich wenig bis nichts geändert, die Notenbanken überfluten die Märkte weiterhin mit billigem Geld und der Wahlausgang in Italien lässt Krisenszenarien aufleben. Zudem treten die Zentralbanken als Goldkäufer in Erscheinung. In 2012 kauften sie gemäß einer Studie des World Gold Councils Gold im Volumen von 534,6 Tonnen, dies sind 17 % mehr als im Vorjahr 2011. Indien ist der größte Goldimporteur der Welt und fragt diesen Rohstoff verstärkt nach.

Geminderte Anziehungskraft? Wir erinnern uns: Im Herbst 2011 wurde mit knapp 1.920 US-Dollar je Unze der absolute Höchststand erreicht und es gab einige Research-Abteilungen, die Preise jenseits der 2.000 Dollar auf 12-Monatssicht sahen. Die Ernüchterung folgte auf dem Fuß, nahm an Fahrt auf und fand ihren vorläufigen Höhepunkt am 20.02.13 bei 1.558 US-Dollar.

Nicht ganz abwegig ist die Vermutung, dass die Preisentwicklung auch „taktischen“ Überlegungen der Finanzindustrie geschuldet ist. Die Netto-Short-Positionen der amerikanischen Banken belegen diese Annahme. In den vergangenen Jahren knickte der Goldpreis häufig besonders stark ein, wenn die Short-Positionen (Wetten auf fallende Kurse) sich auf hohem Niveau befanden. Noch Anfang Dezember hatten amerikanische Institute ihre Wetten auf einen fallenden Goldpreis aufgestockt. Er verlor zusehends an Wert. Drei Monate später hat sich das Bild gewandelt: Die Netto-Short-Positionen der US-Banken sind kürzlich auf den niedrigsten Stand seit über vier Jahren gefallen. Das könnte den Goldpreis wiederum deutlich beleben. Vereinfacht: Die Zentralbanken haben den zuletzt gedrückten Preis genutzt, um sich in deutlichem Maße von Risiken eines steigenden Goldpreises zu entledigen. Geht somit noch alles mit rechten Dingen zu? Erst kürzlich kamen Gerüchte auf, die den Verdacht verstärken könnten, wonach beim sogenannten „Gold Fixing“ (fünf Finanzinstitute setzen in London den Goldpreis zweimal täglich fest) getrickst wird.

Für den Kursrutsch bei den Edelmetallen gibt es einen weiteren Grund: Die Notenbanker dieser Welt haben kein Interesse, dass ihre Politik des „billigen“ Geldes sich in erster Linie in Preissteigerungen bei Edelmetallen niederschlägt und die Konjunktur keinen Aufwind erhält.

Damit stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, in Edelmetalle zu investieren? Preisdrückungen am Edelmetallmarkt wird es auch künftig geben. Hat der Investor eine Wahl? Die Renditen für vermeintlich sichere Staatspapiere sind am Boden und Aktieninvestments können schwankungsintensiv sein. Finanzmarktstabilität werden wir nicht erleben. Italien, Frankreich und Großbritannien – überall brennt es und die Investoren zeigensichverunsichert. Insofern bleibt die Perspektive für Edelmetalle durchaus günstig, gerade zum jetzigen Zeitpunkt.

Schutz vor Systemrisiken

finanzwelt sprach mit Hannes Zipfel, Edelmetallexperte der Solit Kapital GmbH, über den Goldglanz und die Perspektiven.

finanzwelt: Seit Wochen fällt der Goldpreis und notiert mittlerweile unter der psychologisch wichtigen Marke von 1.600 Dollar. Warum ist das so?

Zipfel: Die Mehrheit der Marktteilnehmer schätzt, dass sich die Risiken im Finanzsystem durch das beherzte Eingreifen der Notenbanken verringert haben. Zudem sind die offiziellen Inflationsraten momentan konjunkturbedingt rückläufig – trotz Liquiditätsflut in Japan, Europa und den USA. Gleichzeitig entwickeln sich die Aktienmärkte sehr positiv. Vor allem kurzfristig orientierte Anleger schichten daher von Gold in Aktien um. Den dynamischsten Kursrückgang bei Gold gab es nach der Veröffentlichung des Protokolls zur Offenmarktausschusssitzung der US Notenbank im Februar. Die Marktteilnehmer haben hier ein mögliches Ende der sehr lockeren Geldpolitik (Quantitative Easing) herausgelesen und daraufhin ihr Goldverkauft oder am Terminmarkt sogar auf weiter fallende Kurse gewettet.

finanzwelt: Gelten Gold und Silber (auch hier wurde die wichtige 30 US-Dollar Marke je Feinunze unterschritten) überhaupt noch als sichere Häfen?

Zipfel: Die Bedeutung der monetären Edelmetalle Gold und Silber als Schutz vor Systemrisiken und Inflation nimmt in der Wahrnehmung vieler Marktteilnehmer derzeit ab. Ob die Risiken und damit die Krise aber tatsächlich verschwunden oder nur nicht sichtbar sind, ist eine ganz andere Frage. Ein Indiz dafür, dass lediglich die Krisensymptome (z. B. Stress im Bankensystem) abflauen, ist die sich dramatisch verschlechternde Konjunkturlage in Südeuropa, Frankreich und den Niederlanden. Aber auch in den USA, England und Japan sehen wir die schwächste Konjunkturerholung seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs – obwohl die Notenbanken permanent die Liquidität steigern und die Regierungen ungebremst Schuldenmachen. Damit bleiben Gold und Silber erste Wahl als Schutz gegen unverantwortliche Geld- und Schuldenpolitik und deren unausweichliche Folgen für die Geldwertstabilität.

finanzwelt: Börsennotierte Goldfonds waren im vergangenen Jahr sehr gefragt und verzeichneten starke Zuflüsse. Seit Jahresanfang gibt es nun nennenswerte Abflüsse, Zuflüsse sieht man bei Palladium- ETFs. Sprechen wir hier von klassischen Gewinnmitnahmen?

Zipfel: Bei Goldfonds gibt es in der Tat signifikante Abflüsse. Dagegen sind die Verkäufe von Goldmünzen bei den Münzprägeanstalten (z. B. der US-Mint) in den ersten zwei Monaten des Jahres auf neue Rekordhöhen geschnellt. Daher würde ich vermuten, dass es sich bei den Mittelabflüssen der börsengehandelten Goldfonds um Gewinnmitnahmen momentumorientierter Marktteilnehmer handelt. Aber natürlich ist nicht auszuschließen, dass auch einige Investoren von der Kursentwicklung des Goldes enttäuscht sind und das Investment aufgeben. In der Vergangenheit hatten wir dieses Phänomen bereits häufiger. Im Nachhinein betrachtet war das zu jeder Zeit eine Fehleinschätzung.

Alexander Heftrich

Edelmetalle - Printausgabe 02/2013

http://finanzwelt.de/wp-content/uploads/Aktien_Rohstofffonds_mit_Fokus_Gold.pdf