Mit Social Media zum Vertriebserfolg. So geht das.

02.04.2013

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„Für die Konsumentscheidungen der Deutschen sind soziale Medien inzwischen genauso wichtig wie das Fernsehen und wichtiger als das Radio“, so das Fazit der Studie „German Social Media Consumer Report 2012/2013“ der Unternehmensberatung Roland Berger und der Universität Münster.

Social Media ist dennoch ein vielfach missverstandenes Instrument im Vertrieb. Denn Social Media ist eben kein klassisches Werbemedium wie eine Anzeige, ein Spot oder ein Werbeclaim. Es handelt sich um einen eigenständigen Kommunikationskanal, der – wenn richtig genutzt – überraschend effizient arbeitet, wie Sie im nachfolgenden Bericht erkennen werden.

In den sozialen Medien treten Sie in direkten Kontakt mit anderen Menschen, wenn auch über einen Bildschirm. Auch hier gilt: Niemand mag aufdringliche Langweiler. Hingegen sucht jeder den Kontakt zum unterhaltsamen, authentischen Gesprächspartner. Zur erfolgreichen Umsetzung im Vertrieb sind daher Personen mit breitem Interessenkreis, Formulierungskunst und Lust am Spiel mit Informationen nötig. Jeder, der pauschal sagt: „Social Media funktioniert nicht“, macht wahrscheinlich etwas falsch.

Facebook, Xing, Twitter, YouTube und eigene Blogs. Vorreiter der Finanzbranche erkennen den Trend: So ist beispielsweise die Allianz Deutschland AG auf allen wichtigen Plattformen vertreten. Aus Sicht von Markus Walter, Social Media Communicator bei der Allianz Deutschland AG, spielt dabei Facebook die bedeutendste Rolle in Marketing und Vertrieb. „Wichtiger noch als der Firmenaccount mit über 170.000 Fans ist uns, dass mehr als 1.000 Allianz-Vertreter auf dem Netzwerk mit eigenen Seiten vertreten sind“, sagt Walter. Die Vertreter würden in den sozialen Medien wie in der „realen“ Welt Kontakte pflegen und Kunden beraten. Die Generali Versicherungen sind auf Facebook, Twitter, Xing und YouTube vertreten. Jeder der Social Media Kanäle hat dabei eine eigene Funktion: „Facebook nutzen wir als Dialogmedium mit unseren Kunden. Das Business-Netzwerk Xing wird derzeit als Arbeitgeber-Plattform genutzt. Über den Kurznachrichtendienst Twitter wollen wir uns bei Multiplikatoren als Experte im Versicherungsbereich positionieren“, sagt Oliver Suhre, Bereichsleiter Marketing/ Verkaufsmanagement der Generali Versicherungen. Die Versicherungsvermittler sind laut Suhre außerdem mit eigenen Facebook-Seiten in den sozialen Medien aktiv und werden von Generali mit Schulungen, Ideen und Inhalten unterstützt.

Unter den Finanzvertrieben ist die Deutsche Vermögensberatung AG (DVAG) in den wichtigsten Social Media Kanälen wie Facebook, Xing, Twitter, Flickr und YouTube aktiv. „Zudem betreiben wir zwei sehr gut besuchte Blogs mit hunderttausenden Besuchern pro Jahr“, sagt Dr. Helge Lach, Mitglied des Vorstands der DVAG. Auch die Facebook-Präsenz des Finanzdienstleisters hat mittlerweile über 38.000 Fans. „Gemessen an dem Aktivitätsindex der Fans, liegt unsere Facebook-Seite in der Wertung deutscher Unternehmensauftritte aktuell auf dem vierten Rang, noch vor großen Konsummarken wie Red Bull oder McDonald’s“, erklärt Lach. Die Postbank eröffnete 2009 ihr erstes Facebook-Profil und verzeichnet mittlerweile auf mehreren Facebook-Präsenzen über 100.000 Fans, wie Kerstin Lerch-Palm, Social Media Community Managerin bei der Postbank, mitteilt. Daneben ist die Bank auf Twitter, YouTube und Xing vertreten.

Social Media Erfolg ist Chefsache. „Damit sich die neuen Medien etablieren können, muss sich auch im Unternehmen eine neue Dialogkultur entwickeln“, sagt Suhre. „Es ist Know-how aus ganz verschiedenen Bereichen wie beispielsweise Marketing, Unternehmenskommunikation, IT sowie Schaden- und Kundenservice gefragt.“ Auf diesem Standpunkt stehen mittlerweile mehrere Versicherungsgesellschaften, was sich in einer typischen Organisationsstruktur zeigt: Ein Projektteam, das in vielen Fällen im Marketing oder in der Unternehmenskommunikation angesiedelt ist, koordiniert in enger Abstimmung mit Vertretern der einzelnen Fachabteilungen die Social Media Aktivitäten des Unternehmens. So gibt es beispielsweise bei den Ergo Direkt Versicherungen ein Social Media Board bestehend aus Mitarbeitern der Bereiche Vertrieb, Marketing, Personal sowie weiterer Abteilungen, das sich wöchentlich trifft, um über gemeinsame zu kommunizierende Themen zu sprechen. „Dies hat sich als sehr sinnvoll erwiesen, weil wir damit gewährleisten können, dass wir alle Themen in Social Media bringen, die derzeit im Haus relevant sind“, sagt Frank Roth, Leiter Unternehmenskommunikation bei Ergo Direkt.

Ziele des Social Media Einsatzes. Die Social Media Aktivitäten der Versicherer und Finanzvertriebe folgen einer einfachen Logik: Wenn Kunden, Mitarbeiter und an Finanzthemen Interessierte soziale Netzwerke nutzen, um sich dort zu informieren und auszutauschen, lohnt es sich auch für Unternehmen, dort Meinungen zu formen. Schlussendlich geht es aus Sicht von Monika Schulze, Marketingleiterin bei der Zurich Gruppe Deutschland, darum, mehr Leads zu gewinnen. Dabei ist der Einsatz von Social Media laut Torsten Nils Unger, Leiter Community Management bei der R+V Versicherung, vor allem ein Mittel, um das eigene Unternehmen in der internetaffinen Altersgruppe der 14- bis 39-Jährigen bekannter zu machen und eine positive Online-Reputation aufzubauen. Dies bestätigt Lach: „Längst hat sich das Internet als ein entscheidendes Medium für die Suche nach Informationen – auch über Unternehmen und über Berater – entwickelt. Eine professionelle Präsenz in sozialen Netzwerken kann deshalb – sowohl einem Finanzvertrieb als Ganzes wie auch einem Vermögensberater – wertvolle Dienste beim Reputations- und Imageaufbau im Internet leisten.“

Social Media Erfolg muss erarbeitet werden. „Es gilt das Penicillin-Prinzip: Entweder sofort die volle Dosis oder es ganz sein lassen“, so Sam Lazay, Creative-Head bei R-Social, einer Spezialagentur für Social Media Konzepte und Umsetzung. Für Finanzunternehmen bedeutet dies: entweder Personal im Hause aufbauen oder externe Spezialisten anheuern. Wobei externe Spezialisten sofort aktivwerden können und im Zweifel über breitere Kenntnisse sowie eine Vielzahl von festen und freien Mitarbeitern verfügen, die unterschiedlichste Qualifikationen für die vielen einzelnen sozialen Medien mitbringen. Robin von Hein, Gründer und Geschäftsführer (CEO) des Berliner Versicherungsvermittlers Schutzklick, ist der Meinung, dass man gerade in sozialen Netzwerken auf dem schmalen Grat zwischen relevanten Informationen für bestehende Kunden und direkter Werbung ein Auge auf das gesunde Mischungsverhältnis haben und auch produktfremde Beiträge anbieten sollte, welche die Social Media Community interessieren. Aus Sicht von Uwe Schröder, Inhaber der Softwareschmiede Pro-stratego und Gründer und Moderator der nach eigenen Angaben größten Xing-Gruppe im Finanzdienstleistungsbereich, ist es darüber hinauswichtig, zeitnah auf Anfragen zu reagieren und „plumpe Verkaufsanbahnungen“ zu vermeiden.

Erfolg mit Social Media Kampagnen. Welchen positiven Einfluss Social Media auf Image und Bekanntheitsgrad eines Unternehmens haben kann, verdeutlichen mehrere Kampagnen der Versicherer. So startete die R+V Versicherung Ende 2012 eine Teddybären-Verschenkaktion zugunsten karitativer Institutionen – mit großem Erfolg: Die Zahl der Follower der R+V Versicherung verzehnfachte sich innerhalb von zehn Tagen. Die Zurich Deutschland Gruppe als Versicherer der Deutschen Olympiamannschaft hat auf Facebook und YouTube „Fans“ und Interessierte rund um das Olympiateam informiert. „Gleichzeitig haben wir über die verschiedenen Kanäle zu Teilnahmen bei Gewinnspielen auf einer eigenen Microseite aufgerufen“, sagt Schulze. Mittlerweile hat die Seite mehr als 28.000 Fans. Auch Ergo Direkt setzt soziale Medien kanalübergreifend ein: In mehreren TV-Spots lässt sich der (reale) Vorstandsvorsitzende Peter M. Endres in einem Innovationslabor die neuesten Produktideen erklären. Dieses Thema zieht sich auch durch die Social Media Seiten der Versicherung und führt so zu einem hohen Wiedererkennungswert.

**So geht Erfolg in Social Media

**Diese drei jungen Unternehmen stehen für Erfolg in und durch soziale Medien. Auch wenn – oder vielleicht gerade weil – die Gründer (mit einer Ausnahme) nicht aus der Finanzbranche kommen, haben sie trotzdem mit Geschäftsmodellen, in denen Social Media eine tragende Rolle spielt, den Weg zu echten Umsätzen gefunden.

finanzwelt wird die Entwicklung in diesem Segment weiterhin verfolgen und damit beginnen, Gründer und interessierte Investoren aus der Finanzbranche zusammenzubringen.

Friendsurance

Bei Friendsurance schließen sich mehrere Nutzer, sei es über Facebook oder andere soziale Medien, zusammen, um sich gemeinsam im virtuellen Freundeskreis zu günstigen Konditionen zu versichern. Die „Killer-Anwendung“ dabei: Wenn innerhalb eines solchen virtuellen Freundeskreises keine – oder nur wenige – Schadensfälle reguliert werden müssen, erhält dieser virtuelle Freundeskreis jeweils einen Großteil seiner Versicherungsbeiträge zurück. „Friendsurance versteht sich nicht primär als Versicherungsvermittler. Wir sind ein junges, von Innovation geprägtes Unternehmen, das sich zugehörig fühlt zur deutschen Internetszene sowie auch zur wachsenden Shareconomy Community“, sagt Tim Kunde, Gründer und Geschäftsführer Friendsurance.

**Schutzklick

**Unter der Marke Schutzklick bietet die junge Berliner Versicherungsvermittlung simplesurance GmbH in Kooperation mit der R+V Versicherung einfach zu integrierende Produkte für die E-Commerce-Industrie an. Kunden eines Partner-Shops können beim Online-Einkauf produktbezogene Versicherungen (wie zum Beispiel einen Laptop-Schutz) mit einem Klick zum Warenkorb hinzufügen. Schutzklick vereinfacht den Vertragsabschluss und die Vertragsbedingungen, indem es zum Beispiel Kündigungsfristen, automatische Vertragsverlängerungen sowie lange Anträge abschafft und stattdessen ein Jahr Schutz zum Festpreis garantiert. „Mit der Verlagsgruppe Weltbild konnten wir inzwischen einen weiteren großen Kooperationspartner akquirieren und unsere Lösung implementieren“, sagt Robin von Hein (CEO), Gründer und Geschäftsführer Schutzklick.

**Finanzchef24 GmbH

**Die Münchener Finanzchef24 GmbH hat sich mit ihrem Finanzportal auf die Bedürfnisse von Kleinunternehmern und Selbstständigen spezialisiert. Die Versicherungsvermittlung stellt ihren Gewerbekunden einen kostenlosen Vergleichsrechner für Betriebshaftpflichtversicherungen, Geschäftsinhaltsversicherungen und Geschäftskonten zur Verfügung und informiert sie rund um das Thema Finanzen. „Mit unseren Angeboten sprechen wir eine moderne Unternehmergeneration an, die das Internet längst als logischen Startpunkt für Produktrecherchen nutzt und Wert auf Transparenz und Service legt“, sagt Hendrik Rennert, Geschäftsführer Finanzchef24.

**Fazit

**Social Media führt bei richtigem Einsatz zu beachtlichen Erfolgen, die sich in entsprechenden Umsätzen äußern. Für die Finanzbranche ist es dringlich, sich in Social Media zu positionieren, das Feld nicht der Konkurrenz zu überlassen und vor allem den Kanal Social Media richtig einzusetzen. Dadurch lassen sich virtuelle Freunde zu echten zahlenden Kundenwandeln. Wie dies funktionieren kann, haben teilweise Branchenfremde vorgemacht.

(Christoph Sieciechowicz, Andries Nürnberger)

Social Media - Printausgabe 02/2013