Erkennbarkeit der Falschberatung?

19.08.2025

Rechtsanwalt Jens Reichow. Foto: Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Das Oberlandesgericht Koblenz befasste sich in dem Beschluss vom 26.05.2025 (Az.: 10 U 187/24) mit einer Schadensersatzklage einer Versicherungsnehmerin zu befassen. Konkret ging es dabei um die Erkennbarkeit der Falschberatung und die Frage, wann ein Schadensersatzanspruch wegen Falschberatung verjährt.

Die Versicherungsnehmerin unterhielt eine Rentenversicherung mit einer zusätzlichen Berufsunfähigkeitsversicherung. Diese Versicherung wollte sie im Jahr 2014 umdecken, wozu sie von einer Versicherungsvertreterin beraten wurde. Die Versicherungsvertreterin war ihre Nachbarin und aus diesem Grund gleichzeitig eine Vertrauensperson, wie die Versicherungsnehmerin angab.

Aus den Unterlagen der bisherigen Versicherung und einem Hinweis der Versicherungsnehmerin entnahm die Versicherungsvertreterin, dass bei der Rentenversicherung bisher auch eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung enthalten war. Dass auch weiterhin eine Berufsunfähigkeitsversicherung mitinbegriffen sein soll, war unstreitig ein wesentlicher Teil der Beratung.

Die Versicherungsnehmerin kündigte ihren bisherigen Vertrag und schloss über die Versicherungsvertreterin einen neuen Versicherungsvertrag in der Annahme, dieser biete ihr den gleichen Versicherungsschutz wie der vorherige Vertrag. Den Versicherungsschein der neu abgeschlossenen Versicherung heftete die Versicherungsnehmerin ab, ohne diesen zu prüfen.

Aufgrund erheblicher gesundheitlicher Beschwerden seit März 2020 beantragte die Versicherungsnehmerin Leistungen aus der ihr ihrem Anschein nach zustehenden Berufsunfähigkeitsrente. Die Leistungen wurden jedoch von dem Rentenversicherer abgelehnt, da in der Rentenversicherung keine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung enthalten sei. Daraufhin forderte die Versicherungsnehmerin die Versicherungsvertreterin und den Versicherer auf, Schadensersatz wegen Falschberatung zu leisten.

Erkennbarkeit der Falschberatung?

Die Versicherungsnehmerin vertrat die Auffassung, die Versicherungsvertreterin habe sie falsch beraten und der Versicherer müsse sich diese Falschberatung zurechnen lassen. Sie habe der Versicherungsvertreterin unter anderem wegen der persönlichen Verbindung derart vertraut, dass sie davon ausgegangen sei, die Versicherungsvertreterin tue alles Nötige für einen korrekten und willensgemäßen Abschluss des Versicherungsvertrages. Aufgrund der Falschberatung habe sie die Umdeckung ihres Versicherungsvertrags vorgenommen (vgl. Falschberatung bei Umdeckung einer PKV (OLG Hamm)). Hätte sie gewusst, dass kein Berufsunfähigkeitsschutz enthalten ist, hätte sie die Umdeckung nicht vorgenommen und würde nun monatlich eine Berufsunfähigkeitsrente bekommen. Diesen entstandenen Schaden müsse der Versicherer nun ersetzen. Der Versicherer hingegen berief sich auf die Erkennbarkeit der Falschberatung und die infolgedessen eingetretene Verjährung.

Um ihrem Schadensersatzbegehren nachzugehen, klagte die Versicherungsnehmerin vor dem LG Trier (Az.: 6 O 458/21). Das LG Trier bejahte die Erkennbarkeit der Falschberatung und kam daher zu dem Ergebnis, dass ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Falschberatung verjährt sei. Daraufhin legte die Versicherungsnehmerin Berufung vor dem OLG Koblenz ein.

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