DAK-Report: Pflegesystem steht am Kipppunkt
04.11.2025

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Die umfassende Allensbach-Studie macht deutlich, dass die Bevölkerung große Erfahrungen mit dem deutschen Pflegesystem hat. Jeder Zweite hat Angehörige, Freunde oder Nachbarn, die aktuell oder in den vergangenen zehn Jahren gepflegt wurden. Acht von zehn Befragten gehen davon aus, dass viele Menschen mit der Pflege ihrer Angehörigen überfordert sind. „Pflege ist für die Bevölkerung ein Nahthema: 16,6 Millionen Menschen in Deutschland kümmern sich als Angehörige, Nachbarn und Freunde um Pflegebedürftige“, sagt die renommierte Meinungsforscherin Prof. Dr. Renate Köcher. „Die pflegenden Angehörigen erbringen enorme Leistungen, ohne die der Staat mit der Herausforderung, Pflege zu leisten und Pflege abzusichern, havarieren würde. Umso wichtiger ist es, neben diesen privaten Strukturen intakte gesellschaftliche Strukturen zu haben und Pflegende zu unterstützen.“
Für den Studienleiter des DAK-Pflegereports, Prof. Dr. Thomas Klie (Institut AGP Sozialforschung), sind die Allensbach-Ergebnisse zur Versorgung auch ein klarer Handlungsauftrag an die Mitglieder der Bund-Länder-Kommission „Zukunftspakt Pflege“. Laut Befragung begrüßen 88 Prozent der Menschen die Entstehung von weiteren Pflegestützpunkten, in denen Beratung und fachpflegerische Begleitung angeboten werden. Klie: „Die pflegefachliche Begleitung ist ein zentraler Reformbaustein, der sowohl im Zukunftspakt Pflege als auch in der Bevölkerung favorisiert wird: Pflegefachpersonen spielen eine Schlüsselrolle in der Sicherung der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung.“
Um die Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung auf ein zukunftssicheres Fundament zu stellen, sieht die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger den Staat in der Pflicht: 56 Prozent finden, es sollten staatliche Zuschüsse oder Steuermittel eingesetzt werden, um die Absicherung von Pflegebedürftigen sicherzustellen. 47 Prozent halten eine Beitragserhöhung für vermögende oder gutverdienende Menschen für den richtigen Weg. Fast ebenso viele (46 Prozent) finden, Vermögende sollten im Pflegefall stärker an den Pflegekosten beteiligt werden. Allerdings spricht sich die Mehrheit in puncto Heimkosten klar für Vermögensschutz aus: Den Einsatz des eigenen Vermögens, um Kosten für stationäre Pflege zu decken, halten nur 27 Prozent für richtig. Fast zwei Drittel sind dagegen, dass eigene Haus im Bedarfsfall verkaufen zu müssen. Ein klares Meinungsbild gibt es auch zur Überlegung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, eine verpflichtende Pflegezusatzversicherung einzuführen: Nur eine Minderheit (21 Prozent) befürwortet dies.
DAK-Chef Storm: „Hier wird deutlich, dass die Idee, den Menschen über die Beitragszahlung für die Pflegeversicherung hinaus eine private Vorsorge verpflichtend aufzuerlegen, keine Akzeptanz findet.“ Eine stärkere Förderung für die private Vorsorge finden hingegen 41 Prozent sinnvoll.
Aus Sicht von Studienleiter Prof. Dr. Thomas Klie zeigen die Umfrageergebnisse ein Dilemma auf: „Beim Thema Finanzierung der Pflege ist die Bevölkerung ähnlich ratlos wie die Bundesregierung: am liebsten Vollversicherung, aber kosten darf es nicht mehr – auch nicht für die nachfolgenden Generationen.“
Für DAK-Vorstandschef Andreas Storm liegt der Fokus jetzt auf der Arbeit der Bund-Länder-Kommission Pflege: „Die Allensbach-Befragung macht deutlich: Die Menschen erwarten eine funktionsfähige Pflegeversicherung, die sie ausreichend, verlässlich und bezahlbar absichert. Gleichzeitig gibt es eine große Skepsis, ob der große Wurf zur Pflegereform gelingen kann. Es muss deshalb jetzt oberste Priorität der Kommission sein, Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die zumindest den Einstieg in eine nachhaltige Finanzierung und eine zukunftsfeste Pflegeinfrastruktur sicherstellen. Ein Scheitern wäre verhängnisvoll und würde zu einem großen Vertrauensverlust in die politische Handlungsfähigkeit führen.“ (mho)

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