Auch Führungskräfte können ausbrennen
06.11.2025

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Problem: Der Motor der Veränderung stottert in vielen Unternehmen
Auch deshalb existiert, so meine Wahrnehmung, zurzeit – entgegen allen verbalen Bekundungen – in vielen Organisationen nicht die nötige Veränderungsenergie, um die aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen erforderlichen Changevorhaben zu initiieren und die damit verbundenen Changeprozesse mit der nötigen Energie voranzutreiben.
Stattdessen dominiert nicht selten ein allgemeines Wehklagen:
- über die Mitarbeiter, die zu wenig veränderungsbereit und -fähig sind,
- über die Weltwirtschaft, deren Entwicklung nicht vorhersehbar ist,
- über die unfähige Politik, die nötige Reformen nicht anpackt und vorantreibt.
Stimmt, all dies sind Faktoren, die das Handeln im betrieblichen Kontext oft erschweren. Doch wie sieht es mit der eigenen Reformfähigkeit aus? Wo ist der firmeninterne Motor, der nötige Veränderungen vorantreibt und bereit ist, die Risiken zu tragen, die mit jedem zukunftsorientierten (unternehmerischen) Handeln verbunden sind? Das sollten sich auch die Führungskräfte in den Unternehmen zum Teil selbstkritisch fragen.
Mitarbeiter spüren es, wenn Führungskräfte keinen „Drive“ mehr haben
Denn wenn eine Organisation herausfordernde Ziele gleich welcher Art erreichen möchten, müssen zunächst einmal die Führungskräfte hinter den hierfür erforderlichen Veränderungen stehen – und zwar aus innerer Überzeugung und nicht formal, weil sie qua Funktion hierzu verpflichtet sind. Denn ist Letzteres der Fall, spüren dies automatisch auch ihre Mitarbeiter. Also stimmen auch sie verbal bzw. formal in den allgemeinen Chor „Wir müssen etwas ändern“ ein, doch faktisch ändert sich in der Organisation wenig.
Entsprechend wichtig wäre es aktuell in vielen Organisationen, sich zu überlegen: Wie sorgen wir dafür, dass unsere Führungskräfte top-down den für das Bewältigen der aktuellen Herausforderungen nötigen Esprit nicht verlieren? Denn Führungskräfte sind, man glaubt es kaum, auch nur Menschen. Auch sie können ausbrennen und die Zuversicht verlieren – zumal sie die Herkules-Aufgabe, die vor ihnen liegt, oft besser einschätzen können als ihre Mitarbeitenden.
Das „Rückgrat“ der Führungskräfte gezielt stärken
Entsprechend wichtig wäre es gerade jetzt in vielen Unternehmen, auf der Führungskräfteebene – bereichs- und hierarchieübergreifend – eine Vertrauenskultur zu fördern, die es ermöglicht, zumindest im Kollegenkreis offen auch über persönliche Zweifel, Bedenken usw. zu sprechen. Entsprechend wichtig wären Coachings, in denen die Führungskräfte ihr eigenes Befinden und ihr Führungsverhalten reflektieren können und Anregungen für das Wahrnehmen ihrer Funktion in der Organisation sowie zum Bewahren ihrer Wirksamkeit erhalten. Entsprechend wichtig wären gerade jetzt zudem Events, bei denen sich die Führungskräfte auch mal von Mensch zu Mensch begegnen (und gemeinsam ein Glas Bier oder Wein trinken), damit persönliche Bande zwischen ihnen wachsen und aus den vielen Einzelpersonen eine echte „Mannschaft“ wird.
Doch dafür fehlt im Firmenalltag heute leider meist die Zeit – weshalb sich die Führungskräfte oft einsamer oder allein auf weiter Flur stehend empfinden als ihre Mitarbeiter, denn diese haben in der Regel zumindest ihre Kollegen, mit denen sie sich austauschen können.
Das Erreichen der Ziele erfordert eine motivierte „Führungsmannschaft“
Deshalb wäre aktuell seitens der Unternehmensleitungen das Fördern von Maßnahmen wie den vorgenannten, so nötig wie noch nie, denn: Ohne eine Führungsmannschaft, die aus innerer Überzeugung hinter den beschlossenen Changemaßnahmen steht, erreichen Unternehmen ihre Veränderungsziele nie; entsprechendes gilt für Mannschaften bzw. „Führungsteams“, die in weiten Teilen bereits ausgebrannt sind und sich mental schon teilweise vom Unternehmen verabschiedet haben.
Ein Beitrag von Prof. Dr. Georg Kraus, Inhaber der Unternehmensberatung Kraus & Partner, Bruchsal

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