"Wachstum wird langsamer, aber Welt wird nicht untergehen"

26.06.2019

Stefan Kreuzkamp, Chief Investment Officer der Deutschen Asset Management / Foto: © Deutsche Asset Management

Handelskonflikte dürften anhalten und den USA schaden

Keine militärische Eskalation ist zwischen den USA und Mexiko zu erwarten. Jedoch sieht Kreuzkamp die Androhung aus Washington, gegenüber dem südlichen Nachbarn Strafzölle zu verhängen, als sehr gefährlich für die Wirtschaft in den USA an. Einige US-Automobilhersteller produzieren in Mexiko. Bis zur Fertigstellung eines Fahrzeuges wechseln Teile aber mehrfach in beide Richtungen die Grenze. Strafzölle könnten dazu führen, dass Hersteller die Produktion in Mexiko einstellen und Abschreibungen auf ihre dortigen Anlagen vornehmen müssen. Dies könnte sehr negative Auswirkungen auf die US-Wirtschaft haben, bis hin zu einer Rezession“.

Etwas Hoffnung hat Stefan Kreuzkamp mit Blick auf den Handelskonflikt zwischen den USA und China. „Beim G20-Treffen in Osaka am Wochenende werden sich die Präsidenten Donald Trump und Xi Jinping begegnen. Wir gehen zwar nicht davon aus, dass die beiden den Konflikt für immer begraben werden, für eine gewisse Entspannung dürfte das Gespräch aber trotzdem sorgen.“ Dennoch sei nicht damit zu rechnen, dass sich der Konflikt schnell aus der Welt schaffen lasse, was Kreuzkamp vor allem im Rennen um die globale Technologieführerschaft begründet. „Von den 20 wichtigsten IT-Unternehmen der Welt stammen elf aus den USA und bereits neun aus China. Und diese Aufholjagd wird weitergehen.“

Aber auch in Europa gibt es erhebliche geopolitische Risiken. So könnte nach der Sommerpause das italienische Haushaltsdefizit wieder auf der Agenda stehen.

Sollten sich die Risiken nicht manifestieren, geht Kreuzkampf von einem globalen Wirtschaftswachstum von 3,4 % aus. Dank der fiskalischen und geldpolitischen Stimuli dürfte das Wirtschaftswachstum in China 6 % betragen. Für die USA prognostiziert Kreuzkamp ein BIP-Wachstum von 2,5 %, für die Eurozone von 1,2 %. Seine eher verhaltene Prognose für den Euroraum begründet der Chefanlagestratege damit, dass vor allem die Kernländer von den Handelskonflikten belastet würden.

Den DAX sieht Kreuzkamp zum Jahresende bei 12.300 Punkten  (aktuell: 12.287), der S&P 500 dürfte seiner Meinung nach zum Jahresende 3.000 Punkte (aktuell: 2.917) zählen. Für den Dollar prognostiziert er einen Wechselkurs von 1,15 zum Euro (aktuell: 1,14).

Zinssenkungen in den USA?

Kreuzkamp vermutet, dass die Fed zwei präventive Zinssenkungen vornehmen wird, die erste wahrscheinlich schon bei der kommenden Sitzung im Juli. Die Europäische Zentralbank werde nach Einführung einer Staffel für die Geschäftsbanken wohl den Einlagensatz um weitere 10 bis 20 Basispunkte senken. Mit einer Neuauflage des Kaufprogramms für Anleihen sei zwar nicht zu rechnen, Fälligkeiten würden jedoch weiter reinvestiert. Jörn Wasmund, Leiter des Anleihengeschäfts der DWS empfahl vor diesem Hintergrund höher rentierliche Schuldtitel. „Das Niedrigzinsumfeld drückt Investoren weiter in Hochzinspapiere.“ Besonders derzeit in Europa ausgestellte High-Yield-Anleihen seien attraktiv, denn deren Ausfallrate liegen mit nur 1 % deutlich unter dem historischen Durchschnitt von 4,5 %. Zugleich habe sich das Rating-Profil innerhalb des Marktes in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. So seien aktuell 70 % der Instrumente mit „BB“ bewertet, während der Anteil der mit „CCC“ bewerteten weniger als 10 % ausmache.

Wer einen höheren Ertrag anstrebe, müsse in den Dollar gehen, wo etwa Hartwährungs-Staatsanleihen aus Schwellenländern oder US-High-Yield-Papiere attraktiv seien. „Unter den Schwellenländern mögen wir derzeit vor allem die Türkei und Argentinien, wo unserer Ansicht nach das politische Risiko überschätzt wird“, so Wasmund. Darüber hinaus könnten hybride Unternehmensanleihen attraktiv sein, denn sie böten einen Renditeaufschlag gegenüber vorrangigen Schuldtiteln desselben Emittenten.

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