Naturgefahren: Große Versicherungslücken bei kommunalen Gebäuden

06.10.2025

GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. Foto: GDV

Viele kommunale Gebäude, wie Schulen, Bürgerhäuser oder Sporthallen, sind in Deutschland nicht ausreichend gegen Naturgefahren versichert – trotz steigender Risiken durch Starkregen oder Überschwemmungen. Das zeigt eine aktuelle Studie der Universität Hohenheim im Auftrag des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). „Fallen Rathäuser, Kindergärten oder Feuerwehrhäuser aufgrund des fehlenden Versicherungsschutzes lange aus oder können nur unzureichend wiederaufgebaut werden, trifft das alle Bürgerinnen und Bürger in der Kommune“, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV.

Kommunen verlassen sich auf staatliche Unterstützung

Gemeinden in den Bundesländern Baden-Württemberg, Hessen und Thüringen wurden für die Studie befragt, ob sie ihre Gebäude gegen weitere Elementarschäden, wie Hochwasser oder Überschwemmungen durch Starkregen, versichert haben. In Baden-Württemberg gaben 70 Prozent der antwortenden Gemeinden an, für ihre Gebäude eine Elementarschadenversicherung abgeschlossen zu haben. In Thüringen lag die Quote hingegen nur bei 55 Prozent und in Hessen sogar nur bei 50 Prozent. Die vergleichsweise hohe Versicherungsdichte in Baden-Württemberg dürfte historisch durch die frühere Versicherungspflicht im Bundesland bedingt sein. Auch bei Wohngebäuden liegt die Versicherungsdichte hier mit 94 Prozent deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 57 Prozent.

Befragt wurden die Gemeinden auch, ob sie im Ernstfall auf die Hilfe von Bund und Land setzen. „In Hessen haben 31 Prozent der antwortenden Kommunen angegeben, unversicherte Schäden durch Zahlungen von Land oder Bund finanzieren zu wollen“, sagt Prof. Dr. Jörg Schiller, Professor für Versicherungswirtschaft und Sozialsysteme an der Universität Hohenheim und einer der Autoren der Studie. „In Baden-Württemberg gaben das 48 Prozent an, in Thüringen sogar 60 Prozent. Mit staatlicher Hilfe ist jedoch nur bei größeren Naturkatastrophen zu rechnen – sich darauf zu verlassen ist riskant.“ Auffällig sei zudem, dass eine schnellere Schadenabwicklung oder die Beratungsleistungen der Versicherer in vielen Gemeinden nicht dazu führen, eine Elementarschadenversicherung abzuschließen.

„Die Studie zeigt exemplarisch die Versorgungslücke, die wir in Deutschland hinsichtlich Naturgefahren haben“, sagt Jörg Asmussen. „Zu wenige Gebäude – private wie kommunale – sind gegen Elementarschäden versichert. Es fehlt an Bewusstsein, wie sehr das eigene Wohnhaus oder die örtliche Schule durch Überschwemmungen gefährdet sein könnten.“ Über die individuelle Risikosituation können sich Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Kommunen mit dem Hochwasser-Check kostenlos und adressgenau informieren.

„Gleichzeitig haben wir auch eine Vorsorgelücke, denn Versicherungsschutz allein reicht nicht aus“, betont Asmussen. „Wir brauchen in Deutschland ein umfassendes Gesamtkonzept, das den Fokus auf Prävention und Klimafolgenanpassungen legt.“ Dazu gehören klare Vorgaben für risikobewusstes Planen und Bauen, etwa Bauverbote in Überschwemmungsgebieten, ein bundesweiter Naturgefahrenausweis sowie eine Gefährdungsbeurteilung bei Baugenehmigungen. „Die besten Schäden sind die, die gar nicht erst entstehen“, so Asmussen. (mho)

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