Wie Generationen heute ticken
16.10.2025

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Der Wertewandel zwischen den Generationen ist real, aber er führt seltener zu echten Konflikten, wie oft behauptet. Während ältere Menschen stärker auf Verlässlichkeit, Sicherheit und Pflichtbewusstsein setzen, legen Jüngere mehr Wert auf Selbstbestimmung, Chancengleichheit und individuelle Freiheit. Das zeigt die aktuelle repräsentative Generationenstudie „Konsens oder Konflikt – wie verstehen sich Generationen?“ des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA).
Laut der Studie zählen für über 60-Jährige Werte wie Ordnung, Stabilität und Verlässlichkeit zu den wichtigsten gesellschaftlichen Leitprinzipien. Unter 30-Jährige hingegen betonen Selbstbestimmung, Gerechtigkeit und Vielfalt – und wünschen sich mehr Mitgestaltung bei gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fragen. Diese Verschiebung spiegelt tiefgreifende Veränderungen in Familie, Arbeitswelt und Kommunikation wider, bedeutet aber keinen Werteverfall, sondern eine Neuordnung von Prioritäten.
„Wir reden oft nur aneinander vorbei – das sind Missverständnisse, keine echten Konflikte“, erklärt der Generationenforscher Dr. Rüdiger Maas, der die Studie mit einem Experteninterview begleitet hat. „Jede Generation interpretiert Begriffe wie Verantwortung oder Freiheit aus ihrer Lebensrealität heraus. Das führt manchmal zu Reibung, ist aber kein Zeichen von Spaltung.“
Die Studie zeigt zudem: Der Wandel der Werte wird von einem Wandel der Kommunikationsformen begleitet. Während Ältere stärker auf direkte Gespräche und persönliche Begegnungen setzen, kommunizieren Jüngere zunehmend über digitale Kanäle. Emojis, Ironie oder Kurzformate prägen ihren Ausdrucksstil – was von Älteren häufig als Distanz oder Unverbindlichkeit missverstanden wird.
„Die Digitalisierung hat die Sprache zwischen den Generationen verändert“, sagt Isabelle von Roth, Leiterin Strategische Kommunikation des DIA. „Doch wer genauer hinschaut, erkennt: Hinter unterschiedlichen Ausdrucksformen steckt oft derselbe Wunsch nach Zugehörigkeit, Respekt und Fairness.“
Dr. Maas sieht die Ursachen für viele Missverständnisse auch in der zunehmenden Orientierungslosigkeit aller Altersgruppen: „Wir googeln, vergleichen, suchen Bestätigung – und verlieren dabei das Vertrauen in unsere eigene Erfahrung. In gewisser Weise sind heute alle Generationen ein Stück weit ‚lost‘.“
Trotz unterschiedlicher Schwerpunkte eint Jung und Alt ein zentrales Motiv: der Wunsch nach gesellschaftlichem Zusammenhalt. Laut Studie betonen über 80 Prozent aller Befragten, dass gegenseitiger Respekt und das Teilen von Wissen entscheidend für eine funktionierende Gesellschaft seien.
Der vielbeschworene Wertewandel ist kein Bruch zwischen den Generationen, sondern Ausdruck einer sich wandelnden Gesellschaft. Unterschiedliche Prioritäten sind normal – entscheidend ist, dass sie als Bereicherung verstanden werden und nicht als Trennlinie.
Begleitend zur Studie hat das DIA im Podcast „Starten statt Warten“ eine Folge mit Dr. Rüdiger Maas veröffentlicht: „Rente, Reform, Realität: Was Generationengerechtigkeit wirklich braucht“. (mho)

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