Ausgedient?

24.06.2021

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Die Welt erlebte 2020 eine schwere Pandemie mit langen Lockdowns und schrecklichen Bildern von Massengräbern. Innerhalb eines Monats brach der DAX um rund 5000 Punkte ein. Und am Ende des Börsenjahres? Da erreichte der wichtigste deutsche Aktien-Index trotz allem wieder einen neuen Höchststand! Wenn selbst Corona die DAX-Jahresperformance nicht aufhalten kann, brauchen wir dann überhaupt noch defensive Fondslösungen?

“Attack, attack, attack – never defend!” So lautet das Motto des US-Politikstrategen Roger Stone. Der eine oder andere Anleger erwägt bestimmt, diesen Rat auch auf die Kapitalmärkte anzuwenden. Was kann schon schiefgehen? Dank TINA scheinbar nichts! Das Akronym steht für: There Is No Alternative. Es beschreibt die aktuelle Situation, dass der anhaltende und historisch einzigartige Niedrigzins die Investoren in Anlageformen mit höherer Rendite-Aussicht treibt. Das sorgt für eine hohe Nachfrage nach Aktien, was wiederum zu steigenden Kursen führt.

Drei Jahre lang ein Blutbad

„Diese Argumentation der Alternativlosigkeit von Aktien bzw. von 'dieses Mal ist alles anders im Vergleich zur Vergangenheit' habe ich schon einmal erleben dürfen – und zwar im Jahr 2000,“ erinnert sich Dirk Fischer, Geschäftsführer der Patriarch Multimanager GmbH. „Kurz danach ist die Technologieblase geplatzt und wir erlebten drei Jahre lang ein Blutbad an den Börsen.“ Damals stürzte der DAX um rund 73 % ab und fiel auf nur ca. 2200 Punkte. Jeder Anleger mit sicherheitsorientierten Investments sei damals ein König gewesen, „da alle anderen zuvor nach und nach ihre eigentlichen Risikopräferenzen über Bord geworfen hatten und nun die volle Härte des Aktiencrashs zu spüren bekamen,“ erklärt Fischer. Gerade bei Fondspolicen findet der Patriarch-Chef ein absicherndes Element wichtig, denn für die meisten seien diese Produkte schließlich substanzielle Altersvorsorge. „Damit kann man sich ohnehin keine Experimente leisten.“

Außerdem weist er darauf hin, dass wir uns gerade auf dem höchsten Börsenstand der Geschichte befinden. Mit anderen Worten: Die Fallhöhe ist in einer Krise beträchtlich!

Flexibilisierung des Sicherheitsnetzes

Thorsten Schrieber, Mitglied des Vorstandes der DJE Kapital AG, rät ebenfalls davon ab, sich vom Bullenmarkt blenden zu lassen. Vielmehr empfiehlt er Anlegern, ihre Risikotragfähigkeit und Risikotoleranz weiterhin zu ernst zu nehmen.

Des Weiteren nennt Schrieber natürlich individuelle Ziele und die gewünschte Anlagedauer als wichtige Faktoren für die passende Fondsauswahl. „Auch in der Zukunft wird es die ein oder andere Krise geben,“ prophezeit er. „Daher werden auch Fonds, die auf unterschiedliche Assetklassen setzen, weiterhin einen hohen Stellenwert haben.“ Darüber hinaus hat Schrieber in der Fondswelt einen Trend identifiziert: „Die Wichtigkeit aktiv gemanagter Fonds hat zugenommen. Also Fonds, die durch aktive Cash-Quotensteuerung in der Lage sind Risiken der Kapitalmärkte abzufedern.“

Das heißt: Wir erleben keine radikale Verabschiedung von defensiven Fonds, sondern eine Flexibilisierung des Sicherheitsnetzes. So bekommt der Kunde einen gewissen Schutz vor Krisen, ohne den teuren Preis einer hohen Garantie zu zahlen, und nimmt in guten Zeiten die Renditen am Kapitalmarkt mit. Hier der Praxischeck: der DAX ist beim Corona-Crash im Februar/März 2020 um rund 40 % abgestürzt. In den USA sah es beim S&P 500 ähnlich aus. Der aktiv gemanagte Mischfonds DJE – Zins & Dividende (ISIN: LU0553164731) gab tatsächlich weniger nach, nämlich um knapp 30 %. Er fiel von ca. 68 % Wertzuwachs seit Fondsausgabe auf etwa 48 %. Die Rückkehr zu alter Stärke verlief ungefähr so schnell wie beim DAX, also schon im Herbst 2020. Die Wertentwicklung des DJE Fonds betrug von Mai 2019 bis Mai 2020 – also im Zeitraum der Corona-Talfahrt – immerhin noch 3,37 %, im vergangenen Jahr sogar starke 10,18 %.

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