Deutschland profitiert von EZB-Hilfe
07.02.2013
Jammern gehört zum Geschäft, sagt eine alte Weisheit der Kaufleute. In der Wirtschaft profitieren die Deutschen von Europa. Ein ständiges Wehklagen und Jammern über die Rolle als angeblicher Zahlmeister überdeckt die positiven Effekte als Meister im Export von Gütern und Dienstleistungen.
(fw/db) Auf den ersten Blick scheint klar: Deutschland mit seiner robusten Wirtschaft zahlt einen großen Teil der Zeche, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) den schwächelnden Peripheriestaaten mit Liquidität und niedrigen Zinsen unter die Arme greift.
Auf der Ebene der Finanzströme ist das auch plausibel. Banken in Spanien, Italien und anderen hochverschuldeten Euro-Staaten könnten ohne die Krisenhilfen der Notenbank kaum überleben. Deutschland trägt als größter Kapitalgeber der EZB einen großen Teil der damit verbundenen Risiken. Doch dies ist nur ein Teil der Wahrheit.
"Wenn man sich die realwirtschaftlichen Effekte anschaut, sieht die Rechnung anders aus", sagt Dr. Marco Bargel, der Chefvolkswirt der Deutschen Postbank AG. _"Dann wird klar, dass die Stützungsmaßnahmen der EZB sich für Deutschland als Wachstumstreiber ausgewirkt haben. Insgesamt dürften die Leitzinssenkungen der EZB seit 2008 zu einem Anstieg der Wirtschaftsleistung in Deutschland um drei Prozent geführt haben." _
Die schrittweise Senkung des Leitzinses auf das historische Tief von 0,75 Prozent hat den Euro billiger gemacht. Gegenüber seinem Stand Mitte 2008 hat er im Verhältnis zu den Währungen der zwanzig wichtigsten Handelspartner Deutschlands bis heute um real 17 Prozent abgewertet. Dadurch sind deutsche Produkte auf dem Weltmarkt preiswerter geworden. Das hat dem Export einen kräftigen Schub gegeben.
Zwischen 2007 und 2011 haben die deutschen Exporte in Nicht-EWU-Staaten um 22 Prozent zugelegt. Am meisten profitiert haben davon Schlüsselbranchen wie Fahrzeugbau, Maschinenbau, Elektrotechnik und Chemie. Sie haben in den Krisenjahren im globalen Vergleich Marktanteile hinzugewonnen.
In kaum einem anderen Euro-Land sind die Kreditzinsen infolge der EZB-Leitzinssenkungen so stark zurückgegangen wie in Deutschland. Auch mit Blick auf das absolute Niveau rangiert Deutschland unter den Staaten mit den niedrigsten Zinsen weit vorne. Das hat zu einem kräftigen Investitionsschub geführt. Vor allem kapitalintensive Finanzierungen wie Bauinvestitionen und Investitionen in die Infrastruktur wurden durch die niedrigen Zinsen günstiger, was sich gesamtwirtschaftlich in einem Anstieg der Investitionstätigkeit niedergeschlagen hat.
Nach Berechnungen der Postbank ist knapp ein Drittel des BIP-Zuwachses seit dem zweiten Quartal 2009 auf die zuvor erfolgten Leitzinssenkungen der EZB zurückzuführen. In anderen Ländern der Eurozone war der Wachstumseffekt deutlich geringer.

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