Nutzen Sie Demografie im Verkauf?
25.05.2015

Jörg Laubrinus
inwieweit haben Sie sich schon einmal mit demografischer Lage und Entwicklung in Deutschland beschäftigt? Ich meine, ist Ihnen eigentlich bewusst, WAS sich WIE verändern wird? Nein?
Das sollte es aber! Ein kluger Verkäufer hat das Ohr am Kunden und erkennt Bedürfnisse, bevor sie entstehen. Dementsprechend hat er auch seine (neuen) Produkte auf dem Markt, bevor die Konkurrenz überhaupt aufgewacht ist. Ebenso verhält es sich mit neuen Vertriebs- und Kommunikationswegen, ausgerichtet an den Veränderungen, die der kluge Verkäufer lange schon vorab wahrgenommen hat.
Wann haben Sie zuletzt einen Blick auf Ihre bestehende Kundschaft geworfen? Wann analysiert, wie diese sich in Alter, Berufsgruppen, Nationalität oder Familienstand zusammensetzt? Und wie sieht es – in Bezug auf Neukunden - überhaupt in Ihrem Umfeld aus, welche Altersgruppen und Nationalitäten überwiegen? Wissen Sie beispielsweise schon, dass nach einer neueren Erhebung unter den türkischstämmigen Einwohnern die Mehrzahl an einer vollständigen Integration in Deutschland interessiert ist und auch im Land bleiben will (www.zfti.de, da gibt es auch interessante Infos zum Thema Finanzen und Vorsorge)?
Der Umstand, dass die Bevölkerung immer älter wird und sich in ihrer ethnischen Zusammensetzung zunehmend differenziert, hat auch für unser Gewerbe Konsequenzen. Denn wir haben potenzielle Kunden um uns, die wir eigentlich gar nicht kennen. Wir wissen nichts oder wenig von deren Bedürfnissen und Wünschen (und damit eigentlich auch nicht, WAS wir ihnen verkaufen sollen/können). Wann haben Sie sich zuletzt ausführlicher mit jemandem unterhalten, dessen Eltern nicht in Deutschland geboren worden sind? Vergessen Sie Ihren Einwand mit der Sprachbarriere, das war mal. Und vergessen Sie Ihren Einwand, ein – sagen wir – Türke/Russlanddeutscher/Vietnamese wolle vielleicht nur von einem Türken/Russlanddeutschen/Vietnamesen beraten werden. Haben Sie's schon ausprobiert?
Andersherum meine Frage an die Gruppenmitglieder mit Migrationshintergrund: Treffen Sie auf Hemmnisse, wenn Sie von der Herkunft her deutsche Kunden akquirieren wollen? Oder haben Sie Kunden, die sich lieber von Ihnen beraten lassen, weil auch Sie einen Migrationshintergrund haben? Es wäre wirklich interessant, Ihre Erfahrungen kennenzulernen.
Und da ist ja noch eine andere große Bevölkerungsgruppe im Wachstum: Die Senioren. Wann hatten Sie Ihr letztes längeres Gespräch mit einem Rentner, bei dem es NICHT um eine Pflege- oder Sterbegeldversicherung ging? Oder um die Auszahlung einer privaten Kapitallebensversicherung? Wie gut wissen Sie Bescheid, was diese Klientel wirklich umtreibt? (Wenn Sie es wissen wollen, besuchen Sie mal eine Veranstaltung in einem Seniorentreff und spielen Sie Mäuschen.) Die Jüngeren unter uns – deren Großeltern noch leben – sollten sich mal wieder Zeit für diese nehmen. Ich weiß, es ist schwierig, mit dieser Generation – die ja zum Teil noch einen Krieg erlebt hat – über eigene Bedürfnisse und Befindlichkeiten zu sprechen, Ihre Großeltern haben es in jener Zeit nicht wirklich gelernt. Doch es lohnt sich!
Wir können den Kontakt zu neuen Kunden nur herstellen, wenn wir diese Kunden kennen. Also lernen Sie dazu, tummeln Sie sich auf entsprechenden Festen, zetteln Sie ein Gespräch mit Ihrem Dönerverkäufer an oder klingeln Sie bei Ihrem neuen Nachbarn, überreichen ihm Brot und Salz und wünschen ihm Glück in seinem neuen Zuhause, wie es früher üblich war! Und falls Sie arbeitsmäßig Nachwuchs suchen, schauen Sie mal gezielt bei den Bewerbern mit Migrationshintergrund nach!
Diskutieren Sie mit sich oder mit Kollegen:
Was haben Sie als Verkäufer für Erfahrungen mit deutschen Kunden bzw. Kunden mit Migrationshintergrund? Haben Sie sich Kunden erschließen können, die selbst oder deren Eltern nicht in Deutschland geboren worden sind? Halten Sie es für wichtig, den beruflichen Nachwuchs gerade auch unter den jungen Leuten nichtdeutscher Herkunft zu suchen? Und wie steht es mit den Senioren, wie leicht sind unter Ihnen noch neue Kunden zu finden?
Mit vertriebsorientiertem Gruß
Ihr Jörg Laubrinus

Droht ein Ende des Schuldenwohlstandes









